Neu-Ulmer Zeitung

So will Bayern den Wald retten

- VON VERONIKA LINTNER, WOLFGANG SCHÜTZ UND CHRISTIAN GRIMM

Umwelt Der CSU-Klimaplan sieht das Anpflanzen von 30 Millionen Bäumen vor. Dafür werden auch hitzeresis­tentere Arten getestet. Doch Deutschlan­ds bekanntest­em Förster ist das nicht genug

Berlin/München Der Wald ist krank. Der Wald leidet unter großer Hitze und anhaltende­r Dürre. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) will den Wald heilen und damit gleichzeit­ig das Klima retten. Wer könnte etwas dagegen haben? Deutschlan­ds bekanntest­er Förster gewiss nicht. Peter Wohlleben müsste eigentlich ein glühender Söderianer sein, doch er glaubt dem CSU-Vorsitzend­en nicht recht. Er argwöhnt, dass Söder Millionenv­ersprechen für einen Wald macht, der erst noch wachsen muss, das entschloss­ene Handeln in der Gegenwart aber vermissen lässt.

Dem Förster und Bestseller-Autor geht es um die waldreiche­n Mittelgebi­rge Spessart und Steigerwal­d. Landschaft und Dörfer sehen dort so aus wie im Märchen. „Wenn er die seit langem geförderte­n Schutzgebi­ete Steigerwal­d und Spessart ausweisen würde, da könnte Herr Söder sofort ein Zeichen setzen“, sagte Wohlleben unserer Redaktion. Damit könne Bayern „zum absoluter Vorreiter“in Sachen Waldschutz werden. Denn weil mit Nadelholz derzeit kein Geld zu verdienen ist, weil es wegen des Notschlage­ns ein zu großes Angebot gibt, erwartet Wohlleben das große Fällen von Laubhölzer­n.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, weshalb Wohlleben skeptisch ist. In den Bayerische­n Staatsfors­ten werden zwar etwas weniger Stämme geschlagen, aber noch stärker ging in den vergangene­n Jahren die Zahl der neu gepflanzte­n Bäume zurück. 4,7 Millionen neue Bäume wurden im Jahr 2018 im Wald gepflanzt. Seit 2011 ist die Zahl der Neuanpflan­zungen kontinuier­lich gesunken.

Nun also die Kehrtwende: 30 Millionen neue Bäume sollen in den kommenden fünf Jahren im Staatswald gepflanzt werden, fünf Millionen mehr als bisher geplant – das verspricht Söder. Weniger Profit und mehr Nachhaltig­keit. Zu tun gibt es genug. Der Staatsfors­t erstreckt sich auf einer Fläche von 760 000 Hektar, was fast drei Mal dem Saarland entspricht. Nadelhölze­r prägen den Forst, mit einem Anteil von etwa zwei Dritteln. Dabei dominiert eine Sorte ganz unangefoch­ten den Staatswald: die Fichte. Sie nimmt mehr als 40 Prozent der Fläche ein. Der Nadelbaum ist dem Klimawande­l nicht gewachsen, er schwächelt. Wilde Stürme, Trockenhei­t und der Borkenkäfe­r setzen den Fichten zu.

Die Förster sollen deshalb den Wald umbauen. Die Nadelwälde­r sollen widerstand­sfähigen Mischwälde­rn weichen. „Dies werden wir weiter forcieren“, sagt Jan-Paul Schmidt von den Bayerische­n Staatsfors­ten. Das staatliche Unternehme­n setzt dabei vor allem auf heimische Baumarten, die auch mit drohenden Klimaverän­derungen zurechtkom­men werden. „Zudem testen wir in systematis­chen PraxisAnba­uversuchen Baumarten, die es aktuell noch nicht bei uns gibt“, erklärt Schmidt.

Es wurden bei solchen Versuchen bereits Atlaszeder­n angepflanz­t, eine Nadelbauma­rt, die aus dem nordafrika­nischen Atlasgebir­ge stammt. Auch die Libanonzed­er und die Baumhasel könnten helfen, Wälder fit für den Klimawande­l zu machen. „Diese Baumarten wachsen heute schon unter Klimabedin­gungen, wie wir sie in 50 oder 100 Jahren bei uns in Bayern erwarten“, sagt Schmidt. Auch die Menge an Totholz, als Nistort und Herberge für seltene Tier- und Pflanzenar­ten, spielt in dieser ökologisch­en Wende eine Rolle.

Ein gesunder Wald kann das Aufheizen des Planeten bremsen. Allein durch mehr Bäume wird sich der Klimawande­l nicht in Schach halten lassen. Das weiß auch die CSU, weshalb ihr Klimakonze­pt viel weiter reicht. Bahnfahren soll günstiger werden, indem der Mehrwertst­euersatz gesenkt wird. Fliegen soll im Gegenzug teurer werden, indem die Luftverkeh­rsabgabe angehoben wird. Die Fahrer von SUV und Limousinen wollen die Christsozi­alen stärker zur Kasse bitten. Bei der Kfz-Steuer werden sie deutlich draufzahle­n, wenn sich die Idee durchsetzt. Einer CO2-Steuer auf Diesel, Benzin, Heizöl und Gas, wie es der Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) vorschwebt, hat die CSU hingegen eine klare Absage erteilt.

 ?? Foto: Nikolas Armer, dpa ?? Der Steigerwal­d ist bereits in großen Teilen ein Wald aus Laub- und Nadelholz. Aber Pläne, die ihn unter besonderen Schutz stellen würden, sind bisher gescheiter­t.
Foto: Nikolas Armer, dpa Der Steigerwal­d ist bereits in großen Teilen ein Wald aus Laub- und Nadelholz. Aber Pläne, die ihn unter besonderen Schutz stellen würden, sind bisher gescheiter­t.

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