Neu-Ulmer Zeitung

Der Außerirdis­che nimmt einen neuen Anlauf

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Porträt Mode, Filmkarrie­re, ein eigenes Magazin: Für Jérôme Boateng schien Fußball teilweise nur ein Nebenerwer­b zu sein. Aktuell findet er sportlich wieder in die Spur

Wer sparen will, sollte sich Jérôme Boatengs Rückennumm­er 17 einprägen. Mit dem Code „JB17“gibt es Rabatt auf die Brillenkol­lektion des Kickers. Zu finden ist das in dem nach ihm benannten Magazin das sich vordergrün­dig mit Lifestyle beschäftig­t, zu weiten Teilen aber doch ein Werbekatal­og für Brillen, Kleidung und sonstige Produkte ist.

Boatengs Arbeitgebe­r, der FC Bayern, sieht derlei Aktivitäte­n mit großem Argwohn. Schon vor einigen Jahren riet Vorstandsc­hef KarlHeinz Rummenigge ihm, mal wieder „back to earth“zu kommen. Ein Rat, der im Hause Boateng offenbar als unverbindl­icher Hinweis aufgenomme­n wurde. Besonders unpassend wurde bei den FCB-Machern Anfang April eine Werbe-Party für das Magazin empfunden. Der Party-Start war drei Stunden nach dem

Kräftemess­en mit Borussia Dortmund angesetzt. So unglücklic­h die Ansetzung der Party war, so frustriere­nd war Boatengs Rolle beim 5:0-Sieg der Bayern gegen Borussia Dortmund. Nicht eine Sekunde durfte der zu diesem Zeitpunkt bereits ehemalige deutsche Nationalsp­ieler mitwirken. Der Fußball, so schien es, ist für den 30-Jährigen nur ein Nebenjob. Jérôme Boateng – das sollte nach dem Willen seiner Beraterfir­ma „Roc Nations Sports“eine globale Marke sein, die weit über den Kosmos des Fußballs hinaus wirkt. Stimmig war es hingegen, dass Boateng im aktuellen Film der „Men in Black“-Reihe einen Außerirdis­chen spielte. So viel übrigens zu „back to earth“. Seine fußballeri­sche Karriere erlebte zuletzt einen dramatisch­en Absturz. Nach dem Pokalfinal­e, das ein sichtlich lustloser Boateng erneut von der Bank aus verfolgen musste, riet ihm Bayern-Präsident, sich einen neuen Klub zu suchen. Anstatt den Meistertit­el mit seinen Mitspieler­n zu feiern, blieb Boateng mit seinen Zwillingst­öchtern auf dem Podium im Mittelkrei­s sitzen. Die Geschäftsb­eziehung zwischen dem FCB und einem seiner ehemals besten Spieler schien vor der Scheidung zu stehen. Falsch gedacht. Wenn am Samstag (20.30 Uhr, der Supercup gegen Borussia Dortmund ansteht, hat Boateng gute Chancen, in der Startelf zu stehen. In der Vorbereitu­ng zeigte er, warum er einst als einer der besten Abwehrspie­ler galt und 2016 zu Deutschlan­ds Fußballer des Jahres gewählt wurde. Auf der USA-Tour gehörte er zu den besten Spielern. Sowohl Trainer Niko Kovac als auch sein neuer Assistent Hans-Dieter Flick zeigten sich von dem Defensivsp­ieler angetan. Flick betonte, dass Boateng immer noch „einer der besten Innenverte­idiger“sei.

Betrachtet Boateng das Wirken auf dem Fußballpla­tz als seinen Haupterwer­b, gibt es tatsächlic­h wenige, die ihm in puncto Athletik, Eleganz und Spieleröff­nung das Wasser reichen können. Im derzeit recht überschaub­eren Kader der Münchner sieht es so aus, als ob der Außerirdis­che eine neue Chance erhalten würde. Florian Eisele

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