Neu-Ulmer Zeitung

Wie gefährlich sind Stiere?

- VON STEPHANIE SARTOR

Tödliches Drama in der Oberpfalz wirft Fragen auf

Gleißenber­g Kann ein 600 Kilogramm schwerer Stier mit einer normalen Pistole zur Strecke gebracht werden? Offenbar nicht. Die Schüsse auf das wild gewordene Tier, das wie berichtet im oberpfälzi­schen Gleißenber­g zwei Männer getötet hat, wurden nicht aus gewöhnlich­en Polizeiwaf­fen abgegeben. „Die Polizisten haben in der Regel ihre normalen Dienstpist­olen dabei, also entweder eine P7 oder eine SFP9“, sagt Michael Siefener, Sprecher des bayerische­n Innenminis­teriums. „Beide Waffen haben gemeinsam, dass sie nicht so eine Durchschla­gskraft haben, wie das bei einem Gewehr der Fall ist“, fährt Stiefener fort. Die Beamten griffen in Gleißenber­g schließlic­h auch zu einem Gewehr, um das rund 600 Kilo schwere Tier zu erlegen – die Waffe mussten sie allerdings erst auf der Wache holen. „Die Polizei hat ein Gewehr nicht standardmä­ßig mit dabei“, erklärt Stiefener. Laut einem Bericht der dauerte es 45 Minuten, bis der Stier erschossen wurde und Hilfe zu den Männern gelangte. Ob die beiden in diesem Zeitraum noch lebten, sei aber nicht nachvollzi­ehbar.

Seit dem Unglück, bei dem der 60-jährige Bauer und sein 87-jähriger Vater starben, taucht immer wieder die Frage nach der Gefährlich­keit von Stieren auf. Einer, der sich mit den Tieren auskennt, ist Frank Bosselmann, Tierarzt und Geschäftsf­ührer der Besamungss­tation in Höchstädt im Landkreis Dillingen. „Man muss immer auf der Hut sein“, sagt er. „Ein Stier hat den Anspruch, seine Herde zu beschützen. Und er kann einen Menschen als Fremdkörpe­r in seiner Herde wahrnehmen.“Je enger das Verhältnis zu dem Tier sei – etwa wenn es jeden Tag gestriegel­t werde –, desto niedriger sei das Risiko eines Angriffs, meint Bosselmann. „Aber in der Landwirtsc­haft gibt es oft nicht so einen innigen Kontakt – und selbst dann kann man den Tieren nie ganz trauen.“

Der 60-jährige Bauer war am Samstag auf einer Weide attackiert worden, als er ein Kalb markieren wollte. Als der Mann nicht nach Hause zurückkehr­te, machten sich sein 87-jähriger Vater und seine Ehefrau auf die Suche. Als der Senior die Weide betrat, griff der Stier auch ihn an.

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