Mick Schumacher fährt im Ferrari seines Vaters
Motorsport Der Sohn des siebenmaligen Weltmeisters dreht auf dem Hockheimring drei Runden. Für den 20-Jährigen, der selbst einmal in der Formel 1 fahren möchte, sind dies ergreifende Momente
Hockenheimring Zuerst fällt die schmächtigere Figur auf. Der Vater war muskulöser, aber dass kann sich bei einem 20-Jährigen ja noch entwickeln. Das Kinn: eindeutig Schumacher. Und wenn Mick spricht, dann meint man, die Stimme des berühmten Vaters zu hören. Schumacher junior steuerte einen F2004 der Scuderia, mit dem sein Vater 2004 seinen letzten von bisher unerreichten sieben WM-Titeln errungen hatte. Sein Urteil: „Unglaublich, das Auto ist einfach unglaublich.“
Die Interviews danach dauern weitaus länger als seine drei Runden auf dem Hockenheimring im Weltmeister-Ferrari des Vaters von vor 15 Jahren. Die Kulisse ist nicht zu vergleichen mit der dichten Atmosphäre der Schumi-Ära. Rote Leuchtraketen stiegen in den badischen Himmel auf, sobald Michael Schumacher den Ferrari F2004 nur zum Training auf dem Asphalt von Hockenheim lenkte. Als sein Sohn Mick den legendären Boliden jeweils am Samstag und Sonntag Mittag steuert, bejubeln ihn die FerrariAnhänger zumindest am zweiten Tag mit Begeisterung.
Die Hysterie ist Geschichte, doch den Moment wollen die Fans schon erleben, wollen sehen, wie der 20-Jährige das Dienstfahrzeug des besten Rennfahrers aller Zeiten bewegt. Allzu großes Risiko geht der Formel-2-Pilot mit dem kostbaren Renner nicht ein. „Ich habe versucht, an den Orten, wo ich mir sicher war, zu pushen und mit Vollgas zu fahren. Aber wo die Wand etwas näher ist, habe ich den Fuß doch etwas vom Gas genommen, um sicher zu sein.“Besser ist das, denn die Kiste ist wertvoll. In einer Versteigerung von Sotheby’s im Jahr 2005 brachte einer der schnellsten Renner aller Zeiten umgerechnet 2,65 Millionen Euro ein.
Drei Runden dreht der Formel2-Pilot und biegt dann in die Boxengasse ein. Diese knapp sechs Minuten genießt der Sohn von Michael und Corinna Schumacher: „Es war so nostalgisch in dem Auto zu sitzen, ich habe mich einfach gefreut. Ich habe kein einziges Mal in der Runde kein Lächeln auf dem Gesicht gehabt.“Viel schwieriger war, die Wartezeit zu überbrücken. Die zehn Minuten, die der Pilot aus der Ferrari-Fahrerakademie warten musste, fühlten sich wie Stunden an. „Als dann endlich der Motor anging, war es schon Emotion pur.“Schumacher Junior gilt als größte NachwuchsHoffnung im deutschen Motorsport. Am liebsten würde er „heute“in der Formel 1 fahren, aber er kann die Situation einschätzen. „Die meisten Cockpits sind schon belegt, dementsprechend ist es schwierig“, antwortet Mick Schumacher auf die Frage nach seiner Zukunft, während Sabine Kehm nur knapp einen Meter neben ihrem Schützling steht.
Die Managerin hatte bereits den Vater auf dem Weg zu seinen sieben Weltmeister-Titeln, aber auch in der schwierigen Zeit nach seinem folgenschweren Skiunfall begleitet. Nun bahnt Managerin Kehm Schumacher Junior den Weg in die Formel 1. Mick Schumacher hatte zuvor bereits den aktuellen Ferrari von Sebastian Vettel getestet. Am besten gefällt dem Junior an dem historischen Renner: „Der Zehnzylinder hört sich um einiges besser an.“Milan Sako Strecke hin, Tradition her – es fehlt das Geld. Mercedes musste als Namenssponsor einspringen und drei zu den geschätzten zwölf Millionen Euro Antrittsgeld beisteuern. Die berühmte Formel-1-Nation Aserbaidschan lässt für das Rennen in Baku rund 45 Millionen Euro springen. Wie viel der Traditionskurs in Hanoi (Vietnam) berappt, ist nicht bekannt. In jedem Fall mehr als Hockenheim.
Ein Problem ist, dass in anderen Ländern teilweise der Staat den PS-Zirkus mitfinanziert. Die Hockenheimring GmbH, die zu 94 Prozent der Kleinstadt gehört, ist dazu nicht in der Lage. Den Veranstaltern bleiben lediglich die Einnahmen aus dem Ticketverkauf, um die Antrittsgebühr zu finanzieren. Der Staat hält sich raus, und das ist gut so. Kindergärten und Schulen sind wichtiger als ein PSSpektakel.
Im nächsten Jahr machen die Kreisfahrer um Deutschland wohl einen Bogen, weil Hanoi und Zandvoort neu im Kalender sind. Max Verstappen löst eine Hysterie in Oranje aus. Für das Holland-Rennen sollen rund eine Million Ticketanfragen vorliegen. Mick Schumacher heißt die Zukunftshoffnung der Deutschen. Wenn die Söhne von
Jos Verstappen und Michael Schumacher gegeneinander fahren, dann hat Hockenheim 2021 wieder eine GP-Chance. Ein Ring-Rentner würde das Spektakel verfolgen.