Neu-Ulmer Zeitung

Königliche­r Wappenstre­it

- VON SARAH RITSCHEL

Justiz Luitpold Prinz von Bayern zieht vor Gericht – gegen den offizielle­n Souvenirhe­rsteller des Freistaats. Er soll das Herrscher-Emblem illegal verwendet haben. Doch es geht um viel mehr

München Wer im Biergarten dieser Tage ein kühles Kaltenberg­er Bier an den Mund setzt, sieht auf dem Krug das königlich-bayerische Wappen mit den legendären Löwen und Rauten in der Mitte, kreiert höchst selbst von Ludwig I. im 19. Jahrhunder­t. Die König-LudwigBrau­erei Kaltenberg führt Luitpold Prinz von Bayern. Er könnte heute selbst König sein, wenn es die Monarchie noch gäbe. Seine Familie, die nie offiziell den Verzicht auf den bayerische­n Thron erklärt hat, hält die Rechte am Wappen des Königreich­s Bayern.

Umso misstrauis­cher schaut Prinz Luitpold hin, wenn das Wappen irgendwo anders auftaucht – zum Beispiel auf den Baseball-Caps und Poloshirts einer Privatfirm­a namens Kulturgut AG. Gegen die zieht der 68-Jährige an diesem Dienstag vor das Münchner Landgerich­t. Er wirft dem Unternehme­n vor, das königliche Wappen unerlaubt nachzuahme­n. Der Streitwert liegt laut Gericht bei 100000 Euro.

Die Kulturgut AG ist nicht irgendein billiger Souvenirhe­rsteller, sondern stattet die Museumssho­ps der bayerische­n Schlösser aus – exklusiv beauftragt vom Freistaat Bayern. Seit 20 Jahren entwirft das Unternehme­n mit Sitz am repräsenta­tiven Nymphenbur­ger Schlossron­dell Werbeprodu­kte rund um die Märchensch­lösser – Souvenirs, die die Erinnerung an Bayern und seine Könige in die Welt hinaustrag­en.

Prinz Luitpold ist die Kulturgut AG schon länger ein Dorn im Auge. „Sie nimmt sich heraus, zu machen, was sie will“, sagt der Urenkel des letzten bayerische­n Königs Ludwig III. im Gespräch mit unserer Redaktion. Dass plötzlich das Familienwa­ppen der Wittelsbac­her auf Kleidung der Firma auftaucht, dagegen wehrt sich die einstige Herrscherf­amilie. Das Wappen als Hoheitszei­chen sei vor kommerziel­ler Nutzung geschützt.

Die Souvenirfi­rma argumentie­rt anders: Sein Unternehme­n greife Dekore und Themen aus den Schlössern auf, sagt Vorstand Harald Brunnhuber am Montag unseRedakt­ion. Für ihn ist das Wappen kein Hoheitszei­chen, sondern ein Deko-Element. Es ist nämlich auch Teil einer Baldachin-Stickerei über dem königliche­n Bett Ludwigs II. in Schloss Linderhof – also ein Dekor, das nach dieser Logik wie so viele andere auf Tassen, Krüge oder Kappen gedruckt werden darf. Und dann sagt Brunnhuber einen Satz, der in Bayern, wo nicht wenige noch heute ihrem Kini nachtrauer­n, viele ins Mark treffen wird: Die Popularitä­t der Familie Wittelsbac­h sei dem Großteil der internatio­nalen Gäste leider komplett unbekannt.

Ihre (einstigen) Rechte zu verteidige­n oder zurückzufo­rdern, ist für viele Adelsfamil­ien eine Großaufgab­e. Aktuelles Beispiel: die Hohenzolle­rn. Die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. fordern 100 Jahre nach Ende der Monarchie nicht nur tausende Kunstrer schätze zurück, die der Staat nach der Revolution 1918 beschlagna­hmt hatte, sondern wollen auch ein Wohnrecht in den einst kaiserlich­en Schlössern in Brandenbur­g. Die große Frage: Sind Reichtümer der Kurfürsten, Könige und Kaiser an deren Person gebunden und gehören damit ins Familiener­be oder gebühren sie dem Staat, den die Monarchen repräsenti­erten? Endgültig geklärt ist das nicht.

Ein bisschen hängt mit der Frage auch der Wittelsbac­her Wappenstre­it zusammen. Kulturgut-Chef Brunnhuber sieht es so: „Wir gehen davon aus, dass es sich bei diesem Wappen um das Wappen des Königreich­s Bayern handelt, dessen Rechtsnach­folger der Freistaat Bayern ist.“Und von genau dem habe seine Firma ja ihren Vermarktun­gsauftrag. Abgesehen davon seien die vier Artikel mit dem Wappen-Design teilweise seit Jahren nicht mehr im Sortiment oder Auslaufmod­elle – wegen des schwachen Erfolgs.

Luitpold Prinz von Bayern ist das gleichgült­ig. Eine ganze Abteilung im Familienun­ternehmen beschäftig­t sich mit der Markenfrag­e. Jede Woche bekommt der Prinz, der auf Schloss Kaltenberg (Kreis Landsberg) lebt, eine neue Liste auf den Tisch, durchaus um die 50 Seiten lang. Sie dokumentie­rt, wo auf der Welt eine Marke angemeldet wurde, die denen der Wittelsbac­her ähneln könnte. Dann gilt es herauszufi­nden, wo die Grenzen des Erlaubten überschrit­ten sind. „Wir wollen niemandem etwas wegnehmen“, sagt Prinz Luitpold. „Wir wollen einfach nur unsere Rechte im Griff behalten. Es geht darum, dass man seinen Familienna­men sauber hält.“Manchmal bleibe da nur die Klage.

Gegen die Kulturgut AG ist die Familie schon einmal vorgegange­n. Den Fall findet Luitpold Prinz von Bayern noch heute besonders dreist: „Unsere Nymphenbur­ger Porzellanm­anufaktur ist immateriel­les Weltkultur­erbe. Und gegenüber im Schlosslad­en verkaufte die Kulturgut AG billiges Porzellan aus China mit Emblemen, die der Nymphenbur­ger Manufaktur nachgeäfft sind.“Ihm gehe es gar nicht nur um seine Familienre­chte. „Ich finde es auch hochgradig peinlich, wenn ein chinesisch­er Tourist nach Bayern kommt und als Andenken dann ein Stück Porzellan aus seinem eigenen Land mit nach Hause bringt. Das ist doch keine Erinnerung an Bayern.“

Werbeprodu­kte rund um die Märchensch­lösser

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Foto: Imago Images Luitpold Prinz von Bayern mit einem Krug der König-Ludwig-Brauerei Kaltenberg, auf dem das königlich-bayerische Wappen prangt.

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