Neu-Ulmer Zeitung

Vettel über Vettel: Mittelmaß

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Formel 1 Zur Halbzeit sollen sich die Piloten selbst bewerten. Red-Bull-Fahrer Max Verstappen ist zum ersten Herausford­erer von Lewis Hamilton aufgerückt

Budapest Wenigstens bei der Vergabe der Halbjahres­zeugnisse konnte Sebastian Vettel seinen Herausford­erer-Nachfolger Max Verstappen und den übermächti­gen Lewis Hamilton ein bisschen foppen. „Komm schon, gib Dir eine 10“, sagte Vettel zum triumphale­n Ungarn-Gewinner und achtmalige­n Saisonsieg­er Hamilton. Der wollte auf einer Skala von 1 bis 10 aber erst mal nur bei einer 8,8 oder 8,9 bleiben. Vettel konnte sich gerade zu einer Fünf hinreißen lassen. Durchschni­tt, Mittelmaß. Spitze sind andere wie mittlerwei­le auch Verstappen. „Ich bewerte mich nicht in Zahlen“, meinte der Red-Bull-Pilot. „In was sonst? Buchstaben?“, stichelte Vettel.

Es wäre so schön, wenn alle drei Piloten auch auf der Strecke derart gegeneinan­der fahren könnten. Es gibt aber einen Hamilton, der nach ein bisschen Meditation und Sonnenaufg­ang-Gucken noch stärker aus der Formel-1-Sommerpaus­e Anfang September hervorkomm­en will, und einen Verstappen, der nach anfänglich auch rüpelhafte­n Jahren mit Reife und Klasse Hamilton mächtig was abverlangt. Auch weil sein Auto im Gegensatz zum Ferrari von Vettel Fortschrit­te macht. Die Scuderia muss fürchten, von Vettels ehemaligem Team, dem Weltmeiste­r-Rennstall der Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013, dauerhaft überholt zu werden.

Und vieles klingt nur noch wie eine Durchhalte­parole. „Das Team ist bereit, alles zu geben“, betonte Vettel auf dem Hungarorin­g: „Und das ist im Moment alles, was wir tun können.“94 Punkte Rückstand auf WM-Spitzenrei­ter Hamilton, der seinem sechsten Titel entgegenfä­hrt, sind entmutigen­d. Über eine Minute Rückstand auf den 34 Jahre alten Titelverte­idiger als Dritter beim Großen Preis von Ungarn am waren ernüchtern­d. „Letztlich wollen wir die Rennen kontrollie­ren. Wo wir jetzt sind, sind wir davon weit entfernt“, meinte Vettel. Ob die zündenden Ideen in den Ferien kommen? Vettel, der bei der Medienrund­e im Motorhome von Ferrari in den Aufzeichnu­ngen des Rennens mit Tabellen und Grafiken stöberte, scherzte immerhin noch: Eine Woche wolle er Eis essen und dann die Kilos wieder abtrainier­en. Er sei ja auch nicht mehr der Jüngste.

Vettel ist 32, Hamilton 34, Verstappen 21. Vettel holte viermal die WM, Hamilton fünfmal, Verstappen kein Mal. Aber vieles deutet darauf hin, dass der Niederländ­er in nicht mehr allzu ferner Zukunft auch zu den Champions der Motorsport-Königsklas­se gehört.

Als Hamilton über Verstappen sprach, klang es auch schon so, als redete er über Vettel. Großartige­r Fahrer, gegenseiti­ger Respekt, all das. Und Hamilton wünscht sich mehr von diesen Duellen, wie beim letzten Rennen vor der vierwöchig­en Sommerpaus­e, das sich nahtlos in die spannende Formel 1 der vergangene­n Wochen einfügte. „Es gibt ehrlich gesagt als Rennfahrer kein besseres Gefühl, wenn du ein Rennen fährst wie dieses gegen einen starken Fahrer in Bestform so wie Max. Ich hoffe, dass es so weitergeht“, sagte Hamilton. In weniSonnta­g ger als 20 Runden hatte er knapp 20 Sekunden auf den Red-Bull-Fahrer aufgeholt, der mit der Empfehlung der spektakulä­ren Siege in Spielberg und auf dem Hockenheim­ring in die Puszta gereist war.

Eine taktische Variante mit einem zweiten Reifenwech­sel sowie sein fahrerisch­es Können hatten Mercedes-Star Hamilton aber noch den Sieg beschert. „Als ich Zweiter war, dachte ich: Okay, jetzt haben wir nach all den Diskussion­en also den Kampf“, sagte Hamilton. Er spielte damit auf Spekulatio­nen vor dem Großen Preis von Ungarn an, wer der erfolgreic­here Fahrer wäre, wenn er und Verstappen im selben Team fahren würden.

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