Schneller live auf Sendung
Nach Notre-Dame: Debatte über Nachrichten-Kanal
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in der Forderung nach einem öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal einen sinnvollen Beitrag zur Weiterentwicklung des Rundfunksystems. „Ich schließe mich hier keiner Kollegenschelte an“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall am Mittwoch, „fordere aber, aus der Senderstruktur konstruktive Konsequenzen zu ziehen.“Ausgelöst wurde die Debatte durch die Kritik früherer Top-Journalisten der an der aus ihrer Sicht unzureichenden Berichterstattung über den Brand der Pariser Kathedrale Notre-Dame. Schnelle Informationen und Interviews mit sachkundigen Gesprächspartnern seien nur von internationalen Sendern wie geboten worden, nicht jedoch von der so Überall. Wie schnell und in welchem Umfang über zeitgeschichtliche Ereignisse berichtet werde, dürfe nicht davon abhängen, ob und wie schnell Intendanten und Chefredakteure der Konsens erzielten. „Mit solchen Strukturen lässt sich Erzählfernsehen betreiben, aber nicht ein interessantes und aktuelles Nachrichtenangebot liefern.“Für einen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal seien der Wille der Intendanten und eine hinreichende Finanz- und Personalausstattung erforderlich.
Sowohl der Gemeinschaftssender von ARD und ZDF, phoenix, als auch der ARD-Ableger tagesschau24 können eine umfassende (Live-)Berichterstattung bislang nicht leisten. Dazu müssten sie ausgebaut werden – vor allem aber müsste die Politik darüber entscheiden, ob aus einem der Sender überhaupt ein Nachrichtenkanal werden darf. Bereits vor knapp drei Jahren wurde bundesweit darüber diskutiert, nachdem es Kritik an der Berichterstattung von
und über den Putschversuch in der Türkei gegeben hatte. Sie sei zu langsam und habe zu wenige Live-Elemente gehabt, hieß es. In einem Interview mit unserer Redaktion erklärte
Thomas Hinrichs: „Nach derzeitiger Rechtslage dürfen und ihre bestehenden Infosender nicht einfach zu Rund-um-dieUhr-Nachrichtenkanälen umfunktionieren. Doch selbst wenn wir einen solchen linearen Nachrichtensender hätten, würde das allein auch nicht helfen. Wir müssen vielmehr eine Live-Berichterstattung im Netz aufbauen, die auch mobil zur Verfügung steht.“(mit kna)