Der Weg ist das Ziel
Verkehr Das Navi verdrängt den Stadtplan immer mehr
Ein Kiefernhäher müsste man sein. Nicht dass der Vogel besonders schön wäre. Braun, grau, gerade mal 30 Zentimeter groß. Aber der kleine Nussknacker besitzt quasi ein fotografisches Gedächtnis. Er merkt sich markante Punkte in der Landschaft und schafft es so, jedes Jahr bis zu 300000 Samen zu verstecken – und wiederzufinden.
Nun haben manche Mitmenschen schon Schwierigkeiten, sich zu merken, welche Autobahnausfahrt sie auf dem täglichen Nachhauseweg nehmen müssen. Ehe das Navi nicht versichert: „Sie haben das Ziel erreicht“, bleiben sie auch nicht stehen. Nun bestätigt die Wissenschaft, dass eben jenes kleine Gerät unseren Orientierungssinn beeinträchtigt. Beim Gedächtnis sei schon nachgewiesen, dass sich Menschen heute weniger merken können als frühere Generationen, die noch viel auswendig gelernt haben. „Wenn man durch die Stadt läuft und nur auf sein Smartphone starrt, ist klar, dass sich da keine räumliche Orientierung aufbaut“, sagt Christine Sutter vom Lehrstuhl für Verkehrswissenschaft und Verkehrspsychologie an der Deutschen Hochschule der Polizei.
Mit dem Orientierungssinn verschwindet aber noch etwas anderes: der gute alte Stadtplan, der uns früher zwar nicht immer ans Ziel, aber häufig zur Verzweiflung brachte. Von dramatischen Absatzrückgängen innerhalb der vergangenen 15 Jahre berichtet Eberhard Schäfer, Bereichsleiter Geodatenmanagement bei der Reiseverlagsgruppe MairDumont, die alle größeren Marken wie Falk, ADAC Kartografie, Baedeker, Marco Polo und DuMont im Programm hat. Anders sieht es bei Google aus. Demnach werden weltweit im Schnitt täglich mehr als eine Milliarde Kilometer mithilfe von Google Maps gefahren.