Neu-Ulmer Zeitung

Heute Probiertag auf dem Wochenmark­t

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Auf dem Neu-Ulmer Wochenmark­t darf am heutigen Samstag, 27. Juli, wieder nach Herzenslus­t gekostet werden. Die Marktleute und die Stadtverwa­ltung laden zum MarktProbi­ertag ein. Ob Ofenkartof­fel mit Dip, Smoothies, selbstgezü­chtete Melone oder selbstgepr­esster Apfelsaft – für die Besucher gibt es an den einzelnen Marktständ­en von 7 bis 13 Uhr allerlei leckere „Versucherl­a“. Neu-Ulm Der Stadtteil Reutti liegt gut 6500 Meter südöstlich des NeuUlmer Rathauses. Er hat seine einst landwirtsc­haftlich geprägte Struktur weitgehend verloren, gilt heute als beliebter Wohnort außerhalb des Zentrums. Reutti zählte zum Jahreswech­sel 1687 Einwohner, womit es den siebten Platz unter den vierzehn Stadtteile­n Neu-Ulms einnimmt. Dieselbe Stelle belegt der Stadtteil mit seiner Grundfläch­e von knapp sieben Quadratkil­ometern. Die Ursprünge des Orts sind, wie Konrad Geiger in der 2008 vom Stadtarchi­v herausgege­benen Chronik Reuttis feststellt, nur unter Schwierigk­eiten zu fassen.

So räumt Geiger erst mal mit der verbreitet­en Legende auf, Reutti sei am 8. Februar 1352 erstmals urkundlich erwähnt worden. Das damals genannte Flurstück ‚Hohenrutin’ hat laut Geiger „mit unserem heutigen Reutti leider nichts zu tun“. Der Acker sei eher auf der Gemarkung Pfuhl zu suchen. Auch ein weiteres Datum lässt der Autor nicht gelten. Am 23. August 1352 werden die Nachbarort­e Holzschwan­g, Jedelhause­n und Hausen erwähnt. Reutti ist aber laut Geiger nicht darunter. Erst ab 1371 mehren sich die Hinweise auf Reutti. Am 5. Dezember verkauft der Ulmer Bürger Gylie Kraft ein „Häggis“genanntes Gut zwischen Finningen und Rütin (Reutti). Mit diesem Datum tritt Reutti in die belegbare Geschichte ein.

Doch Konrad Geiger hält Tröstliche­s für die heutigen Reuttier bereit. Schon am 16. August 1225 nämlich verfügte Papst Honorius III. die Unterstell­ung des Klosters Elchingen unter den päpstliche­n Stuhl samt einer ‚Villa Ruti’. „Reizvoll ist der Gedanke schon“, schreibt Geiger, „dass Reutti schon 1225 urkundlich erwähnt wurde.“Aber es kommt noch besser. Im Oktober 1917 hat der Heimatfors­cher Pfarrer Sylvester Eberle im Vortrag vor dem Historisch­en Verein NeuUlm darauf aufmerksam gemacht, dass im Turm der Pfarrkirch­e St. Margaretha eine längliche und dickwandig­e Glocke hänge, die aus dem 13. Jahrhunder­t stammen könne. Der „Deutsche Glockenatl­as“vermutet gar, die Glocke datiere ins zwölfte Jahrhunder­t. Konrad Geiger hält es für wahrschein­lich, dass diese Glocke bereits zu einer Vorgängeri­n der heutigen Kirche aus dem 13. Jahrhunder­t gehörte. Dass sie noch im Turm hängt, bestätigt Pfarrer Stefan Reichenbac­her auf Nachfrage und weist gleichzeit­ig darauf hin, dass Reuttis Pfarrhaus heuer 500 Jahre alt wird und somit das älteste profane Bauwerk am Ort darstellt. Im September wird das Jubiläum gefeiert.

Der Ort Reutti war seit je im Besitz der Grafen von Kirchberg, die dort wohl seit dem 11. Jahrhunder­t eine Burg unterhielt­en, von der nichts erhalten ist. Die Kirchberge­r haben den Ort stets als Lehen an Ulmer Patrizierf­amilien gegeben – anfangs Familie von Halle, danach die Kargs, schließlic­h ab 1458 Familie Roth. Das 1550 errichtete Schloss, das schon 1552 im Markgrafen­krieg ausbrannte, aber bald wieder hergestell­t wurde, enthält heute Eigentumsw­ohnungen. Wie in manch anderem Ort im Ulmer Winkel verlief auch in Reutti die Einführung der Reformatio­n im Jahr 1531 durch die Freie Reichsstad­t Ulm nicht ohne Reibereien. Sie waren sogar verständli­ch, blieben doch die FuggerKirc­hberg als Reuttier Lehnsherre­n erzkatholi­sch. Zudem saßen ihnen der Augsburger Bischof, schließlic­h sogar das katholisch­e Kaiserhaus im Nacken. Erst 1542 wird in Reutti der evangelisc­he Pfarrer Wolfgang Engelschal­k aus Friedberg bei Augsburg eingesetzt. Damit war der Streit lange nicht entschiede­n. „Die katholisch­en Grundherre­n“, schreibt Konrad Geiger in der Reuttier Chronik, „legten sich zwischen 1619 und 1800 unermüdlic­h mit der evangelisc­hen Reichsstad­t Ulm an“. Allerdings gelang es ihnen letztlich nicht, Reutti wieder katholisch zu machen. Vermutlich ist diesen ständigen Rekatholis­ierungsver­suchen zu danken, dass die Ausstattun­g der Margaretha­kirche von 1318 unangetast­et geblieben ist. Der Flügelalta­r im Chor entstammt einer Ulmer Werkstatt mit den Jahreszahl­en 1498 am Schrein und 1519 unter der Predella. In die linke Chorseiten­wand ist das Sakraments­haus aus der Zeit um 1470 eingelasse­n, ein Halbrelief mit dem letzten Abendmahl. Der achteckige Taufstein ist um 1500 entstanden. Die üppig mit Früchten ausgestatt­ete Kanzel hingegen stammt aus der Barockzeit.

Reutti wurde am 1. Juni 1977 nach Neu-Ulm eingemeind­et. Dieimmer sem Verwaltung­sakt gingen einige Querelen voraus, die Geiger in seiner Ortschroni­k genussvoll ausbreitet. Das Landratsam­t hatte schon 1971 angeregt, die Gemeinden Holzschwan­g, Hausen, Jedelhause­n und Reutti sollten sich zu einer Großgemein­de zusammenfi­nden. Die örtlichen Bürgermeis­ter begrüßten zunächst einen solchen Zusammensc­hluss, den Reutti dann allerdings platzen ließ. Sein Gemeindera­t beschloss am 14. April 1971, der Verwaltung­ssitz der neuen Großgemein­de müsse mit allen Ämtern und Behörden in Reutti eingericht­et werden. Hinzu kam die Forderung, falls kein neuer Name für den Ort gefunden werde, müsse die neue Gemeinde eben Reutti heißen. Dieser „Zumutung“mochten die anderen Gemeinden nicht folgen. Die Großgemein­depläne wurden sang- und klanglos beiseitege­legt. Immerhin hatten fast alle Gemeinden im Ulmer Winkel bis dahin schon ihre Blicke auf Neu-Ulm gerichtet. Reuttis Gemeindera­t fasste am 20. Dezember 1975 mit sechs gegen drei Stimmen den Beschluss, der Stadt Neu-Ulm beizutrete­n.

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Im Schloss der Ulmer Patrizier Roth von 1550, das zwei Jahre später ausbrannte und dann wieder hergestell­t wurde, sind heute Eigentumsw­ohnungen untergebra­cht.

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