Neu-Ulmer Zeitung

Jetzt den Schulweg einüben

- VON HARALD CZYCHOLL

Familie Obwohl gerade die Sommerferi­en begonnen haben, sollen Eltern mit ihren künftigen Erstklässl­ern nun üben, wie sie zur Schule kommen. Worauf es dabei ankommt

Augsburg Noch wenige Wochen, dann beginnt für viele Kinder ein neuer Lebensabsc­hnitt: Die Erstklässl­er fiebern dem ersten Schultag entgegen. Aber wie kommen sie dorthin? Das Kutschiere­n mit dem Auto ist verpönt und kann gefährlich werden. Für Experten ist klar: Alleine zur Schule zu laufen, fördert die Entwicklun­g und das Selbstbewu­sstsein der Kinder – und zwar von Anfang an. Wie weit Kinder zu Fuß gehen können, welche Verhaltens­regeln Eltern ihnen mit auf den Weg geben sollten und wie die Kinder im Fall der Fälle abgesicher­t sind – die wichtigste­n Antworten rund um den Schulweg.

Wann sollte man anfangen, den Schulweg mit den Kindern zu üben?

Spätestens mit dem Beginn der Sommerferi­en sollte man damit beginnen, den Schulweg systematis­ch mit den Kindern zu üben, rät Andreas Bergmeier vom Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­at (DVR). Dabei sollten Eltern sich Zeit nehmen – und Geduld mit den Kleinen haben. „Mit ein oder zwei Mal abgehen ist es nicht getan“, sagt er. Wichtig ist, mit dem Kind einen Weg festzulege­n und davon nicht abzuweiche­n, also beispielsw­eise nicht an einem Tag auf der einen Straßensei­te laufen und am nächsten Tag auf der anderen. Und natürlich ist das Wissen über Verkehrsre­geln und Verkehrsze­ichen die Basis für einen sicheren Schulweg. Grundsätzl­ich ist es wichtig, viel zu erklären, ergänzt Dimitar Gouberkov, Unfallexpe­rte der Ergo Versicheru­ngsgruppe. „Dazu gehört beispielsw­eise auch, trotz Ampel oder Zebrastrei­fen immer vorsichtig zu sein.“

Wie findet man die richtige Schulweg-Strecke?

Um den Schulweg sicher zu gestalten, sollten Eltern ihn planen. Dabei helfen sogenannte Schulwegpl­äne, die sichere Wege zu Schulen aufzeigen und auf Gefahrenst­ellen hinweisen. Diese speziellen Stadtpläne erarbeiten Eltern, Polizei sowie Fachund Verkehrsbe­hörden gemeinsam. Sie sind teilweise auf der Website der Stadt oder Gemeinde zu finden und werden von den Schulen zur Verfügung gestellt. Beim Planen des Schulwegs geht Sicherheit vor Kürze: „Eltern sollten möglichst viele gesicherte Übergänge wie Ampeln, Fußgängerb­rücken und Zebrastrei­fen einbauen sowie viel befahrene und unübersich­tliche Kreuzungen vermeiden“, rät Gouberkov.

Wie lang kann ein Grundschul­kind laufen?

Das hängt vom Kind ab, aber auch vom Weg: Führt der Schulweg durch Parks und entlang ruhiger Straßen, kann er länger sein, als wenn viele Kreuzungen gequert werden müssen. Mitunter gibt es auch Zumutbarke­itsgrenzen. Bei längeren Schulwegen werden in vielen Fällen die Kosten für ein Busticket bezuschuss­t. In ländlichen Gemeinden, wo sich die Schule mitunter im Nachbarort befindet, werden dann auch Schulbusse eingesetzt.

Wann sind Kinder reif, alleine mit Bus oder Bahn zu fahren?

Das hängt vom Kind ab: Ist es eher ein Draufgänge­r, sollte man genau abwägen, ob man selbst es für reif hält. Ist es vorsichtig und bereit, auch mal innezuhalt­en, geht es eher. Von Altersvorg­aben hält Verkehrsra­ts-Experte Bergmeier wenig: „Kinder entwickeln sich unterschie­dlich: Ein Kind ist mit sieben Jahren schon relativ fit im Verkehr, das andere hinkt im gleichen Alter noch hinterher.“Grundsätzl­ich kann man einem Grundschul­kind zutrauen, drei Stationen mit dem Bus zur Schule zu fahren. Umsteigen kann allerdings Probleme verursache­n, insbesonde­re wenn aufgrund einer Verspätung der Anschlussb­us verpasst wird und die Kinder nicht wissen, wie sie sich dann verhalten sollen. Generell gilt auch bei Fahrten mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, dass es wichtig ist, sie gemeinsam zu üben.

Können Grundschul­kinder mit dem Fahrrad zur Schule fahren?

Das Fahrrad ist für Schulanfän­ger aus Expertensi­cht noch keine Option – und viele Schulen verbieten es sogar ausdrückli­ch. Als Richtschnu­r gilt die Fahrradprü­fung, die in vielen Schulen in der vierten Klasse stattfinde­t. DVR-Experte Bergmeier hält das für richtig: Vorher sei es den Kindern in der Regel noch nicht zuzutrauen. Denn die Risiken beim Radfahren sind auch dann erheblich, solange die Kinder noch nicht älter als 10 Jahre sind und damit noch den Gehweg benutzen dürfen: Vor allem Autos, die aus Grundstück­sausfahrte­n kommen, sind für die Kinder eine schwer kalkulierb­are Gefahr.

Kann man das Kind nicht einfach mit dem Auto bringen?

Verkehrsch­aos vor Schulen mit in zweiter Reihe geparkten Fahrzeugen und pöbelnden Eltern – solche Szenen schaffen es immer mal wieder in die Nachrichte­n. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Verkehrsex­perten das Kutschiere­n bis vor den Schuleinga­ng kritisch sehen: „Im Grunde verwehren Eltern ihren Kindern damit die Entwicklun­g von Verkehrsko­mpetenz“, heißt es beim ADAC. Der Vorschlag des Autoclubs: Wenn Kinder in die Schule gefahren werden müssten, sollte man sie bereits 200 bis 300 Meter vorher aussteigen lassen. So gehen die Kleinen zumindest den letzten Teil eigenständ­ig. Für den verbleiben­den Schulweg ist dann wichtig, dass er sicher ist. Mitunter richten die Schulen auch spezielle Elternhalt­estelle in einigem Abstand ein, von wo aus die Kinder gemeinsam den restlichen Weg laufen.

Was ist, wenn dem Kind etwas zustößt?

Grundsätzl­ich sind Kinder auf dem Weg in die Schule und zurück über die gesetzlich­e Unfallvers­icherung versichert. Wie der Nachwuchs den Schulweg bestreitet – zu Fuß, mit dem Bus oder im Auto – spielt keine Rolle. Wichtig: „Es ist nur der direkte beziehungs­weise der sichere Schulweg – den die Eltern mit ihren Kindern geübt haben – versichert“, sagt Experte Gouberkov. Machen die Kinder einen Abstecher oder gehen direkt zum Fußballtra­ining, erlischt der Versicheru­ngsschutz. Dafür können Eltern eine private Unfallvers­icherung abschließe­n.

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Foto: Monkey Business, stock.adobe.com Eltern sollten den Schulweg rechtzeiti­g mit ihren Kindern üben. Dabei sollten sie den sicheren statt den kürzesten Weg wählen.

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