Neu-Ulmer Zeitung

Ingolstadt­s Ex-OB gibt Fehler zu

- VON STEFAN KÜPPER

Justiz Alfred Lehmann hat Korruption­svorwürfe gegen ihn bislang stets vehement zurückgewi­esen. Kurz vor Prozessend­e schlägt er einen neuen Weg ein. Doch das Gericht zeigt sich skeptisch

Ingolstadt Dass dieser Tag vor Gericht anders werden könnte als zunächst vorgesehen, hatte sich bereits vergangene Woche zumindest angedeutet. Da hatte die 1. Strafkamme­r im Korruption­sprozess gegen Ingolstadt­s Ex-Oberbürger­meister Alfred Lehmann mehrere rechtliche Hinweise gegeben. Diese sollen – auch dem Angeklagte­n – fairerweis­e helfen, einzuordne­n, wo er gerade im Verfahren steht. Einer dieser Hinweise von Richter Jochen Bösl ließ besonders aufhorchen. Er lautete: Ohne ein Geständnis komme – im Falle einer Verurteilu­ng – für Lehmann auch eine Freiheitss­trafe von über zwei Jahren in Betracht. Sprich: Dem 69-Jährigen droht – möglicherw­eise – Gefängnis.

Das ist die Lage am Dienstagmo­rgen. Zur Erinnerung: Seit März steht Lehmann vor Gericht. Er wurde wegen Bestechlic­hkeit und Untreue angeklagt. Auch wenn Teile der Vorwürfe inzwischen fallen gelassen wurden, steht für Lehmann viel auf dem Spiel. Es geht um 16 Studentenb­uden auf dem Gelände der alten Pionierkas­erne, die er und sein inzwischen verstobene­r Vater vor Jahren gekauft hatten. Und es geht um seine Privatwohn­ung in der Sebastians­traße in der Innenstadt, die Lehmann später für sich und seine Familie erwarb.

Die fraglichen Immobilien waren im Besitz der öffentlich­en Hand, als sie 2011 und 2013 verkauft wurden. Dafür zuständig waren die städtische Industrief­ördergesel­lschaft IFG (Pionierkas­erne) und der Krankenhau­szweckverb­and (Sebastians­traße). Lehmann war damals nicht nur Oberbürger­meister, sondern wegen seines Amts auch Vorsitzend­er des IFG-Verwaltung­srats und Vorsitzend­er des Krankenhau­szweckverb­andes. In dieser Position soll er sich dafür eingesetzt haben, dass bestimmte Bauträger die Zuschläge für die Immobilien erhielten. Später soll er dann laut Anklage die Wohnungen günstiger bekommen haben. Der finanziell­e Vorteil, den Lehmann sich laut Anklagesch­rift verschafft haben soll, liege bei etwa 750000 Euro. Auch wenn diese Summe in der Höhe nach bisherigem Verfahrens­stand fraglich ist, geht es immer noch um viel Geld. Lehmann hat die Vorwürfe bisher stets vehement zurückgewi­esen.

Der Gerichtssa­al ist am Dienstag so voll wie seit Prozessauf­takt nicht mehr. Denn eigentlich ist die Beweisaufn­ahme ziemlich abgeschlos­sen. Es hätten nur noch die Eintraim Bundeszent­ralregiste­r verlesen werden müssen, dann wären die Plädoyers gehalten worden. Am Freitag hätte es das Urteil geben sollen. Eigentlich.

Aber, es kommt anders: Andreas von Mariassy, einer von Lehmanns Anwälten, kündigt eine Erklärung seines Mandanten an. Wissen muss man: Eine der wichtigste­n Fragen im Laufe des Prozesses ist: Hat Lehmann genug für seine Wohnungen bezahlt? Und falls nicht: Hätte er erkennen können, dass die Preise für Kauf und Ausbau jeweils mutmaßlich zu niedrig waren?

Lehmann erklärt nun, dass er bei den Studentena­ppartement­s den Ausbau zu günstig bekommen habe. Und er hätte erkennen müssen, dass er dort einen Vorteil bekommen habe, den er als Amtsträger nicht hätte annehmen dürfen. „Das ist meine Verantwort­ung.“Auch das Angebot zum Ausbau seiner Wohnung in der Sebastians­traße sei „zu günstig“gewesen. Er habe das bereits damals vermutet. „Das hätte ich erkennen müssen.“Und: „Das war mein Fehler.“Zugleich betonte er aber, dass er diesen Fehler rechtzeiti­g erkannt, korrigiert und letztlich einen angemessen­en Preis bezahlt habe. Im Übrigen aber bleibt Lehmann dabei, dass er als OB und Vorsitzend­er des Krankenhau­szweckverb­andes keinen Einfluss zum Vorteil des Bauträgers genommen habe.

Was war das nun, fragt man sich im Gerichtssa­al? Ein Teilgestän­dnis? Landgerich­tsvizepräs­ident Jochen Bösl unterbrich­t nach Lehmanns Einlassung die Sitzung. Vorher sagt er allerdings: „Es ist fraggungen lich, ob so ein Geständnis sehr aufklärend ist.“Und Staatsanwa­lt Gerhard Reicherl schiebt hinterher: „Mit einem Geständnis hat das nichts zu tun.“Später, als die Verhandlun­g fortgesetz­t wird, gibt Lehmann auf Nachfrage von Reicherl zudem zu, dass im Fall der Privatwohn­ung in der Sebastians­traße ein Rohbauvert­rag zum Schein abgeschlos­sen worden sei.

Als wenig später vonseiten der Verteidigu­ng des mit Lehmann angeklagte­n Bauträgers – auch überrasche­nd – noch Beweisantr­äge eingereich­t werden, unterbrich­t Bösl erneut die Sitzung. Durchaus verärgert. Wenig später werden die eigentlich anberaumte­n Plädoyers verschoben und vier weitere Prozesstag­e bis in den Herbst hinein bestimmt. Als nächster Termin für eine Urteilsver­kündung ist nun der 11. Oktober vorgesehen. Bis auf Weiteres. »Kommentar

Lehmann: „Das ist meine Verantwort­ung“

 ?? Archivfoto: Kneffel, dpa ?? Der Korruption­sprozess gegen Ingolstadt­s früheren Oberbürger­meister Alfred Lehmann hat am Dienstag eine überrasche­nde Wende genommen: Lehmann gab eine Erklärung ab, die als Teilgestän­dnis gedeutet werden könnte.
Archivfoto: Kneffel, dpa Der Korruption­sprozess gegen Ingolstadt­s früheren Oberbürger­meister Alfred Lehmann hat am Dienstag eine überrasche­nde Wende genommen: Lehmann gab eine Erklärung ab, die als Teilgestän­dnis gedeutet werden könnte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany