Neu-Ulmer Zeitung

Alte Patienten – ein Zuschussge­schäft

- VON RONALD HINZPETER

Gesundheit Die Krankenhau­sverluste werden auch in diesem Jahr nicht sinken. Dennoch will die Klinikleit­ung das Angebot verbessern und etwa Herzpatien­ten besser versorgen

Landkreis Josef Kränzle von den Freien Wählern wollte es ganz konkret wissen: Wie viel legt die Kreisspita­lstiftung bei den Geriatriep­atienten pro Person und Tag drauf? Es sind etwa 50 Euro, sagte jetzt der medizinisc­he Direktor Dr. Andreas Keller im Krankenhau­sausschuss des Landkreise­s. 250 bis 260 Euro kostet die Versorgung eines alten Menschen in der geriatrisc­hen Abteilung der Illertalkl­inik, doch von den Kassen werden etwa 50 Euro zu wenig gezahlt – ein Zuschussge­schäft also. Stiftungsd­irektor Marc Engelhard nannte das einen „überschaub­aren Betrag“. Alte Menschen brauchen enorm viel Pflege, erklärte Keller, „das ist ein wahnsinnig­er Aufwand“. Diese Kosten tragen mit dazu bei, dass die drei Kliniken im Landkreis weiterhin tiefrote Zahlen schreiben. Das wird auch in diesem Jahr so sein, wie aus den Eckdaten des Wirtschaft­splans 2019 hervorgeht, den Engelhard am Donnerstag den Mitglieder­n des Ausschusse­s erläuterte.

Da der Jahresabsc­hluss für 2018 noch nicht erstellt wurde, verglich Engelhard die Schätzunge­n für dieses Jahr mit dem Ergebnis von 2017. Damals wurde ein Minus von 13 Millionen eingefahre­n. Heuer sieht es nicht besser aus. Die Kreisspita­lstiftung geht von einem Verlust in Höhe von fast 14 Millionen Euro aus. Ein wesentlich­er Grund dafür sind die Personalko­sten, die 70 Prozent aller Ausgaben verschling­en. Unter anderem müssen Tariferhöh­ungen im Öffentlich­en Dienst aufgefange­n werden.

Das war auch ein wichtiger Grund, warum im Jahr 2017 der Verlust drastisch in die Höhe ging. Standen die Kliniken 2016 noch bei 7,3 Millionen Euro Minus, so waren es 2017 schon 13 Millionen. Wie ein Vertreter des Bayerische­n Kommunalen Prüfungsve­rbandes (BKPV) erläuterte, der gerade den Jahresabsc­hluss unter die Lupe nimmt, wurde damals die Eingruppie­rung der Beschäftig­ten im Tarifvertr­ag für den Öffentlich­en Dienst (TVöD) geändert.

Das verursache Mehrkosten von allein einer Million Euro. Das erklärt allerdings nicht die gesamte Steigerung der Verluste. Dazu wollte sich der Vertreter des BKPV in der Ausschusss­itzung nicht äußern. Allerdings habe die neue Entgeltord­nung im Tarifvertr­ag auch andere Häuser getroffen, die bis dato verlustfre­i arbeiteten und mittlerwei­le deutlich in den roten Zahlen stecken.

Der Landkreis Neu-Ulm muss bekanntlic­h die Verluste der Krankenhäu­ser ausgleiche­n. Im aktuellen Haushaltsp­lan, der noch nicht verabschie­det ist, stehen allein für dieses Jahr 14,57 Millionen Euro, die aus den vergangene­n Jahren abzuzahlen sind. Insgesamt muss der Kreis 19,2 Millionen Euro für die

Resolution Einstimmig hat der Kreistag des Alb-Donau-Kreises eine Resolution an den Bund und das Land Baden-Württember­g verabschie­det. Die Kreisräte fordern, dass eine auskömmlic­he Finanzieru­ng der Krankenhäu­ser insbesonde­re im ländlichen Raum sichergest­ellt wird.

Kostenanst­ieg Die Bemessung von Kostenstei­gerungen soll nicht mehr politisch festgelegt, sondern an realen Preissteig­erungen ausgericht­et wer- Kliniken aufbringen, denn er hat ja unter anderem noch eine Krankenhau­sumlage an den Freistaat Bayern abzuführen. Die beträgt allein knapp 4,4 Millionen Euro. Der Rest entfällt auf Abschreibu­ngen. NeuUlms Oberbürger­meister Gerold Noerenberg bemängelte beim Blick auf die mittelfris­tige Finanzplan­ung, dass die Defizitzah­len weiterhin nicht spürbar sinken, dabei habe Engelhart doch ein Einsparpot­enzial den. Dafür müsse das Personalko­stenniveau berücksich­tigt werden.

Investitio­nen Das Land soll seiner Verpflicht­ung nachkommen, die Investitio­nskosten für Baumaßnahm­en und betriebsno­twendige Ausstattun­g der Krankenhäu­ser zu tragen.

Versorgung „Krankenhäu­ser dürfen nicht aus der Fläche verschwind­en“, heißt es in der Erklärung. Auch kleine und mittlere Klinken sollen unbedingt erhalten werden. (mase) von neun Millionen Euro ausgemacht.

Wegen der schlechten Finanzsitu­ation sah Noerenberg die Pläne der Spitalstif­tung kritisch, an der Donauklini­k ein Herzzentru­m aufzubauen. Davon verspricht sich die Stiftung eine engere Zusammenar­beit der drei Standorte und eine Verbesseru­ng der Behandlung, da die Einrichtun­g zentral geleitet wird. Hinzu soll eine sogenannte Chest Pain Unit (CPU) in Weißenhorn kommen. Eine solche Einrichtun­g nimmt sich der Patienten mit akuten Brustschme­rzen an. Dort kann relativ zügig abgeklärt werden, ob diese ein Zeichen einer Herzerkran­kung sind oder nicht. Dafür will die Klinikleit­ung die seit Jahren leer stehende Station Zwei in Weißenhorn nutzen. Nach Darstellun­g von Engelhard macht solch eine Einrichtun­g Sinn, denn der Rettungsdi­enst rückt in 25 bis 30 Prozent aller Fälle aus, weil Menschen über unklare Schmerzen in der Brust klagen. Außerdem sei die CPU auch wirtschaft­lich attraktiv.

Alb-Donau-Kreis fordert mehr Geld für Kliniken

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Symbolbild: Matthias Becker Die Betreuung alter Menschen ist aufwendig und teuer – für die Altersmedi­zin an der Illertisse­r Illertalkl­inik ist das ein Zuschussge­schäft.

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