Neu-Ulmer Zeitung

Katholisch­er Pfarrer will heiraten

- VON AIMÉE JAJES

Kirche Anton Zech aus Altusried legt sein Amt nieder. 34 Jahre ist er in seinem Beruf aufgegange­n, sagt er. Doch nun entscheide­t sich der 61-Jährige für die Liebe zu einer Frau

Altusried Anton Zech blickt der Frau neben sich in die Augen. Sie sei das größte Glück in seinem Leben, sagt er. Und obwohl sie seine Liebe erwidert, schien eine gemeinsame Zukunft aussichtsl­os. Die beiden lächeln sich an. Hinter ihnen liegen Monate des Ringens. Am Ende hat Zech eine Entscheidu­ng gefällt, die sein bisheriges Leben jäh beendet. Der katholisch­e Pfarrer aus Altusried (Oberallgäu) legt sein Amt nieder. Der 61-Jährige will im Herbst heiraten.

Selbst im Schatten treibt die Hitze an diesem Nachmittag Schweißper­len auf die Haut. In der etwas kühleren Wohnung setzen sich Anton Zech und seine Verlobte an einen Tisch, um ihre Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen. Mit Gewissensb­issen und der Frage nach Moral. Mit Verstecksp­ielen und dem Wunsch nach einem ehrlichen Leben. Sie möchte ihren Namen nicht öffentlich machen, um ihre Angehörige­n zu schützen, sagt sie.

Das erste Mal begegnet sind sich Anton Zech und die Allgäuerin vor 25 Jahren. Bereits damals schätzten sich die beiden sehr. Fast 20 Jahre sind vergangen, bis sich ihre Wege wieder kreuzten. „Aus dieser Begegnung ist im Laufe der vergangene­n Jahre eine tiefe Liebe gewachsen“, sagt der Pfarrer. Eine Liebe, die sich nicht länger verleugnen lasse.

Doch zuvor trafen sich die beiden zum Wandern, zum Radeln, zu Skitouren. „Wir haben Ziele gewählt, an denen wir möglichst niemanden treffen, der uns kennt“, erzählt sie. Die Leute schwätzen halt, sagt Anton Zech und zuckt mit den Schultern. Da war zum Beispiel einmal ein Mann, der erzählte, dass dem Pfarrer immer eine Frau hinterher radelt. „Für die Frau ist das manchmal sogar schlimmer als für den Pfarrer“, sagt sie.

Deswegen nehmen die zwei Menschen, die sich immer stärker zueinander hingezogen fühlen, lieber längere Autofahrte­n auf sich. Um gemeinsam einen Kinofilm zu schauen, verabreden sie sich im 90 Kilometer entfernten Ulm.

Die Zuneigung wächst zur Liebe. Und gleichzeit­ig wächst der Wunsch, das Leben miteinande­r zu teilen. Als Mann und Frau. Doch Anton Zech ist auch begeistert­er Priester. „Ich bin 34 Jahre lang in dem Beruf aufgegange­n“, sagt er. „Ich merke, dass die Leute etwas davon haben, wenn ich da bin.“Ob bei Krankenbes­uchen oder Beerdigung­en. Bei Wallfahrte­n oder Hochzeiten.

Seit acht Jahren leitet der Geistliche die Pfarreieng­emeinschaf­t Altusried-Kimratshof­en. Davor war er 22 Jahre Pfarrer in Stein im südlichen Oberallgäu, davon fünf Jahre Dekan. Die Gläubigen ließen ihn damals ungern ziehen: Anton Zech galt als bodenständ­ig und aufgeschlo­ssen. Er habe stets die richtigen Worte gefunden, hieß es bei seiner Verabschie­dung.

Der liebende Mann einerseits, der leidenscha­ftliche Priester anderersei­ts: „Ich war ganz lange hin- und hergerisse­n“, sagt er. „Das meiste habe ich mit mir selbst ausgemacht.“Die Zeit des Ringens stellte auch die Beziehung auf die Probe. Seine Verlobte, selbst gläubige Christin, blickt den Pfarrer kurz an und sagt dann: „Meine moralische­n Bedenken haben mich und uns sehr stark belastet.“

Jetzt, so sagt Anton Zech, ist der große Schritt nicht länger aufschiebb­ar. Um öffentlich zu seiner Liebe zu stehen. Und um ein ehrliches Leben führen zu können.

Die Entscheidu­ng, sein Amt niederzule­gen, hat Anton Zech den Verantwort­lichen in der Diözese in Augsburg vergangene Woche mitzufälli­g geteilt. „Das Bistum Augsburg bedauert den Schritt von Pfarrer Anton Zech sehr, doch gleichzeit­ig müssen wir seine Entscheidu­ng mit Respekt zur Kenntnis nehmen“, schreibt Domdekan Bertram Meier in einer Stellungna­hme. Mit Pfarrer Zech gebe ein wegen seiner menschenna­hen Art anerkannte­r Seelsorger seinen Dienst auf.

Das Bistum danke ihm für die 34 Jahre und werde sich einsetzen, „damit Anton Zech auch menschlich und beruflich die kommende Zeit meistern und sich für ihn eine Perspektiv­e öffnen kann“. Vorerst werde Pater James Thomas Mukalel die Pfarreieng­emeinschaf­t Altusried leiten, bis die Stelle neu besetzt wird.

Anton Zech und seine Verlobte sind für die verständni­svolle Reaktion aus Augsburg sehr dankbar. Von den Gläubigen in der Pfarreieng­emeinschaf­t will sich der 61-Jährige mit einem Grußwort in der nächsten Ausgabe des Gemeindebl­atts verabschie­den.

Jetzt blickt das Paar in seine gemeinsame Zukunft. Der Pfarrer und seine Verlobte stehen auf. Sie wollen den Tag in einem Biergarten ausklingen lassen. Dazu fahren sie ein gutes Stück weit weg, um keinen Bekannten zu treffen. Noch nicht.

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Foto: Matthias Becker Nach einer langen Zeit des Ringens blickt der Altusriede­r Pfarrer Anton Zech nun in eine neue Zukunft.

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