Vorsicht, toter Winkel!
Verkehr Vor allem beim Rechtsabbiegen kommt es zu Unfällen, wenn Lastwagenfahrer Radler übersehen. Eine Aktion soll in Ulm vor dem Risiko warnen und die Schwächeren schützen
Ulm Zwei Mal, sagt der Ulmer Müllmann, habe er gerade noch rechtzeitig bremsen können. Zwei Mal an einem Tag, dabei ist es gerade einmal kurz nach 13 Uhr. Der sogenannte tote Winkel ist gefährlich für Fahrradfahrer. Auto- und Lastwagenfahrer haben auf diesen Bereich nur einen eingeschränkten Einblick. Insbesondere beim Rechtsabbiegen kommt es vor, dass sie Radler übersehen. Immer wieder kommt es zu schweren oder sogar tödlichen Verletzungen. Genaue Unfallzahlen dazu gibt es dem ADAC zufolge nicht. Die Bundesanstalt für Straßenwesen, ein Forschungsinstitut des Bundesverkehrsministeriums, geht nach einer Hochrechnung davon aus, dass im Jahr 2012 23 Menschen durch solche Unfälle ums Leben kamen und 118 schwer verletzt wurden – die Zahlen beziehen sich allein auf Lastwagen. Unfälle mit Bussen oder Pkw sind nicht eingerechnet.
Seitdem ist der Anteil von Fahrradfahrern im Verkehr immer weiter gestiegen. „Das Fahrrad geht voran und das ist auch gut so. Jeder, der Fahrrad fährt, fährt vielleicht nicht mit dem Auto“, sagt Ulms Baubürgermeister Tim von Winning, der in der Stadt selbst fast immer auf zwei Rädern unterwegs ist. Es gehe um die Luftbelastung, aber auch um überfüllte Straßen, fährt er fort. Doch mit dem steigenden Anteil wächst auch das Unfallrisiko für Radfahrer. An manchen Zusammenstößen seien die Radler schuld, an anderen nicht. Oft aber seien sie die Schwächeren.
Eine Aktion soll nun helfen, dieses Risiko zu senken. Die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg und die Landesverkehrswacht haben Warn-Aufkleber entwickelt, die an Bussen, Lastwagen und Kleintransportern angebracht werden sollen. Die Sticker sollen die Radfahrer auf das Risiko des toten Winkel aufmerksam machen – zum Beispiel beim Warten an einer roten Ampel. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg fördert die Maßnahme, die Stadt Ulm hat sich angeschlossen und bei den städtischen Unternehmen dafür geworben. Mit Erfolg: Neben dem städtischen Baubetriebshof und den städtischen Entsorgungsbetrieben Ebu haben sich 14 Unternehmen angeschlossen. Größter Abnehmer der Aufkleber ist das Logistikunternehmen Seifert. Mit dabei sind auch die Betonpumpenunion, die Fahrzeugfabrik Scheuerle, der Pharmakonzern Teva, das Bauunternehmen Heim, der Türenspezialist Einenkel, Hegmann Umzüge, Dodel Metallbau, Seeberger, AEU Abfall-Entsorgung Ulm, Glas Trösch, der Großmarkt Ulm, Brehm Präzisionstechnik, das Chemieunternehmen Brenntag und Gardena/Husqvarna. Mit der Nachfrage habe man in Stuttgart wohl nicht gerechnet, berichtet von Winning: Bei der Lieferung der 500 Sticker habe es Verzögerungen gegeben. Eine zweite Auflage ist nach Angaben der Stadt Ulm geplant.
Gewarnt werden sollen aber nicht nur die Radfahrer. Die Aufkleber sollen auch das Bewusstsein bei den Auto- und Lastwagenfahrern schärfen. Sie sind es auch, die in den meisten Fällen die Schuld trifft, wenn es zu einem Toter-WinkelUnfall kommt.