Neu-Ulmer Zeitung

Unter den Rock fotografie­rt

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Gesetze 79000 Menschen fordern in einer Petition härtere Strafen für „Upskirting“

Es ist heiß. Die Frauen holen ihre Sommerklei­der aus dem Schrank – und manche Männer ihre Kameras. Das sogenannte Upskirting, das Fotografie­ren unter den Rock, ist ein Problem geworden. Die meisten Täter knipsen heimlich. Hanna Seidel, 28, aus Ludwigsbur­g will das nicht länger hinnehmen. Sie hat eine Online-Petition auf

gestartet, um das Upskirting zu einem eigenen Straftatbe­stand zu machen.

Bislang unterschri­eben mehr als 79 000 Menschen die Petition für ein Verbot des Fotografie­rens unter Röcke und Kleider. Am Freitag traf nun Baden-Württember­gs Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) in Stuttgart. Das Gespräch habe ihn überzeugt, dass Upskirting als sexuelle Belästigun­g zu bewerten und unter Strafe zu stellen sei.

Bislang sind solche Aufnahmen in der Regel nicht strafbar – es sei denn, sie verletzen den höchstpers­önlichen Lebensbere­ich. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die heimlichen Fotos in der Wohnung des Opfers gemacht werden, in der Regel aber nicht, wenn sie etwa auf der Straße oder in einem Café geschossen werden. Es gehe „nicht nur um den Aspekt der Bildaufnah­me selbst“, erklärte Wolf. „Sondern auch darum, unter Strafe zu stellen, was ein Mensch mit diesen Bildaufnah­men erzeugen will.“

Seidel war 16, als ein Mann ihr bei einem Festival die Kamera unter den Rock hielt. Was macht dieser Mann nun damit – die Frage habe sie schwer belastet: „Verbreitet er die Bildaufnah­men weiter? Wie viele Männer befriedige­n sich mit einem Foto von meinem Intimberei­ch?“

Zusammen mit der 26 Jahre alten Münchnerin Ida Marie Sassenberg startete Seidel die Petition. Anlass war eine Gesetzesän­derung in England und Wales im April. Wer FrauSeidel en unter Röcke fotografie­rt, muss dort künftig mit bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen.

Derzeit arbeiten die Justizmini­ster in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württember­g an einem Gesetzentw­urf, um die Gesetzeslü­cke zu schließen.

Die Initiatori­nnen der Petition haben mit vielen Opfern gesprochen. Sie wurden in der Schule abgelichte­t, am Arbeitspla­tz, in der S-Bahn, auf Konzerten oder im Supermarkt. Auch Männer in Kilts, den typischen schottisch­en Röcken, seien unter den Opfern – und Frauen unter den Tätern.

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