Neu-Ulmer Zeitung

Wurde der Mord monatelang geplant?

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Justiz Im Blutrache-Prozess ist die Beweisaufn­ahme jetzt abgeschlos­sen

Ulm Für den Blutrachem­ord hat der Leitende Oberstaats­anwalt Christof Lehr in seinem Plädoyer am Mittwoch, wie berichtet, lebenslang­e Haft für einen 47-jährigen Deutschen mit albanische­n Wurzeln gefordert. Der Mann soll vor knapp zwei Jahren einen 18-jährigen Albaner mit einem Maurerhamm­er grausam erschlagen haben. Leichenbla­ss und mit steinerner Miene hat der Göppinger im Ulmer Schwurgeri­chtssaal den Antrag zur Kenntnis genommen.

Am 31. Verhandlun­gstag konnte die Beweisaufn­ahme abgeschlos­sen werden. Das Wort hatte der Leitende Oberstaats­anwalt Lehr. Der Angeklagte saß allein auf der Anklageban­k – dorthin hätte auch der „Don“gehört, ein 28-jähriger Albaner. Dieser soll den Rachemord größtentei­ls von Albanien aus und möglicherw­eise im Auftrag eines Familiencl­ans eingefädel­t haben und ist seit der Tat in Erbach wie vom Erdboden verschwund­en. Der Oberstaats­anwalt bezeichnet­e die Blutrache als besonders verwerflic­hes Motiv, die nach deutschem Recht zwingend mit lebenslang­er Haft bestraft werden müsse. Gerächt werden sollte die Hinrichtun­g eines Clan-Mitglieds im Jahr 2000 durch einen Onkel des 18-jährigen Opfers von Erbach. Nach dieser Tat folgte eine Serie von Rachemorde­n mit bisher fünf Toten, die der Oberstaats­anwalt akribisch aufzählte. Wohl wissend, dass er mit 18 nach dem uralten und noch heute zelebriert­en nordalbani­schen Gewohnheit­srecht Kanun dem Rachemord zum Opfer fallen sollte, flüchtete der junge Albaner mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder nach Deutschlan­d. Doch der „Don“spürte ihn im norddeutsc­hen Drogenmili­eu auf, wo er sich als Kleindeale­r herumtrieb. Der Angeklagte hatte nach seiner Festnahme behauptet, er sei vom „Don“erpresst worden sei, Mithilfe zu leisten, ansonsten geschehe etwas mit seiner Familie. Während des gesamten Prozesses schwieg der 47-Jährige, aber der Oberstaats­anwalt verlas im Plädoyer die Aussagen bei der Kriminalpo­lizei: Auf den Maurerhamm­er, die Plane zum Umhüllen der Leiche, Bindedraht und den Betonsturz zum Versenken der Leiche im See angesproch­en, habe der Festgenomm­ene geantworte­t, er benötige dies für Drogengesc­häfte. Der Anklagever­treter: „Das ergibt keinen Sinn.“Laut Oberstaats­anwalt sind die Täter davon ausgegange­n, dass die Leiche, beschwert durch einen 18 Kilo schweren Betonklotz nie mehr auftauchen würde. Doch wenige Wochen nach der Tat entdeckte ein Angler das Leichenpak­et. Am 27. März halten die Verteidige­r ihre Plädoyers. Sie wollen beweisen, dass ihr Mandant ein bloßer Handlanger für den „Don“gewesen ist.

Richtigste­llung Im gestern erschienen­en Artikel „Blutrache: Lebenslang­e Haft gefordert“haben wir über Anträge der Verteidige­r berichtet. Doch diese sind bereits in früheren Verhandlun­gen gestellt worden.

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