Neu-Ulmer Zeitung

Miteinande­r statt übereinand­er reden

- VON DOMINIK STENZEL

Veranstalt­ung Bauern wurden zuletzt für viele Probleme verantwort­lich gemacht – auch bei den Landfrauen hat das Spuren hinterlass­en. Was Entwicklun­gsminister Gerd Müller dazu sagt

Au Ein wenig frustriert wirkte Schwabens Bezirksbäu­erin Christiane Ade schon, als sie den Landfrauen­tag in der Josef-Weikmann-Halle in Au eröffnete. Verwunderl­ich ist das nicht, denn die Landwirtsc­haft hat ein bewegtes Jahr hinter sich. Sei es das Insektenst­erben, die Feinstaubb­elastung oder andere Umweltthem­en – für zu viele Probleme würden die Bauern vorschnell und als Einzige verantwort­lich gemacht, beklagte Ade, die auch Kreisbäuer­in ist.

Das Positive rücke daher komplett in den Hintergrun­d: „Unsere Lebensmitt­el sind beispielsw­eise so sicher wie nie zuvor“, sagte die Bezirksbäu­erin. „Es wäre schön, wenn Verbrauche­r zu schätzen wüssten, was hinter der Produktion steckt.“

Um dies zu ändern, wolle man – getreu dem Motto des Tages „Im Dialog bleiben“– das Gespräch suchen, und zwar mit allen Gesellscha­ftsschicht­en: „Künftig wollen wir wieder miteinande­r reden und nicht übereinand­er.“Zuletzt habe das leider nicht funktionie­rt.

Als Hauptredne­r beim Landfrauen­tag des Landkreise­s Neu-Ulm trat der Bundesmini­ster für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g, Gerd Müller, auf. „Wir freuen uns sehr, heute einen Bundesmini­ster bei uns begrüßen zu dürfen. Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt schon einmal der Fall war“, sagte Ade, als sie den gebürtigen Krumbacher ankündigte.

Für die Bauern im Landkreis Neu-Ulm hatte Müller schon zu Beginn seiner Rede lobende Worte übrig. Die Region stehe für umweltgere­chte Landwirtsc­haft und das sei in der heutigen Zeit enorm wichtig. Generell sei das Verhältnis zwischen Bauern und Verbrauche­rn jedoch ausbaufähi­g: „Die Landwirtsc­haft ist die Basis unserer Gesellscha­ft und braucht mehr Anerkennun­g“, sagte Müller.

Um dies zu erreichen, sollte man am besten schon in den Schulen aktiv werden: „Ich würde Ernährungs­kunde als eigenes Fach einführen“, schlug der Politiker vor: „Denn unsere Kinder sollten von klein auf lernen, unsere Lebensmitt­el wertzuschä­tzen.“

Auch die Preise der landwirtsc­haftlichen Produkte müssten dringend angepasst werden. „Ich bin für einen Stopp der Kampagne Geiz ist geil. Fair ist die Zukunft“, sagte Müller und erntete dafür eine Menge Applaus. Nur so könne man den Irrsinn stoppen, dass Produkte in großen Mengen auf riesigen Flächen produziert werden und dann billig in den Verkauf gehen. Der Umgang der Gesellscha­ft mit Lebensmitt­eln ist laut Müller auch deshalb derzeit so maßlos. Sich selbst und seine Kollegen nahm Müller ebenfalls in die Pflicht – denn das Augenmerk der Politik liege zu sehr auf den Ballungsrä­umen. Obwohl 50 Prozent der Bevölkerun­g auf dem Land leben, würden dörfliche Strukturen oft vernachläs­sigt. Das solle sich künftig ändern: „Wir stehen zu Ihnen und wir lassen Sie nicht allein“, sagte Müller.

Des Weiteren sprach Müller ausführlic­h über seine Arbeit als Bundesentw­icklungsmi­nister. Der stetige Anstieg der Weltbevölk­erung stelle die Menschheit vor eine „große Herausford­erung. „Alleine die Bevölkerun­g Afrikas wird sich bis 2050 verdoppeln“, prognostiz­ierte Müller. „Ich glaube dennoch, dass eine Welt ohne Hunger möglich ist. Aber dafür müssen Wissen, Ausbildung und Erfahrunge­n untereinan­der ausgetausc­ht werden.“Die deutsche Wirtschaft habe genug Potenzial, um Entwicklun­gsländer zu unterstütz­en.

Ein großes Lob richtete er deshalb an Christiane Ade. Die Bezirksbäu­erin reiste im vergangene­n Jahr zusammen mit ihrer Stellvertr­eterin Marianne Stelzle und anderen bayerische­n Vertreteri­nnen nach Kenia. Unter dem Motto „Gleicher Beruf – zwei Welten“tauschten sie sich dort mit den einheimisc­hen Bäuerinnen aus und bestärkten sie bei der Durchsetzu­ng ihrer Interessen. Mit einer Diashow brachten Ade und Stelzle am Nachmittag ihre Arbeit in Kenia den Besuchern in der Josef-WeikmannHa­lle näher.

Ein ebenso wichtiger Teil der Arbeit der Landfrauen sei allerdings die Unterstütz­ung gemeinnütz­iger Einrichtun­gen und Organisati­onen in der Heimat, wie Bezirksbäu­erin Christiane Ade betont. Auch dieses Jahr wurden auf dem Landfrauen­tag wieder Spenden gesammelt – der Erlös ging an die Lebenshilf­e Donau-Iller, die mit einem eigenen Stand vor Ort war.

„Im Dialog bleiben“war das Motto des Landfrauen­tages Unterstütz­ung für Bäuerinnen in Kenia

 ?? Fotos: Dominik Stenzel ?? Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller und die Bezirksbäu­erin Christiane Ade sprachen beim Landfrauen­tag in Au zum Thema „Im Dialog bleiben“.
Fotos: Dominik Stenzel Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller und die Bezirksbäu­erin Christiane Ade sprachen beim Landfrauen­tag in Au zum Thema „Im Dialog bleiben“.
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Besucher konnten sich den Jahresrück­blick des Bayerische­n Bauernverb­andes ansehen.

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