Ein starkes Team sucht Unterstützung
Engagement Der Helferkreis im Alfred-Schneider-Haus der Arbeiterwohlfahrt Neu-Ulm organisiert zahlreiche Aktivitäten – doch der Nachwuchs fehlt. An der Bayerischen Ehrenamtskarte üben die Freiwilligen Kritik
Neu-Ulm Für Elke Riedl ist das Alfred-Schneider-Haus der Arbeiterwohlfahrt Neu-Ulm zur zweiten Heimat geworden. 2006 gründete sie mit anderen Mitgliedern der Reisegruppe des Awo-Ortsvereins den ehrenamtlichen Helferkreis für das Seniorenheim – und ist bis heute stetig im Einsatz. Dafür hat sie bereits die Silberdistel bekommen, eine Auszeichnung unserer Zeitung für soziales Engagement. Doch die 77-Jährige und ihre Mitstreiter plagen Nachwuchssorgen.
Bei der Gründung des Helferkreises vor 13 Jahren waren es acht Freiwillige, damals gab es noch keine Betreuungskräfte im Heim so wie heute. Mittlerweile sind es 15 Ehrenamtliche, darunter ein Mann, die die Betreuer im Seniorenheim unterstützen. „Wir wollen den Bewohnern im Alter Lebensqualität und Lebensfreude geben“, so das Ziel des Helferkreises, „und den Bewohnern das geben, wofür Hauptamtliche im Pflegealltag leider keine Zeit zur Verfügung haben“.
Die Aufgaben und Aktivitäten des Helferkreises sind vielseitig: Sie veranstalten unter anderem Feste und das beliebte Waffelbacken, gehen mit den Heimbewohnern spazieren, Eis essen oder auf den Weihnachtsmarkt, pflegen mit ihnen den Heidegarten auf dem Dach und organisieren verschiedene Vorträge unter anderem über Blumen – oder zu Wahlen, wie zuletzt die Europawahl. „Die meisten kriegen zwar die Wahlunterlagen, kennen sich aber nicht aus, wie das funktioniert“, sagt Erika Röcker, wie Riedl Gründungsmitglied des Helferkreises. Den Ehrenamtlichen ist es ein Anliegen, dass die Bewohner wissen, dass ihre Stimme genauso wichtig ist wie die eines jeden anderen. Deshalb gab es für die Landtagswahl sogar ein eigenes kleines Wahlbüro im Seniorenheim. Der Betrieb der Cafeteria, die täglich geöffnet hat, sei ebenfalls nur durch die ehrenamtlichen Helferinnen möglich.
Einmal die Woche findet ein Singkreis statt, den Elke Riedl leitet. Früher hat die 77-Jährige zudem für jeden Bewohner eine Geburtstagsfeier organisiert, zu der alle eingeladen waren. „Das hat furchtbar viel Spaß gemacht, aber es kam irgendwann zu wenig zurück“, erzählt sie. „Ich saß dann da mit meinem Kuchen und allem.“Geburtstagsfeiern gibt es deshalb keine mehr, aber immer noch ein Geschenk – und zwar ein persönliches für jeden einzelnen Bewohner. „Ich frage dann immer: ,Was wünschen Sie sich denn?‘ Und das besorge ich dann“, erzählt Riedl.
Besonders schätzen die Ehrenamtlichen das gute Verhältnis zur Heimleitung. Röcker betont: „Man sieht uns nicht als billige Arbeitskräfte und das ist uns wichtig.“Auch Weiterbildungen konnten die Freiwilligen schon absolvieren. Ebenso wichtig: „Wir können auch kritisieren, wir sind ja nicht angestellt.“Aber die Heimleitung schätze das Feedback auch.
Ein großes Anliegen ist es dem Helferkreis derzeit, neue Ehrenamtliche zu finden. „Wir sind doch schon alle im höheren Rentenalter“, sagt Röcker und fügt hinzu: „Deshalb würden wir uns freuen, wenn wir unsere gesteckten Ziele auf mehr Schultern verteilen können.“Riedl ergänzt: „Vielleicht gibt es ja jemanden, der jetzt als Rentner vielleicht seit zwei Jahren daheim ist und sich denkt, mir fällt die Decke auf den Kopf.“Wer sich engagieren möchte, sollte mit älteren Menschen umgehen können – und nicht empfindlich sein, wenn die Heimbewohner, die oftmals an Demenz oder anderen Erkrankungen leiden, einmal ein böses Wort verlieren.
Als Dank für ihr Engagement können Riedl, Röcker und die anderen Freiwilligen vom Helferkreis die Ehrenamtskarte nutzen – doch deren Vorteile gefallen ihnen nicht unbedingt. Die meisten Gutscheine oder Vergünstigungen seien auf Betriebe im Landkreis „abgewälzt“worden, so Röcker. „Beim Theater gibt es so gut wie nix, anders als in Ulm“, sagt die 77-Jährige und fügt hinzu: „Wir fühlen uns verulkt. Nach außen hin werden die kleinen Leute gelobt, aber gemacht wird nichts.“Vergünstigungen für überregionale Angebote wie für den Nürnberger Zoo seien wegen der Entfernung für die meisten älteren Ehrenamtlichen eher uninteressant. Sie hat sich deswegen vor etwa einem
Die Heimleitung schätzt die Ideen der Freiwilligen Vergünstigungen beim Nahverkehr würden helfen
halben Jahr auch schon an das Landratsamt und die Stadt gewandt, aber keine zufriedenstellende Antwort erhalten.
Viel sinnvoller fänden Riedl und Röcker Vergünstigungen beim ÖPNV. Denn zu ihrer Arbeit im Seniorenheim in Neu-Ulm fahren die Ehrenamtlichen oft mit dem Bus. Denn kommen sie mit dem Auto, gibt es ein weiteres Problem: Direkt vor der Einrichtung ist die Parkplatzdauer auf zwei Stunden begrenzt – und das reicht für die ehrenamtliche Arbeit nicht. „Wir haben regelmäßig Knöllchen“, sagt Röcker. Gerne hätte sie deshalb eine Ausnahmegenehmigung für die Zeit ihrer Arbeit im Seniorenheim oder auch vergünstigte Tickets für den Parkplatz beim Edwin-ScharffHaus. Riedl betont: „Wir würden das ja nie privat nutzen.“Dass sich bald etwas ändert, ist jedoch unwahrscheinlich, wie sich bereits aus der damaligen Antwort von NeuUlms Oberbürgermeister Gerold Noerenerg auf Röckers Brief erkennen lässt. Darin versichert er zwar, die Kritik an den Vergünstigungen an das Freiwilligenmanagement des Landkreises weiterzugeben, betont aber auch: „Bei Parkgebühren und dem ÖPNV ist die Sachlage sicher sehr viel schwieriger.“