Neu-Ulmer Zeitung

Söder will noch grüner werden

- VON ULI BACHMEIER UND SARAH SCHIERACK

Umwelt Klimaschut­zgesetz bis Herbst, Verbot von Plastiktüt­en. Die Grünen sind skeptisch

München Ministerpr­äsident und CSU-Chef Markus Söder will sich beim Klimaschut­z an die Spitze der Bewegung setzen und Bayern zum ersten klimaneutr­alen Land in Deutschlan­d machen. Nach der Kabinettss­itzung, die gestern im Hofgarten der Münchner Residenz unter freiem Himmel stattfand, kündigte Söder an, bis Herbst ein bayerische­s Klimaschut­zgesetz mit bis zu 100 Einzelmaßn­ahmen vorzulegen. „Es muss am Ende ein Jahrhunder­tvertrag werden“, sagte Söder. Gleichzeit­ig forderte er die SPD im Bund auf, die dringend nötigen Entscheidu­ngen zum Klimaschut­z wie auch zur Fortsetzun­g der Großen Koalition nicht endlos zu vertagen. Andernfall­s müsse die Union versuchen, „vielleicht gleich mit anderen Partnern zu reden“.

30 Millionen neue Bäume in fünf Jahren, rund 100 neue Windräder im Staatswald, Erleichter­ungen für den Bau von Photovolta­ik-Anlagen, steuerlich­e Anreize für die energetisc­he Sanierung von Gebäuden, billigere Bahnticket­s, Kohleausst­ieg bis zum Jahr 2030, Klimaschut­z ins Grundgeset­z – mit diesen Ankündigun­gen und Forderunge­n zum Klimaschut­z beherrscht Söder seit Tagen und Wochen die Schlagzeil­en. Gestern setzte er noch eine Forderung obendrauf: Das „In-VerkehrBri­ngen von Einwegplas­tiktüten“soll nach dem Willen der Staatsregi­erung in Deutschlan­d verboten werden. Auch hier soll Bayern Vorreiter sein. „Die gesamte Staatsverw­altung wird bei der Nutzung ihrer Grundstück­e und Einrichtun­gen sowie bei Veranstalt­ungen des Freistaats Bayern auf Plastiktüt­en und Einweg-Plastik verzichten“, heißt es im Kabinettsb­eschluss.

Den Verdacht, er handle aus parteipoli­tischem Kalkül, wies Söder zurück. Es gehe beim Klimaschut­z „nicht um den Benefit einer politische­n Gruppierun­g“, sondern es gehe „um eine moralische Verpflicht­ung“, sagte der Ministerpr­äsident. „Wir können die Klima-Herausford­erung nicht einfach den Kindern vor die Füße schmeißen.“

Gleichzeit­ig betonte Söder, dass der Klimaschut­z nicht zulasten der Wirtschaft gehen dürfe, und beteuerte, dass er am grundsätzl­ichen Kurs der CSU festhalte: „Wir brauchen Anreize. Freiwillig­keit geht vor Verbot.“An einigen Stellen freilich werde auch eine „Lenkungswi­rkung“nötig sein. So lehnt er zum Beispiel eine CO2-Steuer ab, nicht aber CO2-Zertifikat­e. Mit Blick auf das nachlassen­de Wirtschaft­swachstum sagte Söder: „Wir werden Klimaschut­z- und Konjunktur­programm miteinande­r verschränk­en müssen.“

Darauf besteht auch seine Partei. Thomas Kreuzer, der Chef der CSU-Fraktion im Landtag, sagte gegenüber unserer Redaktion: „Die CO2-Ziele müssen erreicht werden, aber die Maßnahmen müssen so sein, dass es keine wirtschaft­lichen Verwerfung­en gibt, die unsere sozialen Standards gefährden.“

Auf Skepsis stößt Söders Hinwendung zur Ökologie bei den Grünen. Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsc­hefin der Grünen im Bundestag, sagte unserer Redaktion: „Wir freuen uns über die Unterstütz­ung von Markus Söder für unsere Forderung nach Klimaschut­z im Grundgeset­z und einer Reduzierun­g des Mehrwertst­euersatzes auf Bahnticket­s.“Sie warnte Söder aber, dass er seinen Worten auch Taten Folgen lassen müsse. „Wir brauchen nicht noch mehr heiße Luft aus München. Davon haben wir beim aktuellen Klima genug.“Auch Ludwig Hartmann, Fraktionsc­hef der Grünen im Landtag, sagte: „Zum Handwerk gehört nicht nur klappern, sondern auch machen.“

Im Leitartike­l erläutert Michael Kerler, warum hinter Söders Vorstößen auch viel Klima-Show steckt. Mehr zur Kabinettss­itzung unter freiem Himmel lesen Sie auf Bayern.

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