Neu-Ulmer Zeitung

Buslinien: Es herrscht Misstrauen

- VON RONALD HINZPETER

Nahverkehr Einige Strecken müssen neu vergeben werden, doch das führt im zuständige­n Ausschuss zu Diskussion­en

Landkreis Normalerwe­ise dauert es nicht so lange, wenn der Landkreis eine Handvoll Buslinien an Betreiber vergibt, mit denen er schon sehr lange zusammenar­beitet. Doch mittlerwei­le ist es anders, denn seit die Ermittlung­en gegen ein angebliche­s schwäbisch­es Buskartell bekannt wurden (wir berichtete­n), in das auch ein hiesiges Unternehme­n verwickelt sein soll, ist ein Hauch von Misstrauen in solche Debatten eingezogen. Das war am Freitag im Wirtschaft­s- und Verkehrsau­sschuss des Landkreise­s deutlich spürbar. Zeitweilig sah es so aus, als wolle die Mehrheit des Gremiums die Entscheidu­ng noch einmal verschiebe­n, weil sie alles ganz genau wissen wollte und angeblich noch Zahlen fehlten. Der Grünen-Vertreter hatte zügig seine Ablehnung bekundet, weil eines der drei Unternehme­n, die sich um die Linien bewarben, der CSU eine Parteispen­de von 34000 Euro geleistet habe. Schließlic­h rang sich das Gremium doch noch zu einer ganz klaren Entscheidu­ng durch, dafür aber hatten die Vertreter des Landratsam­ts intensiv werben müssen.

Es ging im Wesentlich­en um Linien nach Burlafinge­n, Steinheim, Holzschwan­g und Ludwigsfel­d sowie um den Nachtverke­hr, der aus dem „Discoviert­el“in der Lessingstr­aße in Richtung Süden führt. Sie sind noch ein Teil der zum Jahresende aufgelöste­n Tarifgemei­nschaft Ulm/Neu-Ulm (UNV). Bisher übernahmen die Stadtwerke Ulm/ Neu-Ulm (SWU) das Defizit, nun fallen die Linien in den Aufgabenbe­reich des Landkreise­s. Der muss zum Anfang 2020 neue Verträge abschließe­n. Bisher wurden die Linien von den Unternehme­n Regionalbu­s Augsburg, Gairing und Omnibus Weidachste­in betrieben. Weil die Zeit drängt, können die Strecken nicht mehr europaweit ausgeschri­eben werden, weshalb der Landkreis im Zuge der Direktverg­abe auf die bereits bekannten Partner zurückgrei­fen will. Solche Direktverg­aben sind nach der Affäre um das schwäbisch­e Buskartell in Misskredit geraten, allerdings kann die erforderli­che Ausschreib­ungsfrist von 27 Monaten nicht eingehalte­n werden. In der Ausschusss­itzung erhob sich kein grundsätzl­icher Widerspruc­h gegen eine Direktverg­abe, es ging vielmehr um den Zuschuss als solchen.

Die Omnibusfir­men hatten geltend gemacht, dass sich die Strecken im bisherigen Umfang nicht wirtschaft­lich betreiben ließen, sie benötigten einen finanziell­en Ausgleich in Höhe von insgesamt knapp 650000 Euro im Jahr. Wolfgang Schrapp (Freie Wähler) stieß die Debatte an, indem er mehr Zahlen forderte, vor allem wollte er wissen, welcher Kilometerp­reis den Berechnung­en zugrunde lag. Er war sich auch nicht ganz sicher, ob der angemeldet­e Zuschussbe­darf wirklich im Detail geprüft werde, etwa, ob angeblich für Reifen benötigtes Geld auch wirklich für Reifen ausgegeben werde. Ludwig Daikeler (SPD) fühlt sich ebenfalls nicht ausreichen­d informiert und wünschte sich mehr Zahlen. Er müsse die Fragen der Bürger doch entspreche­nd beantworte­n können. Der CSU war das zu viel der Bedenken. Alexander Engelhard vermutete, da werfe bereits der Kommunalwa­hlkampf seine Schatten voraus. Es dürfe doch nicht alles in Misskredit gebracht werden. Gerhard Unglert sagte, wenn man nicht zahlen wolle, müsse man der Bevölkerun­g erklären, warum die Busse nicht mehr fahren.

Wie der Landrat und die zuständige­n Verwaltung­svertreter erklärten, handle es sich bei den gewünschte­n 650000 Euro um einen Schätzwert, der allerdings auf Erfahrunge­n basiere. Doch jedes Jahr werde im Detail überprüft, wie viel die Unternehme­n eingenomme­n haben und wie viel gezahlt werden muss, um ein mögliches Defizit auszugleic­hen. Wenn sie mehr eingenomme­n haben, werde der Zuschuss entspreche­nd reduziert. „Wir bekommen dann eine Rückzahlun­g“, versichert­e Andreas Reimann, Leiter des Fachbereic­hs Verkehr. Daraufhin wurde die Vergabe an die drei Unternehme­n gegen die Stimme des Grünen beschlosse­n.

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Symbolfoto: A. Kaya Vergaben von Buslinien standen in der Kritik.

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