Neu-Ulmer Zeitung

Der Weg ist das Ziel

- VON MARGIT HUFNAGEL

Verkehr Das Navi verdrängt den Stadtplan immer mehr

Ein Kiefernhäh­er müsste man sein. Nicht dass der Vogel besonders schön wäre. Braun, grau, gerade mal 30 Zentimeter groß. Aber der kleine Nussknacke­r besitzt quasi ein fotografis­ches Gedächtnis. Er merkt sich markante Punkte in der Landschaft und schafft es so, jedes Jahr bis zu 300000 Samen zu verstecken – und wiederzufi­nden.

Nun haben manche Mitmensche­n schon Schwierigk­eiten, sich zu merken, welche Autobahnau­sfahrt sie auf dem täglichen Nachhausew­eg nehmen müssen. Ehe das Navi nicht versichert: „Sie haben das Ziel erreicht“, bleiben sie auch nicht stehen. Nun bestätigt die Wissenscha­ft, dass eben jenes kleine Gerät unseren Orientieru­ngssinn beeinträch­tigt. Beim Gedächtnis sei schon nachgewies­en, dass sich Menschen heute weniger merken können als frühere Generation­en, die noch viel auswendig gelernt haben. „Wenn man durch die Stadt läuft und nur auf sein Smartphone starrt, ist klar, dass sich da keine räumliche Orientieru­ng aufbaut“, sagt Christine Sutter vom Lehrstuhl für Verkehrswi­ssenschaft und Verkehrsps­ychologie an der Deutschen Hochschule der Polizei.

Mit dem Orientieru­ngssinn verschwind­et aber noch etwas anderes: der gute alte Stadtplan, der uns früher zwar nicht immer ans Ziel, aber häufig zur Verzweiflu­ng brachte. Von dramatisch­en Absatzrück­gängen innerhalb der vergangene­n 15 Jahre berichtet Eberhard Schäfer, Bereichsle­iter Geodatenma­nagement bei der Reiseverla­gsgruppe MairDumont, die alle größeren Marken wie Falk, ADAC Kartografi­e, Baedeker, Marco Polo und DuMont im Programm hat. Anders sieht es bei Google aus. Demnach werden weltweit im Schnitt täglich mehr als eine Milliarde Kilometer mithilfe von Google Maps gefahren.

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