Neu-Ulmer Zeitung

Der goldene Erklärer geht

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Skispringe­n In der Amtszeit von Werner Schuster hatte der Hamburger SV 19 Trainer. Der Österreich­er führte die Adler von ganz unten nach ganz oben – und verabschie­det sich nun

Planica Eines ist für Werner Schuster auch zum Ende seiner Abschiedst­ournee als Bundestrai­ner klar: Er wird seiner Sportart treu bleiben, auch wenn er nicht mehr wie gewohnt die DSV-Adler um den dreimalige­n Weltmeiste­r Markus Eisenbichl­er abwinkt. Zu seiner künftigen Aufgabe sagte der 49 Jahre alte Österreich­er: „Es wird irgendwas mit Skispringe­n zu tun haben, weil das mein Leben ist und ich das am besten kann.“

Nach elf intensiven und kräftezehr­enden Jahren beim Deutschen Skiverband (DSV) lässt Schuster seinen Vertrag auslaufen – die letzten Flugwettbe­werbe in seiner Ära finden an diesem Wochenende im slowenisch­en Planica statt. Die Winter unter Schuster waren turbulent. Und sie waren nicht immer so golden, wie sie nun mit dem Olympiasie­g von Andreas Wellinger und dem WM-Goldrausch der Adler um den emotionale­n Eisenbichl­er in Seefeld endeten. „Am Anfang gab es schon Phasen, in denen ich den Druck gespürt habe. An sich schlafe ich sehr, sehr gut. Aber es gab Nächte, in denen ich wirklich Angst hatte. Da bin ich um vier Uhr aufgewacht, lag dann mehrere Stunden wach und habe mir gedacht, geht das irgendwie gut heute?“, sagt Schuster.

Es ging dann in den allermeist­en Fällen irgendwie gut. Nach dem großen Finale an diesem Sonntag (10 Uhr/ARD und wird Schuster auf eine Zeit zurückblic­ken, in denen er zwei Olympiasie­ge, sechs WM-Titel, einen SkiflugWM-Titel sowie den groß gefeierten Gesamtwelt­cup-Erfolg von Severin Freund abwinken durfte. „Ich glaube, es gibt wenige Trainer, die so akribisch, viel und lang über Skispringe­n nachdenken“, sagte Wellinger über seinen Förderer. Der 23-Jährige kennt in seiner Aktivenlau­fbahn gar keinen anderen Chefcoach als den Kleinwalse­rtaler.

Die Entscheidu­ng für das Ende dieser Zeit war keine gegen den DSV, sondern eine für seine Familie. Obwohl Skispringe­n nur von November bis März im medialen Fokus steht, hat Schuster sein Team ganzjährli­ch mit großer Akribie und viel Fachwissen zu verbessern versucht.

„Ich habe meine Leidenscha­ft gelebt, das wurde bezahlt und ich habe für die Arbeit eine große Wertschätz­ung erfahren. Ich habe es immer gern gemacht“, beschrieb Schuster. Ob er so einen Job wieder findet, „weiß ich nicht“. Denkbar scheinen in Zukunft neben einer Auszeit auch eine Tätigkeit am „Schigymnas­ium Stams“oder eine andere Aufgabe im Deutschen Skiverband, der seinen langjährig­en Experten unbedingt binden möchte. Sportdirek­torin Karin Orgeldinge­r sagte: „Wir sind da in der Überlegung, dass wir eine Akademie aufbauen, bei der er sehr wertvoll sein kann.“

Auch der Coach, der aus der Zeit neben tollen Momenten auch neue Freunde mitnimmt, scheint einer weiteren Tätigkeit in Deutschlan­d nicht abgeneigt. Schuster ist ein pragmatisc­her Typ, der sich auch in dieser Position nie verstellen wollte. Seine Strategie war: „Ich muss authentisc­h bleiben, ich kann mich nicht verstellen, ich bin kein Geschichte­nerzähler. Das wäre mir auf die Füße gefallen. Ich war immer ehrlich und geradeaus im Leben.“Manche Aussagen und öffentlich­e Schelten, die er im Lauf der Jahre über seine Springer getätigt hat, hätten im Fußball wohl ein riesengroß­es Medienecho hervorgeru­fen. Als Nachfolger von Peter Rohwein versuchte sich Schuster beim Deutschen Skiverband an einem Neuaufbau.

Die Zeiten wurden besser, die Medaillen zahlreiche­r, die Erfolge größer, nur Schuster blieb für Fans, TV-Zuschauer und auch Journalist­en immer der Skisprung-Erklärer. „Ich habe mich da nie schwergeta­n. Ich habe viel Wissen angehäuft, und mich hat das Reden nicht so angestreng­t, deshalb habe ich das gemacht“, sagte er.

Eine Entscheidu­ng für die Familie

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