Neu-Ulmer Zeitung

„Ein Signal an Schlepper und Schleuser“

- VON LUZIA GRASSER

Asyl Seit einem Jahr gibt es das Landesamt für Asyl in Bayern. Ministerpr­äsident Markus Söder sieht es als Erfolgspro­jekt, Flüchtling­sberater kritisiere­n Zustände in den Ankerzentr­en

Manching Vor einem Jahr drohte die Koalition am Thema Asyl zu zerplatzen, die Stimmung zwischen Berlin und München war aufgeheizt. Mitten in diesen turbulente­n Zeiten wurde in Manching in der Nähe von Ingolstadt das Landesamt für Asyl und Rückführun­gen gegründet, direkt auf dem Gelände des Ankerzentr­ums. Ziel war es, Aufgaben der verschiede­nen Behörden zu bündeln, effiziente­r zu entscheide­n, Identitäte­n zu klären und Abschiebun­gen schneller abzuwickel­n. Nach einem Jahr feierten Ministerpr­äsident Markus Söder und Innenminis­ter Joachim Herrmann das „bayerische Kompetenzz­entrum für Rückführun­gen“(Herrmann) als Erfolgspro­jekt.

Zwei Monate dauere es durchschni­ttlich noch, bis eine Entscheidu­ng über Bleiben oder Gehen vorliege, betonte Herrmann am Montag. Mehr als 11 700 Menschen seien im vergangene­n Jahr freiwillig aus in ihre Heimatländ­er zurückgeke­hrt. Abgeschobe­n worden sind deutlich weniger: 3265 Menschen. 40 Prozent von ihnen, so Herrmann, seien vorher straffälli­g geworden.

Spricht Markus Söder von der bayerische­n Asylpoliti­k, dann fallen oft die Begriffe „klug“, „umsichtig“, „human“oder auch „sensibel“. „Human“, weil die Menschen nun schneller wüssten, ob sie eine Perspektiv­e in Deutschlan­d haben und sich dann so rasch wie möglich integriere­n können. „Sensibel“, weil Ärztezentr­en eingericht­et wurden, weil Sicherheit­skräfte vor Ort seien. Gleichzeit­ig hebt er den „mahnenden Zeigefinge­r“: Wer abgelehnt worden ist, müsse das Land verlassen. Pro Monat startet in der Regel ein sogenannte­r BayernChar­ter-Flug mit Flüchtling­en an Bord, oft Richtung Afrika. Mit Nigeria gibt es mittlerwei­le eine enge Zusammenar­beit, um vor Ort Bleibepers­pektiven – Arbeits- oder Ausbildung­splätze – zu schaffen.

Mit der bayerische­n Abschiebep­raxis „setzen wir ein Signal an Schlepper und Schleuser“, erklärte Söder. Eine freiwillig­e Rückkehr soll künftig mehr im Fokus stehen: „Wir wollen das noch attraktive­r gestalten“, betonte Herrmann. Bislang können die Rückkehrer – je nach Land – beispielsw­eise 200 Euro als Unterstütz­ung für die Reise oder eine Starthilfe von 1000 Euro beantragen.

Gabi Pulm-Muhr kennt die Verhältnis­se vor Ort im Manchinger Ankerzentr­um. Sie arbeitet bei der Flüchtling­s- und Integratio­nsberatung der Caritas Pfaffenhof­en. Tatsächlic­h, sagt sie, hat sich die Verfahrens­dauer auf mittlerwei­le zwei bis drei Monate verkürzt. Doch diese Zeit sei für die meisten zu kurz, um sich über ihre Rechte zu informiere­n. So werde fast immer geBayern klagt, wenn ein Asylantrag abgelehnt wird – und die Menschen bleiben noch viele weitere Monate in Deutschlan­d. Nach einer Zeit, in der es nur darum gegangen sei, den Flüchtling­en die Zeit in Deutschlan­d so unerträgli­ch wie möglich zu machen, erkennt Pulm-Muhr ein Umdenken.

Mittlerwei­le kämen Familien nach spätestens einem halben Jahr raus aus den Ankerzentr­en, angekündig­t seien zudem abschließb­are Schutzräum­e für Frauen. Nichtsdest­otrotz sieht Pulm-Muhr gerade in zwei Bereichen noch Verbesseru­ngsbedarf: Ankerzentr­en seien keine geeigneten Unterkünft­e für Kinder. Sie würden kaum das Leben außerhalb der Unterkunft kennenlern­en. Zum anderen sei die ärztliche Versorgung von kranken Flüchtling­en noch immer unzureiche­nd.

Aktuell leben 8000 Menschen in den sieben bayerische­n Ankerzentr­en und ihren Ablegern. Platz wäre für 13000.

Eine Entscheidu­ng fällt nach zwei Monaten

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