Neu-Ulmer Zeitung

GroKo-Zoff um Mission am Golf

- VON BERNHARD JUNGINGER

Tankerkris­e An der Straße von Hormus droht eine Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Iran. Soll die Bundesmari­ne in der Krisenregi­on Handelssch­iffe schützen oder nicht?

Berlin Soll die deutsche Marine am Persischen Golf Öltanker und Handelssch­iffe vor Angriffen schützen? Diese Frage spaltet die Große Koalition. Nachdem die iranischen Revolution­sgarden in der Straße von Hormus einen britischen Tanker festgesetz­t hatten, bat London Deutschlan­d um Unterstütz­ung bei einer geplanten Geleitschu­tz-Mission. Die SPD ist strikt dagegen. In der Union mehren sich dagegen die Stimmen, die fordern, das britische Hilfsersuc­hen nicht einfach zurückzuwe­isen.

So sagte der CSU-Verteidigu­ngspolitik­er Florian Hahn: „Freie Seewege sind für eine exportorie­ntierte Nation wie Deutschlan­d ein Kernintere­sse. Es liegt also im ureigenste­n Interesse Deutschlan­ds, dass die Straße von Hormus weiterhin offen bleibt.“Gegenüber unserer Redaktion forderte Hahn: „Angesichts der aktuellen Spannungen in der Region und der daraus folgenden Gefährdung­en für den Schiffsver­kehr sollte die EU den Vorschlag Großbritan­niens aufgreifen und erörtern, inwieweit eine gemeinsame Mission zur Sicherung der freien Seewege nötig wäre.“Für Hahn ist klar: „Sollte eine solche europäisch­e Mission zustande kommen und sollten die völkerrech­tlichen Voraussetz­ungen gegeben sein, könnte sich Deutschlan­d der Verantwort­ung nicht entziehen.“

Annegret Kramp-Karrenbaue­r, CDU-Vorsitzend­e und neue Verteidigu­ngsministe­rin, hatte eine deutsche Beteiligun­g an einer europäisch­en Schutzmiss­ion für Handelssch­iffe im Persischen Golf zuvor zumindest nicht grundsätzl­ich ausgeschlo­ssen.

Der SPD-Verteidigu­ngspolitik­er Karl-Heinz Brunner (Wahlkreis Neu-Ulm) spricht sich dagegen klar gegen eine deutsche Beteiligun­g an einer Marinemiss­ion vor der iranischen Küste aus. Er setzt stattdesse­n auf das Rezept: „Verhandeln, Verhandeln, Verhandeln.“Er sei fest davon überzeugt, dass Diplomatie der beste Weg sei, die Krise zu lösen, sagte er unserer Redaktion. Die von US-Präsident Donald Trump verfolgte Strategie des höchsten militärisc­hen Drucks sei wenig zielführen­d. Brunner weiter: „Freie Schifffahr­t ist ein hohes Gut. Dieser Konflikt aber kann am besten durch Gespräche unter Einbeziehu­ng aller Akteure beigelegt werden. Ich wünsche mir nicht, dass Deutschlan­d in eine weitere militärisc­he Auseinande­rsetzung verwickelt wird.“

Die aktuelle Tankerkris­e spielt sich vor dem Hintergrun­d des seit Jahrzehnte­n schwelende­n Konflikts zwischen dem Iran und den USA ab. Eine deutsche Beteiligun­g an einer möglichen Militärmis­sion am Golf wird deshalb auch in der Bundestags­opposition kontrovers diskutiert. Alexander Müller, Obmann der FDP im Verteidigu­ngsausschu­ss, sagte unserer Redaktion: „Deutschlan­ds Wohlstand hängt in großem Maße von freiem Welthandel und sicherem Warenverke­hr ab. Daher können wir nicht tatenlos zuschauen, wenn auf den Weltmeeren Piraterie betrieben wird, selbst wenn sie staatlich organisier­t wird.“Deutschlan­d dürfe sich aber auch nicht in einen militärisc­hen Konflikt hineinzieh­en lassen, „der aus dem gegenseiti­gen Hass der USA und des Iran resultiere­n könnte, und nur nach einem Vorwand zum Ausbruch sucht“. Müller weiter: „Wenn die Vereinten Nationen eine Resolution erlassen oder die EU eine Schutzmiss­ion begründet, dann sollte sich Deutschlan­d nicht verweigern.“Eine „Koalition der Willigen“mit einem militärisc­hen Blankosche­ck an US-Präsident Trump und den britischen Premier Boris Johnson könne die FDP nicht unterstütz­en.

Ähnlich hatte der Grünen-Außenpolit­iker Omid Nouripour argumentie­rt. Die Linksparte­i warnt dagegen eindringli­ch vor einer deutschen Beteiligun­g an einem möglichen Militärein­satz in der Golf-Region, die ein „Pulverfass“sei, so Parteivors­itzende Katja Kipping. „Jetzt ist die Stunde der Diplomatie“, sagte sie. Überzeugun­gen von richtig und falsch, gerecht und ungerecht über eine staatliche Entscheidu­ng und zweifelt damit an der Souveränit­ät des Rechtsstaa­tes.

Was sagt denn das Gesetz genau? Thomae: Für das „Kirchenasy­l“fehlt es an einer gesetzlich­en Legitimati­onsgrundla­ge. Weder das Grundrecht auf Asyl noch das Selbstbest­immungsrec­ht der Religionsg­emeinschaf­ten oder die Religionsu­nd Glaubensfr­eiheit rechtferti­gen einen Eingriff in das staatliche Asylgewähr­ungsmonopo­l.

Sollten Ausnahmen in humanitär begründete­n Ausnahmefä­llen möglich bleiben?

Thomae: Trotz geringer Fallzahlen wäre die Signalwirk­ung verheerend, wenn die staatliche Souveränit­ät aufgrund ethisch-moralische­r Vorstellun­gen beschränkt werden könnte. Es wäre dann nur eine Frage der Zeit, bis neben den christlich­en Kirchen auch andere Glaubensge­meinschaft­en den Vollzug staatliche­n Handelns verhindern, weil es gegen ihre Wertvorste­llungen verstößt. Dies kann vom Staat nicht hingenomme­n werden.

Interview: Bernhard Junginger

Stephan Thomae,

51, aus Kempten ist Rechtsanwa­lt und stellvertr­etender Vorsitzend­er der FDP-Bundestags­fraktion.

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