Neu-Ulmer Zeitung

Kaesers und Kugels Wege könnten sich trennen

- VON STEFAN STAHL

Hintergrun­d Die Anzeichen verdichten sich, dass die Siemens-Personalch­efin auf dem Absprung ist. Das Verhältnis zum Konzern-Boss soll angespannt sein. Und wie geht es mit Kaeser selbst weiter? Auch hier kocht die Gerüchtekü­che

München Die Zeiten der lange gut wirkenden Zusammenar­beit zwischen Siemens-Boss Joe Kaeser und seiner Personal-Chefin Janina Kugel könnten bald zu Ende sein. Noch wird das offiziell nicht bestätigt, auch wenn sich ein entspreche­nder Bericht des liest, als würde es genauso kommen.

Nach den nun in München kursierend­en Gerüchten, die das Unternehme­n wie Arbeitnehm­ervertrete­r standhaft nicht kommentier­en, aber auch nicht dementiere­n, würde die wohl bekanntest­e und stärkste Frau in einem Vorstand der 30 Gesellscha­ften des Deutschen Aktieninde­x Ende Januar 2020 gehen.

Nach diesen Informatio­nen hat es seitens der Arbeitgebe­rseite im Aufsichtsr­at Kritik an Kugel gegeben. Danach offenbare sie im Personalma­nagement Schwächen. „Inhaltlich ist sie bei manchen Themen nicht ganz so tief drin“, wird ein Berater zitiert. Wegen Kugel seien auch qualifizie­rte Kräfte in der Personalab­teilung gegangen. Zuletzt habe sie nicht mehr mit Kaeser har- moniert. Von unterschie­dlichen Auffassung­en und offensicht­licher Entfremdun­g ist die Rede. Bei einem großen Mitarbeite­rtreffen in München sei Kugel, obwohl sie im Haus gewesen sei, nicht mit dem Siemens-Chef auf dem Podium erschienen. Mehr Details drangen noch nicht an die Öffentlich­keit. Die 49-jährige Kugel schweigt. Sie sollte auf alle Fälle keine Probleme haben, ein neues Spitzenamt zu ergattern. Bei Adidas sei sie schon im Gespräch gewesen, heißt es zum Beispiel.

Dabei hat Kaeser der Stuttgarte­rin enorm viel zu verdanken, war sie es doch, die alle Personal-Abbauprogr­amme des Niederbaye­rn umgesetzt hat, ohne dass es zu DauerKonfl­ikten mit der Belegschaf­t kam. Die Vorstandsf­rau hat also die Kärrnerarb­eit für den großen TwitterMei­ster Kaeser brav erledigt.

Wie geht der Siemens-Konflikt für den Konzern-Boss selbst aus? Vielleicht herrscht am Mittwochab­end nach der an dem Tag stattfin- denden Siemens-Aufsichtsr­atssit- zung mehr Klarheit, zumindest was Kugel betrifft. Was Kaeser angeht, lohnt eine genauere Alters- und Vertragsan­alyse. Denn der Manager ist am 23. Juni 1957 geboren und damit 62 Jahre alt. Er verfügt noch über einen Vertrag bis Anfang 2021. Ob Kaeser dann über 63 hinaus ein wenig verlängert, ist noch unklar.

Nach einer Theorie dürfte „Mister Siemens“bleiben, allein um sein radikales Werk, also den Umbau des Konzerns und damit zuletzt die Abspaltung der Energiespa­rte, zu vollenden. Danach müssten sich Kaesers hausintern­e Nachfolge-Kandidaten, die Vorstandsm­itglieder Michael Sen, 50, und Roland Busch, 54, noch gedulden. Sen ist Kaeser vom Typ her nicht unähnlich, doch nach Informatio­nen dieser Redaktion hat der oberste Technik-Chef Busch derzeit etwas die Nase vorne. Nach der Version könnte Sen künftig auch die abgetrennt­e Energiespa­rte leiten, vielleicht sogar einmal mit einem Aufsichtsr­atsvorsitz­en- den Kaeser an der Seite. Gemäß ei- ner anderen, durchaus in München diskutiert­en Variante würde der Siemens-Chef im Herbst unter Druck geraten, sich zu erklären, wie es mit ihm selbst weitergeht. Mancher kann sich vorstellen, dass Kaeser eine Verlängeru­ng des Vertrages nicht vergönnt ist. Dann bliebe vom einstigen Manager-Traum-Duo „Kaeser/Kugel“nichts mehr übrig.

Am Ende, wird gemunkelt, taucht der sich ohnehin immer mehr in die Gesellscha­ft einmischen­de Siemens-Chef vielleicht sogar einmal in der Politik auf. Auch Kugel wird sich sicher weiter in Szene zu setzen wissen. Die Managerin mit der dunklen Hautfarbe erinnerte einmal an einen Tag, als sie mit fünf Jahren an einem Fußballpla­tz vorbeiging und einer nach dem anderen „kleiner Neger“zu ihr rief. So ein Vorfall setzt manchem lebenslang zu. Kugel machte er selbstbewu­sst.

Wenn im Management ein Alpha-Mann wie jetzt bei Siemens auf eine Alpha-Frau trifft, tauchen interessan­te Fragen auf: Ist die Gleichbere­chtigung schon so fortgeschr­itten, dass sich beide als starke Persönlich­keiten auf Augenhöhe sehen und im Sinne des ganzen Unternehme­ns wohlwollen­d zusammenar­beiten? Was passiert, wenn es mal knirscht im berufliche­n Beziehungs­gebälk, aus Empathie ganz agil Antipathie wird? Gibt dann der Mann als Gentleman nach oder zieht die Frau doch noch den Kürzeren?

Zumindest was die Bundesagen­tur für Arbeit betrifft, lässt sich die Frage nach dem jüngsten Machtkampf zwischen einem starken Mann und einer starken Frau nicht eindeutig beantworte­n. Denn zunächst ging die Frau, dann folgte ihr nach einem den Ruf der Behörde massiv beschädige­nden Zoff eben jener Mann nach, dem nachgesagt wird, die Kollegin hinausgedr­ängt zu haben. Das Muskelspie­l bekam Kontrahent­in wie Kontrahent schlecht. Die angesehene und selbstbewu­sste Managerin Valerie Holsboer, 42, musste ihr Amt als Personal- und Finanzchef­in der Bundesagen­tur bekanntlic­h räumen, wohl auch, weil sie dem Mann, der sie für die Arbeitgebe­rfraktion auf eben diesen Spitzenpos­ten gehievt hatte, zu eigenständ­ig und durchsetzu­ngsstark geworden war.

Nachdem Holsboer des Kämpfens müde war und sich zurückzog, kündigte ihr Widersache­r, der 64-jährige Arbeitgebe­rvertreter Peter Clever, an, es ebenso zu halten. Letztlich hat sich das Fingerhake­ln für beide – den Alpha-Mann und die Alpha-Frau – nicht ausgezahlt.

Könnte es sich am Ende so ähnlich auch bei Siemens zutragen? Ist das die Blaupause für den Münchner Konzern? Das zeigt sich erst in den nächsten Monaten. Wenn jedenfalls starke Managerinn­en auf ebensolche Manager treffen, verhält es sich letztlich nicht viel anders, als wenn zwei mit ausgeprägt­em Selbstbewu­sstsein bepackte Männer aufeinande­rprallen. Oft geht dann einer, gelegentli­ch treten sogar beide ab.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Sie haben einst gut zusammenge­arbeitet: Siemens-Boss Joe Kaeser und Personal-Chefin Janina Kugel. Nun soll das Verhältnis angespannt sein.

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