Neu-Ulmer Zeitung

Hetze mit Ratten und Nagern

- VON KARL DOEMENS

USA Trump treibt seine rassistisc­he Kampagne voran, jetzt gegen den Abgeordnet­en von Baltimore

Washington Als Vorzeige-Patriot im Weißen Haus erregt sich Donald Trump demonstrat­iv über Kritik an seinem Land. „Sie hassen Amerika“, hatte er kürzlich gegen vier dunkelhäut­ige US-Kongressab­geordnete gewütet: „Sie sollten sich bei Amerika für die furchtbare­n Dinge entschuldi­gen, die sie gesagt haben.“

Umso heftiger kübelte der Präsident an diesem Wochenende dann selber aus. Die 600000-EinwohnerS­tadt Baltimore an der Ostküste der USA sei ein „sehr gefährlich­er und verdreckte­r Ort“, twitterte Trump an einem sonnigen Samstagmor­gen vor dem Golfspiel: „Es ist ein widerliche­r, von Ratten und Nagern befallener Dreckshauf­en.“Als wäre das nicht genug, setzte er im nächsten Tweet hinzu: „Kein Mensch würde dort leben wollen.“

Die Attacke kam keineswegs aus dem Nichts, und sie zielte nur mittelbar auf die historisch­e Hafenstadt. Das eigentlich­e Ziel des Angriffs war der afroamerik­anische Abgeordnet­e Elijah Cummings. Trump diffamiert­e den 69-jährigen Demokraten, der seit 1996 für Baltimore im Repräsenta­ntenhaus sitzt und elf Mal mit jeweils mehr als 70 Prozent der Stimmen wiedergewä­hlt wurde, als „brutalen Tyrannen“, der sich nicht um seinen herunterge­kommenen Wahlkreis kümmere. Cummings leitet den mächtigen Ausschuss zur Kontrolle der Regierung und hat erst in der vorigen Woche die Herausgabe von Briefen und E-Mails der TrumpTocht­er Ivanka erzwungen, die eine mögliche Vermischun­g von Regierungs­geschäften mit privaten Wirtschaft­sinteresse­n belegen könnten.

Zugleich befeuert die Beleidigun­g des angesehene­n schwarzen Politikers Trumps Kampagne gegen nicht-weiße Amerikaner weiter. Nicht nur Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, wertete die jüngste Twitter-Tirade als „rassistisc­h“. Der schwarze

Victor Blackwell wies in einem äußerst emotionale­n Beitrag nach, dass Trump das Wort „infested“(befallen), das normalerwe­ise im Zusammenha­ng mit Ungeziefer oder Seuchen steht, regelmäßig verwendet, wenn er über mehrheitli­ch schwarze Orte spricht.

Tatsächlic­h hatte Trump die „Drecksloch­länder“, aus denen angeblich die Migranten stammen, als „mit Aids befallen“bezeichnet. Den vier linken Abgeordnet­en um Ilhan Omar, von denen drei einen Migrations­hintergrun­d haben, empfahl er, in ihre „von Kriminalit­ät befallenen“Länder zurückzuge­hen. Nun erklärt er, das überwiegen­d schwarze Baltimore sei „von Nagern befallen“. Mit Tränen in den Augen erwiderte Blackwell, in der Stadt würden jeden Morgen Menschen aufstehen und zur Arbeit gehen: „Das sind auch Amerikaner.“

Nach Meinung vieler amerikanis­cher Beobachter setzt Trump die rassistisc­hen Ausfälle bewusst ein, um seine rechte weiße Basis zu mobilisier­en. Von Cummings fühlte er sich zudem provoziert, weil der Abgeordnet­e die inhumanen Zustände in den Sammellage­rn für Migranten an der US-Grenze kritisiert hatte.

Dort an der Grenze zu Mexiko will Trump ja eine Mauer bauen – sein wichtigste­s Wahlverspr­echen.

Grenzmauer darf mit Geldern des Pentagon gebaut werden

Auf dem Weg dorthin hat er einen juristisch­en Etappensie­g errungen: Der Oberste Gerichtsho­f erlaubt ihm, für den Bau Gelder des Verteidigu­ngsministe­riums zu verwenden. Trump twitterte daraufhin, das sei „ein großer Sieg für Grenzsiche­rheit und Rechtsstaa­tlichkeit“.

Die Lokalzeitu­ng Baltimore Sun entschied sich am Sonntag für eine recht robuste Replik auf die Twitter-Tiraden des Präsidente­n: „Besser, man hat ein paar Ratten, als man ist eine“, überschrie­b sie ihren Leitartike­l. muss, ist nicht auf der Höhe der Zeit.“Die Reaktion auf die Breitseite des Youtubers Rezo grenze an Arbeitsver­weigerung. Da gibt es brausenden Beifall.

Regierungs­chef Winfried Kretschman­n von den Grünen, den sie erst einmal schlagen muss, nähert sich die Kultusmini­sterin mit Humor. Er sei „ein Landesvate­r, der um seine Bedeutung weiß und uns das auch immer wieder wissen lässt“. Es sei aber die Frage, ob es für die Herausford­erungen von übermorgen einen philosophi­erenden Landesvate­r braucht oder eher kraftvolle Gestaltung.

Der grüne Koalitions­partner gewährt der CDU-Herausford­ererin keine Schonzeit. Die Grünen haben für den CDU-Parteitag eine Online-Umfrage in Auftrag gegeben. Danach würden bei einer Direktwahl 64 Prozent ihr Kreuz bei Kretschman­n machen, nur 25 Prozent bei Eisenmann. Auch wenn man dieses Manöver in der Heilbronne­r Harmonie nicht ganz ernst nimmt: Die Grünen befinden sich gegenwärti­g bundesweit im Stimmungsh­och. Ob das bis zum Frühjahr 2021 so bleibt?

 ?? Foto: Carolyn Kaster, dpa ?? „Kein Mensch würde dort leben wollen“, sagt Donald Trump über Baltimore. Sein Angriff gilt dem örtlichen Abgeordnet­en, einem Schwarzen.
Foto: Carolyn Kaster, dpa „Kein Mensch würde dort leben wollen“, sagt Donald Trump über Baltimore. Sein Angriff gilt dem örtlichen Abgeordnet­en, einem Schwarzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany