Neu-Ulmer Zeitung

Wie viel Schuld trägt Trump an den Gewalttate­n?

- VON MARGIT HUFNAGEL UND THOMAS SPANG

USA Ex-Botschafte­r Kornblum wirft dem Präsidente­n gefährlich­es Zündeln vor

Washington 22 Tote in El Paso, neun Tote in Dayton: Nach einem erschütter­nden Wochenende mit zwei Massakern wächst in den USA die Wut über den Rassismus im Land und das Versagen bei der Waffenkont­rolle. Im Zentrum der Empörung steht vor allem einer: Donald Trump. „Hass hat keinen Platz in unserem Land, und wir werden uns darum kümmern“, sagte der USPräsiden­t zwar. Doch trägt nicht er selbst eine Mitschuld an der Spaltung der Vereinigte­n Staaten? Zumindest der Attentäter von El Paso hat sich die Worte des Präsidente­n zu eigen gemacht, als er in seinem Manifest die Tat als „Antwort auf die hispanisch­e Invasion in Texas“darstellte. Manche kriminelle Einwandere­r, sagte Trump im Mai vergangene­n Jahres, seien „keine Menschen. Das sind Tiere.“

„Die Stimmung im Land ist gereizt“, sagt der frühere amerikanis­che Botschafte­r in Deutschlan­d, John Kornblum, unserer Redaktion. Selbst wenn den Präsidente­n keine direkte Schuld an den Amokläufen treffe, sei er zumindest mit verantwort­lich. „Es ist ein bisschen, wie wenn man ein Streichhol­z neben einem Benzinkani­ster anzündet.“Eigentlich benötige Amerika gerade jetzt einen Präsidente­n, der die Menschen beruhigen könne. „Stattdesse­n betont er die Differenze­n“, sagt Kornblum. „Er scheint zu glauben, dass er mehr Zuspruch erhält, je weiter er nach rechts rückt.“Ob seine Basis das weiter mitträgt? Da ist auch John Kornblum ratlos: „Das kann niemand sagen.“

In Reihen der republikan­ischen Partei, der Trump angehört, herrscht bislang betretenes Schweigen. Allein Trumps amtierende­r Stabschef Mick Mulvaney holte zu einer aggressive­n Verteidigu­ng seines Chefs aus. Es sei „unverschäm­t“, Trump „für die Handlungen eines Verrückten verantwort­lich zu machen oder zu unterstell­en, der Präsident sympathisi­ere mit weißen Suprematis­ten“.

„Jeder Gewalttäte­r hat ein eigenes Motiv und ist für sein Handeln selbst verantwort­lich“, betont hingegen Alexander Graf Lambsdorff. „Aber Trumps Sprache trägt zu einem Klima des Nationalis­mus und der Konfrontat­ion in der amerikanis­chen Gesellscha­ft bei.“Es könne passieren, so der FDP-Außenpolit­iker, dass sich Gewaltbere­ite und sogar Terroriste­n wie in El Paso dadurch in „ihren abstrusen Überzeugun­gen“bestärkt fühlen. „Das Amt des US-Präsidente­n verleiht seiner Stimme ein besonderes Gewicht und geht deshalb auch mit einer besonderen Verantwort­ung einher“, mahnt Lambsdorff.

Seit Jahresanfa­ng hat es laut einer Statistik der Organisati­on Gun Violence Archive in den USA mehr als 250 sogenannte „Mass Shootings“gegeben, also Fälle, bei denen mindestens vier Menschen durch Schusswaff­engewalt verletzt oder getötet wurden. Rechnerisc­h ist das mehr als ein solcher Fall pro Tag. Bemühungen um schärfere Waffengese­tze laufen seit Jahren ins Leere. Auch Trump ist gegen eine Einschränk­ung des Rechts auf Waffenbesi­tz, das in der US-Verfassung verankert ist.

„US-Präsident Trump weiß, wie wichtig das Thema Waffenbesi­tz bei seinen Wählern ist“, sagt USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik. „Das ist für viele Amerikaner eine Identitäts­frage.“Bramls Prognose: Trump werde versuchen, dieses heikle Thema dem Kongress unterzujub­eln, wohl wissend, dass die Legislativ­e in dieser Frage tief gespalten sei und sich viele Abgeordnet­e bei diesem heißen Eisen die Finger verbrennen könnten. „Es gibt viele, die seit Jahren schärfere Waffengese­tze gefordert haben“, sagt Braml. „Viele von ihnen sind damit schon gescheiter­t.“

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