EU bremst Augsburger Busse aus
Hintergrund Die Verkehrsbetriebe der Stadt gelten bundesweit als Vorbild für eine klimafreundliche Fahrzeugflotte. Doch neue EU-Umweltvorschriften bedrohen die modernen Biogas–Busse
Brüssel An der Rückseite vieler Augsburger Stadtbusse prangen witzige Slogans wie „Emission Impossible“, „Unterwegs im Auftrag der Umwelt“oder „Bitte fahren Sie weiter, hier gibt es nichts zu riechen“. Die Augsburger Stadtwerke rühmten sich lange für „Deutschlands umweltfreundlichste Busflotte“. Denn sämtliche rund 90 Omnibusse fahren mit Gas – nicht aus russischen Pipelines, sondern aus hundert Prozent Biogas. Sie erzeugen damit rein rechnerisch kein Kohlendioxid-Treibhausgas. Ebenso pusten sie keinen Feinstaub und 90 Prozent weniger Stickoxide aus dem Auspuff als Dieselbusse. Bislang galt Augsburg damit bundesweit als Vorbild; doch ausgerechnet eine jetzt beschlossene Klimaschutz-Offensive der EU könnte mittelfristig das Aus der Biogas-Flotte bedeuten.
Gegen den Widerstand Deutschlands, dessen Vertreter im Ministerrat den Vorschlag abgelehnt hat, billigt das EU-Parlament neue Vorgaben für Busse und leichte Nutzfahrzeuge sowie schwere Lkw. Dabei gibt es konkrete Quoten für die Beschaffung klimafreundlicher Fahrzeuge in öffentlicher Hand. Betroffen sind Busse, öffentliche Post- und Paketzustelldienste sowie die Müllabfuhr, soweit sie noch nicht privatisiert wurde. Die nationalen Ziele für umweltfreundliche Busse variieren je nach Mitgliedstaat im Jahr 2025 zwischen 24 und 45 Prozent, 2030 sollen es schon zwischen 32,5 65 Prozent sein. Die Hälfte dieser Fahrzeuge soll gemäß dem Beschluss des EU-Parlamentes komplett emissionsfrei sein.
Deutschland muss dabei besonders hohe Hürden schaffen: Schon 2025 sollen 38,5 Prozent aller öffentlich neu gekauften leichten Nutzfahrzeuge deutlich sauberer werden: Sie dürfen maximal 50 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen. Bei den Bussen fallen die Vorgaben besonders drastisch aus: Bis 2030 müssen 65 Prozent der neu gekauften oder geleasten Gefährte saubere Antriebe haben, mindestens ein Drittel soll sogar emissionsfrei unterwegs sein, also mit Elektro- oder Wasserstoffmotor fahren.
„Verbindliche Quoten ohne Realitätsbezug richten mehr Schaden an, als sie Gutes bewirken“, kritisierte der CSU-Europapolitiker Markus Ferber. Denn die EUZwangsvorgaben treffen einige Kommunen besonders. So zum Beispiel Augsburg, das seine Bus-Flotte vor einigen Jahren auf klimaneutraund les Biogas umgestellt hat. Denn Methan wird durch die Vergärung von Stroh und anderen landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt. Doch diese Busse fallen nicht mehr unter die Definition „emissionsfrei“der EURichtlinie. Verkehrsbetriebe, die auf diese Technik gesetzt haben, stehen somit vor großen Aufwendungen, da sie zusätzlich zu ihren Gas-Bussen nunmehr neue Fahrzeuge anschaffen müssen, weil sich der parallele Betrieb von zwei Motor-Varianten im Personenverkehr auf Dauer nicht rechnet und bezahlbar ist, wie die Augsburger Stadtwerke betonen.
„Wir schaffen nur dann pragmatische, machbare Lösungen, wenn wir das Know-how unserer Techniker und die Kreativität unserer Unternehmer fördern und unterstützen“, kritisiert der CSU-EuropaAbgeordnete Ferber.
Die Nahverkehrsunternehmen sowie die Städte und Gemeinden stehen nunmehr vor einem Rätsel: Zum einen sind die benötigten Fahrzeuge derzeit nicht in ausreichendem Maß vorhanden. Zum anderen liegen die Preise deutlich höher, was sie zu Fahrpreisanhebungen zwingen würde, obwohl von vielen Seiten aus Klimaschutzgründen niedrigere Ticketkosten gefordert werden, damit die Bürger ihre Autos stehenlassen.
Die Mitgliedstaaten haben zwar noch zwei Jahre für die Umsetzung der Richtlinie Zeit, allerdings fallen alle Fahrzeuge, die ab Mitte 2021 beschafft werden, bereits unter die neue Quote.
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