Es grünt so grün im Kabinett
Klimaschutzprogramm Ein Verbot von Plastiktüten, Millionen neuer Bäume und mehr Windenergie – das bayerische Kabinett will ein „Signal für die Umwelt setzen“
München Ein lauschiges Plätzchen hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für die letzte Sitzung seiner Minister-Runde vor der Sommerpause ausgesucht: Im Schatten der Platanen gleich hinter der Staatskanzlei im Münchner Hofgarten hatte das Kabinett rund um einen langen Tisch auf Holzbänken Platz genommen, um unter Beobachtung zahlreicher Touristen mehr als zwei Stunden lang bayerische Maßnahmen gegen den Klimawandel zu diskutieren. Schließlich sei der Klimaschutz „ein Projekt für alle“, erklärte Söder hinterher. Da kann etwas Öffentlichkeit nicht schaden. Die hübschen Bilder für die zahlreichen Fotografen und Fernsehkameras dürften Söder allerdings auch nicht gestört haben.
Was zumindest aus der Ferne aussah wie ein gemütliches Picknick im Freien, sei ein ernsthaftes Ringen die richtigen Antworten auf ein politisches Megathema gewesen, beteuerte der Regierungschef. Schließlich sei „die Bewahrung der Schöpfung ein sehr bayerisches Konzept“– und Wachstum und Fortschritt im Freistaat stets auch „mit der Bewahrung der Heimat verbunden“.
Die als externe Experten geladenen Wissenschaftler des bayerischen „Klimarates“um den aus dem Fernsehen bekannten Professor Harald Lesch hätten zudem die Dringlichkeit effektiver Klimapolitik sehr eindrucksvoll auf einem Bierdeckel zusammengefasst, berichtete Söder: „Wir müssen jetzt handeln, sonst droht der Klimainfarkt“, lautete sein Fazit.
Söder wäre aber nicht Söder, wenn er seinem bayerischen Maßnahmenpaket nicht auch gleich noch ein paar eindrucksvolle Überschriften geben würde: Gar ein „Jahrhundertvertrag“müsse die bayerische Klimastrategie werden, die seine Regierung im Herbst beschließen werde. Zum „Pionierland“für „Cleantech“– also saubere Technik – werde er Bayern machen. Auch werde der Freistaat die erste „klimaneutrale Staatsverwaltung“bekommen. Gelingen soll dies unter anderem durch einen überparteilichen Schulterschluss für ein Klimaschutzziel in der Verfassung: „Wir brauchen hier nationale Verantwortung“, findet Söder. Für den Wahlkampf sei das Thema, das den Grünen zuletzt ungeahnte Höhenflüge bescherte, jedenfalls denkbar ungeeignet, erklärte er.
„Am Ende des Tages sind es konkrete Maßnahmen, die den Klimaschutz in die Fläche bringen“, bremste Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) Söders Überschwang. „Freiwilligkeit vor Verboten“soll dabei als eiserner Grundsatz gelten: So sollen künftig etwa private Solaranlagen statt neuum en Ölheizungen gefördert werden. Im Staatswald sollen hundert neue Windräder entstehen. Der Freistaat will künftig auf Plastiktüten, Einweggeschirr und sogar Plastikhüllen für Dokumente verzichten und die Kommunen mittels „freiwilliger Selbstverpflichtung“auf denselben Kurs einschwören. Der Staatswald soll mit neuen Baumarten „klimafest“gemacht werden. Privatwaldbesitzer sollen mit neuen Förderprogrammen diesem Kurs folgen. Denn „Fichten und Buchen werden in dieser Form nicht mehr bestehen“, warnt Forstministerin Michaela Kaniber (CSU): „Wir müssen noch schneller sein als der Klimawandel.“
Viel „Geklapper“, aber zu wenig Konkretes enthalte Söders hübsch verpacktes Klimaprogramm, kritisierte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann: Eine echte Mobilitätsund Energiewende sei so nicht zu erreichen.