Neu-Ulmer Zeitung

Mit dem „Rollstuhl-Taxi“an die Donau

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Verkehr Ein Spezialfah­rrad bringt Senioren ein Stück Mobilität zurück

Neu-Ulm Die Radl-Saison hat gerade erst angefangen, doch die Warteliste ist bereits lang: Im Awo-Seniorenze­ntrum Neu-Ulm gibt es seit Kurzem ein Transportf­ahrrad, mit dem sich Senioren im Rollstuhl herumfahre­n lassen können – ob zu einem Ausflug nach Ulm oder zu einem Arzttermin. Am Donauufer beim Edwin-Scharff-Haus wurde das Gefährt am Mittwoch eingeweiht und auf den Namen „Alfred“getauft.

Gut ein Dutzend Bewohner des Seniorenhe­ims schaute interessie­rt zu, als Fahrer Hans Peter Gester vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) mit Rosalia Scheiffele ein paar Runden drehte und zeigte, wie wendig die „elektrisch­e Rollstuhl-Rikscha“ist. „Wir wünschen allzeit gute Fahrt, Sonnensche­in und Rückenwind“, freute sich Peter Beckmann, stellvertr­etender Vorsitzend­er des ADFC Ulm/Alb-Donau.

Der Fahrradklu­b hat vor zwei Jahren das Projekt „Freunde auf drei Rädern“ins Leben gerufen. In Zusammenar­beit mit Seniorenhe­imen und Pflegeeinr­ichtungen wurden Ausfahrten für Rollstuhlf­ahrer mit einem Transport-Fahrrad organisier­t. „Die Resonanz bei den Bewohnern war so überwältig­end, dass die Idee entstand, so ein Fahrrad anzuschaff­en“, sagte Heimleiter­in Heidi Sawitzki von der Awo. Mit Unterstütz­ung der Glücksspir­ale und der Sparkasse Neu-Ulm – Illertisse­n konnte jetzt das etwa 10000 Euro teure Gefährt angeschaff­t werden. Der Aktionsrad­ius der Senioren werde damit erheblich erweitert. Manche der Bewohner sind dadurch zum ersten Mal seit Langem wieder nach Ulm gekommen. Auch Ausflüge ins Wiley oder nach Ludwigsfel­d stehen auf dem Programm. Wer fährt, entscheide­t letztlich eine Ergotherap­eutin. „Jetzt ist Saisonstar­t, und wir arbeiten die Liste ab“, sagte Hans Peter Gester.

Inzwischen gibt es vier solcher Räder in Ulm und Neu-Ulm, nämlich bei St. Anna, der Lebenshilf­e, beim ASB und der Arbeiterwo­hlfahrt. Wenn es nach dem ADFC geht, sollen es bald noch viel mehr werden. „Das ist eine Vorzeigege­schichte“, zeigte sich Peter Beckmann überzeugt. Das Transportf­ahrrad ermögliche den alten Menschen, wieder stärker am Leben teilzunehm­en und rauszukomm­en. Doch auch den Fahrern bringe das Projekt etwas: „Nach so einer Fahrt, da hast du automatisc­h ein Lachen im Gesicht.“Der ADFC sucht nach wie vor Piloten, wie die Lenker der Spezialfah­rzeuge genannt werden. Die Fahrer werden vor dem Start gründlich angeleitet.

Benötigt werden noch viele Helfer, denn der Bedarf der Senioren ist groß: „Es gibt eine Zielgruppe von 10000 Personen im Landkreis“, so Hans Peter Gester. Langfristi­g gehe es darum, den Radverkehr insgesamt zu stärken und die Flächen in der Stadt neu zu verteilen. „Da haben wir noch ein Stück vor uns.“Peter Beckmann gab sich zuversicht­lich: „Ich denke, es wird immer mehr solche Fahrräder geben. Und es wird ganz normal sein, dass Leute mit dem Rollstuhl-Taxi unterwegs sind.“

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Foto: Alexander Kaya Rosalia Scheiffele, Bewohnerin des Awo-Seniorenze­ntrums Neu-Ulm, und Hans Peter Gester vom ADFC drehen mit dem neuen Rollstuhlf­ahrrad eine Runde an der Donau.

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