Neu-Ulmer Zeitung

Kritiker weg, Gefolgsman­n rein

- VON THOMAS SPANG

USA Der bisherige Geheimdien­st-Koordinato­r Dan Coats erlaubte es sich häufiger, Präsident Trump zu widersprec­hen. Sein mutmaßlich­er Nachfolger John Ratcliffe bot sich ihm regelrecht an

Washington John Ratcliffe versteht sich auf Angriff. Der 53-jährige Kongressab­geordnete aus Texas stellte das zuletzt in der vergangene­n Woche bei der Anhörung des ehemaligen Sonderermi­ttlers Robert Mueller unter Beweis. Der Präsident stehe zwar nicht über dem Gesetz, ereiferte sich der Abgeordnet­e. Aber es sei „verdammt noch mal sicher“, dass ihm „nicht keine Rechte“zustehen. Genau das sei bei den Ermittlung­en in der Russlandaf­färe passiert.

Ratcliffe nahm Mueller derart aggressiv ins Gebet, dass einige darüber spekuliert­en, für welche höheren Weihen er sich mit diesem Auftritt empfehlen wollte. Die Frage hat sich mit dem Rücktritt des Nationalen Geheimdien­stdirektor­s (DNI) Dan Coats zum 15. August und einem Tweet des Präsidente­n erübrigt. Trump nominierte den ehemaligen Bundesanwa­lt Ratcliffe für den Top-Job, der die 16 Geheimdien­ste der USA koordinier­t.

In demselben Tweet dankte der Präsident dem scheidende­n Coats für seinen „großartige­n Dienst für unser Land“. Tatsächlic­h dürfte Trump froh sein, einen ständigen Kritiker in den eigenen Reihen loszuwerde­n. Der Präsident und sein Koordinato­r für die Geheimdien­ste lagen öffentlich immer wieder über Kreuz. Coats drückte ziemlich unverhohle­n seine Missbillig­ung über Trumps Russland-, Nordkoreau­nd Iran-Politik aus.

Im Juli 2018 riet der überzeugte Transatlan­tiker dringend von einem Vieraugeng­espräch Trumps mit Russlands Staatschef Wladimir Putin in Helsinki ab. Coats sagte seinerzeit bei einer Veranstalt­ung in Aspen im US-Bundesstaa­t Colorado, er wisse nicht, was zur Sprache gekommen sei. Über die Ankündigun­g einer Einladung an Putin machte er sich lustig. „Das wird etganz Besonderes sein“, erklärte der Geheimdien­stchef unter dem Gelächter der Versammelt­en.

Öffentlich­e Differenze­n gab es auch bei der Beurteilun­g der nordkorean­ischen Raketenplä­ne, die Coats sehr viel kritischer sieht als Trump. Umgekehrt betonte er nach Aufkündigu­ng des Atomabkomm­ens mit Iran durch den Präsidente­n demonstrat­iv, dass sich Teheran an die Bedingunge­n des Atom-Deals gehalten habe.

Laut der Washington Post fühlte sich der 76 Jahre alte Dan Coats am Ende isoliert in der Regierung, weil ihn Trump regelmäßig geschnitte­n und von wichtigen Entscheidu­ngen ausgeschlo­ssen habe. Analysten sagen, mit dem Ex-Senator und früheren Botschafte­r in Deutschlan­d (2001 bis 2005) verlören die Europäer auch einen wichtigen Ansprechpa­rtner in Washington. Der traditione­lle Republikan­er Coats aus dem US-Bundesstaa­t Indiana galt als eine der letzten Stimmen der Vernunft in der US-Regierung.

Mit Ratcliffe schlägt Trump jemanden für das Amt vor, der sehr wenig Erfahrung im Bereich der Geheimdien­ste hat. Es blieb zunächst offen, ob er für die erforderli­che Bestätigun­g durch den US-Senat auch die notwendige Unterstütz­ung seiner eigenen Partei hat.

„Es ist klar, dass der Repräsenwa­s tant Ratcliffe ausgewählt worden ist, weil er mit seiner demagogisc­hen Befragung des früheren Sonderermi­ttlers Robert S. Mueller blinde Loyalität zu Präsident Trump bewiesen hat“, kündigte der Minderheit­sführer im Senat, Charles Schumer, den Widerstand der Demokraten gegen eine Bestätigun­g Ratcliffes an. Die Position verlange keinen Parteigäng­er, sondern jemanden mit Expertise. „Alles andere wäre ein großer Fehler.“

Der Texaner Ratcliffe stieg unter George W. Bush zum Bundesanwa­lt des östlichen Bezirks von Texas auf und machte sich später als Abgeordnet­er einer Republikan­er-Hochburg einen Namen bei den Kongress-Ermittlung­en zu Hillary Clintons Email-Affäre.

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