Kolumbianische Festspiele
Radsport Buchmann bestätigt bei Tour de France seine blendende Form, Sieger auf dem Col du Galibier ist aber Quintana. Nun folgen die entscheidenden Etappen – ohne Tony Martin
Valloire Zwischen den Bergriesen zogen die dunklen Wolken bedrohlich auf, doch Emanuel Buchmann war nach einer weiteren mit Bravour bestandenen Tour-de-FranceReifeprüfung bester Laune. „Es lief wieder ganz gut. Ich war wieder bei den Besten dabei“, sagte Buchmann, der bei den kolumbianischen Festspielen am Col du Galibier souverän mit der Favoritengruppe um Vorjahressieger Geraint Thomas und Gelb-Träger Julian Alaphilippe ins Ziel kam. Einzig Egan Bernal konnte mit einer Attacke 32 Sekunden rausfahren und trug damit maßgeblich zu einem kolumbianischen Feiertag bei, den Sieger Nairo Quintana mit einer furiosen Solofahrt veredelte.
Aus deutscher Sicht machte die Berg- und Talfahrt durch die Alpen Lust auf die Zukunft, schließlich überzeugte neben dem Gesamtsechsten Buchmann auch Talent Lennard Kämna als Etappenvierter. „Ich bin superhappy damit. Der Galibier war der Hammer. Das ist das, worauf ich immer gehofft habe“, sagte der 22-Jährige, der aus einer Ausreißergruppe heraus furios fuhr und sich nur Quintana, Romain Bardet und Alexej Luzenko auf der 18. Etappe am Donnerstag nach Valloire geschlagen geben musste.
Im ersten und schwersten Teil der Alpen-Trilogie trat zunächst Bernal und später Vorjahreschampion Geraint Thomas an. Der Waliser wurde von den Verfolgern um Buchmann aber vor dem GalibierGipfel gestellt. Auch in der dritten Woche scheint der 26 Jahre alte Ravensburger weiter über eine beeindruckende Stabilität und Konstanz zu verfügen. Im Gelben Trikot bleibt Alaphilippe, in der Gesamtwertung fehlen Buchmann weiter 2:14 Minuten auf den 27 Jahre alten Franzosen. Bernal ist neuer Zweiter, Thomas belegt nun den dritten Rang. Optimistisch sagte Buchmann: „Es gibt keinen Grund, dass es die nächsten Tage schlechter laufen sollte.“Der hochgehandelte Thibaut Pinot klang nicht so positiv wie Buchmann. „Das war kein so großer Tag für mich.“
Mit der Königsetappe ist aber erst ein Drittel der Alpen-Kletterei geschafft. Am Freitag und Samstag stehen zwar zwei kürzere Teilstücke auf dem Programm, diese haben es trotzdem in sich. „Man muss jetzt dreimal Vollgas fahren. Das sind die entscheidenden Etappen“, hatte Buchmann angekündigt. Sein wichtigster Helfer Gregor Mühlberger sagte: „Emanuel präsentiert sich unvorstellbar stark. Es ist sehr viel drin.“
Auf dem Weg nach Tignes und vor allem nach Val Thorens wird jede Taktiererei vorbei sein, da gleich mehrere Anwärter mit einer einzigen Attacke den Triumph beim wichtigsten Radrennen der Welt davontragen können. „Ich denke, Samstag ist der Showdown“, sagte Buchmann. Auf der Schlussetappe nach Paris am Sonntag wird dann traditionell nicht mehr angegriffen.
Das Alpen-Finale nicht mehr als Fahrer miterleben darf Tony Martin. Der viermalige Zeitfahr-Weltmeister vom Team Jumbo-Visma wurde nach einer Rangelei mit Luke Rowe von der Tour ausgeschlossen und steuerte am Donnerstag statt dem Galibier seine Schweizer Heimat an. „Das große Ziel Paris war nah. Das ist nicht schön“, erklärte Martin. Auch Ineos-Helfer Rowe wurde disqualifiziert.