Warum schlug niemand Alarm?
Skandal Die Staatsanwaltschaft bestätigt einen zweiten Verdachtsfall der Tierquälerei im Unterallgäu. Im Fall Bad Grönenbach stellt sich die Frage, wieso das alles erst jetzt aufkommt
Augsburg Die Geschehnisse um den Hof in Bad Grönenbach und den Tier-Skandal lassen das Allgäu nicht los. Wie am Mittwochnachmittag offiziell bestätigt wurde, steht nun ein weiterer Rinderhalter aus dem Landkreis Unterallgäu unter dem Verdacht der Tierquälerei. Die Staatsanwaltschaft Memmingen teilte mit, Ermittlungen gegen den Betrieb aufgenommen zu haben. Es seien Hinweise auf Verstöße in der Tierhaltung des Großbauern eingegangen, die sich nach einer Vorprüfung bestätigt hätten.
Vor rund einer Woche hatte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit die bisherigen Erkenntnisse über den ersten Fall von Tierquälerei in Bad Grönenbach vorgestellt und von einem „relativ hohen Anteil“an kranken Tieren gesprochen. Bei einigen seien erhebliche, teils ältere Verletzungen festgestellt worden. Bei 191 der gut 1700 Milchkühe habe es Auffälligkeiten gegeben. Von 137 kontrollierten Kälbern seien 46 „behandlungsbedürftig“gewesen. Die Tiere litten etwa an eitrigen Entzündungen sowie Erkrankungen von Augen, Gelenken und Eutern.
Unklar ist weiterhin, warum die Zustände nicht schon früher aufgedeckt wurden. Zwar war der Hof nach Angaben des zuständigen Landratsamtes Unterallgäu in den vergangenen fünf Jahren 34 Mal kontrolliert worden, dabei seien lediglich „tierschutzrechtliche Verstöße im geringen bis mittleren Maße“festgestellt worden.
Am Schlachthof in Buchloe, an den Bad Grönenbacher Tiere geliefert wurden, schlug offenbar ebenfalls niemand Alarm. Auf Nachfrage erklärte die Vion Food Group, die den Schlachthof unterhält, dass es seine Geschäftsbeziehung zu dem Hof am 9. Juli eingestellt hat. Wie viele Tiere aus Bad Grönenbach bei Vion geschlachtet wurden, möchte die Firma nicht sagen. Dafür betont sie, dass für die Kontrolle der angelieferten Tiere ein amtlich bestellter Veterinär zuständig sei. „Der Gesetzgeber gibt vor, in welchen Fällen ein Tier geschlachtet werden und wann es nicht geschlachtet und als Fleisch in die Lebensmittelkette gelangen darf“, lässt sich das Unternehmen zitieren und verweist auf die Zuständigkeit des Landratsamtes Ostallgäu. Dort nachgefragt, erklärt ein Sprecher, alle von den Veterinären festgestellte Auffälligkeiten seien an die für den Hof in Bad Grönenbach zuständigen Behörden, also das Landratsamt Unterallgäu, weitergeleitet worden. Dort nachgefragt, erklärt eine Sprecherin, dass im vergangenen Jahr 1,7 Prozent der aus Bad Grönenbach zu Schlachthöfen gebrachten Tiere beanstandet worden seien. 2019 waren es bisher 0,41 Prozent. „Nach unserer Einschätzung sind diese Zahlen für einen Betrieb dieser Größe unauffällig“, erläutert die Behörde. Nach Recherchen des
läuft die Zusammenarbeit von Veterinär und kontrolliertem Betrieb allerdings manchmal anders als gewünscht. Gegenüber dem Sender gaben dutzende Tierärzte aus ganz Deutschland an, Druck und Einflussnahme seitens der Betriebe bei ihrer Arbeit zu spüren. Auch die Nähe zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem sei ein Problem, heißt es. Vorstände des Vereins „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft“schlagen daher vor, Veterinäre im Rotationsverfahren einzusetzen. Das Veterinäramt Ostallgäu erklärt, dass dies nicht nötig sei. In Bayern gelte bereits seit 2007 die Vorschrift, Kontrolleure alle fünf, spätestens sieben Jahre zu versetzen. Die durch den Verein erhobenen Vorwürfe seien nicht nachvollziehbar. »Kommentar auf der ersten Bayern-Seite