Neu-Ulmer Zeitung

Ein Ort zum Singen und Backen

- VON CAROLIN LINDNER

Soziales Der Caritasver­ein Illertisse­n hat in Senden eine Tagespfleg­e eröffnet. So läuft das Programm dort ab

Senden Reiner Hander greift zur Gitarre und stimmt ein Volkslied an, schon nach wenigen Takten singt die Gruppe um ihn herum kräftig mit. Sie alle sitzen auf Sofas und Sesseln in einem hellen Raum, der an ein Wohnzimmer erinnert. Doch es ist nicht das eigene, sondern Teil der Tagespfleg­e in Senden, die Anfang März eröffnet hat. Der Caritasver­ein, bekannt unter dem Namen Illersenio, hat damit sein Angebot erweitert, Senden ist nun mit Tagespfleg­e und Sozialdien­st der nördlichst­e Standort.

Die Räume der Tagespfleg­e sind gemietet und wurden behinderte­ngerecht umgebaut und gemütlich eingericht­et, wie Leiterin Franziska Valenta erzählt. Es sieht aus wie in einer Wohnung mit Küche, Essbereich und Wohnzimmer. Nur erheblich größer, denn in den Räumen können pro Tag 20 Personen betreut werden. Valenta nennt die älteren und pflegebedü­rftigen Menschen, die nach Senden kommen, Gäste. Denn das Wort „Tagespfleg­e“sei eigentlich unpassend gewählt, sagt die Leiterin. „Viele denken dabei an ein Heim und das schreckt sie ab.“Dabei sei der Tag in der Einrichtun­g vielmehr ein „nettes Beisammens­ein mit Betreuung“. Die Gäste können selbst entscheide­n, was sie tun möchten, sagt Valenta. Es gebe verschiede­ne Angebote wie Gymnastik oder Gedächtnis­trainings, wer möchte, könne aber auch in der offenen Küche beim Kuchenback­en helfen. Oder sich zwischendu­rch auf einen der Ruhesessel zurückzieh­en. Das Wohnzimmer soll den Betreuten ein heimeliges Gefühl schaffen. Auch sonst versuche man, die Bereiche gemütlich und modern einzuricht­en – „es gefällt allen“, sagt Valenta.

Betreuer Reiner Hander singt mit den sechs älteren und pflegebedü­rftigen Menschen an diesem Tag nicht nur Lieder. Morgens starten alle mit einem gemeinsame­n Frühstück. „Dafür nehmen wir uns Zeit und es ist gerade für die älteren Leute schön, in Gesellscha­ft zu essen“, sagt die Leiterin. Danach gebe es verschiede­ne Angebote wie Gedächtnis­training oder das gemeinsame Zeitungsle­sen. In die Tagespfleg­e kommen immer mehr demenzkran­ke Menschen, erzählt Valenta. Das Augenmerk liege deswegen darauf, das Gedächtnis zu fordern. In persönlich­en Gesprächen arbeiten Betreuer zudem mit den älteren Gästen auf, was diese bewegt. Vor allem die Kriegsgene­ration habe viel Gesprächsb­edarf. Nach einem Mittagesse­n, einer Ruhephase und Kaffee und Kuchen werde gesungen, gebetet oder gespielt. „Wir fragen die Leute immer, worauf sie Lust haben“, sagt Valenta. Verschiede­ne Angebote sollen den Alltag der Senioren bereichern und die Betreuung während des Tages ermögliche pflegenden Angehörige­n, weiterhin berufstäti­g zu sein.

Der Caritasver­ein baut seine Präsenz in der Region verstärkt aus und hat sich in den vergangene­n 50 Jahren zu einem Komplett-Dienstleis­ter für Senioren entwickelt. Unter dem Namen Illersenio bietet die gemeinnütz­ige Gesellscha­ft mit Sitz in Vöhringen betreutes Wohnen, Tagespfleg­e und einen ambulanten Sozialdien­st, der nach Hause kommt, an. Neben zwei Pflegeheim­en und zwei Sozialstat­ionen in Illertisse­n und Vöhringen, zwei Tagespfleg­en in Bellenberg und der kürzlichen Neueröffnu­ng in Senden, plant das Unternehme­n weitere Standorte in Buch und Illertisse­n. Dorthin kommen Tagespfleg­e-Einrichtun­gen und barrierefr­eie Wohnungen für Senioren, die bei Bedarf Unterstütz­ung dazu buchen können. In Weißenhorn hat der Caritasver­ein kürzlich die dortige Sozialstat­ion übernommen, zudem gibt es konkrete Pläne, ein ambulantes Zentrum mit Tagespfleg­e und betreutem Wohnen im Zentrum zu bauen. Doch das Vorhaben stockt – Stadtrat und Illersenio waren sich, wie berichtet, wegen des Standorts nicht einig.

Dabei sei der Bedarf an Tagespfleg­e enorm gestiegen, sagt Franziska Valenta. Die Gäste in Senden können aus einem Umkreis von bis zu 15 Kilometern abgeholt werden – und das werde auch angenommen, etwa von Bürgern aus Pfuhl. Mit den neuen Standorten mache die Caritas den anderen Anbietern deswegen auch keine Konkurrenz – im Gegenteil. Die meisten Sozialdien­ste seien am Rande ihrer Kapazität. Zudem sei es bekanntlic­h schwer, Personal zu finden. Dabei bietet das Modell Tagespfleg­e Valenta zufolge auch für die Mitarbeite­r Vorteile. Denn dort sind die Arbeitszei­ten gut geregelt, in Senden derzeit noch von Montag bis Freitag. Wenn der Bedarf weiter steigt, wird auch der Samstag angeboten.

Einblick Die Sendener Einrichtun­g mit Tagespfleg­e und Sozialstat­ion in der Germanenst­raße 14, kann bei einem Tag der offenen Tür am Samstag, 30. März, von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden.

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Fotos: Alexander Kaya Die sechs älteren und pflegebedü­rftigen Menschen singen mit Betreuer Reiner Hander mehrere Lieder. In der neuen Tagespfleg­e sollen sie sich ein Stück weit wie zu Hause fühlen.
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Franziska Valenta

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