Der neue Neureuther
Porträt Er ist der erfolgreichste deutsche Weltcup-Skifahrer aller Zeiten. Ein Liebling der Massen. Und seit Kurzem Sport-Rentner. Jetzt geht Felix Neureuther die nächste Karriere an. Es gibt viel zu erzählen. Treffpunkt: in seinem Auto
30-Jährige hat sich noch nicht erklärt. „Ich habe da so ein Gefühl, wenn einer so lange überlegen muss …“, sagt Neureuther.
Jetzt gibt es keine Rivalität mehr, jetzt gibt es vor allem „meine kleine Familie“. Tochter Matilda wird im Oktober zwei. Gerade ziehen die Neureuthers in ihr neues Haus um, das sie in Garmisch-Partenkirchen gebaut haben. In Kürze erscheint sein drittes Kinderbuch, das er diesmal zusammen mit Miriam entworfen hat. Titel: Ixi, Mimi und das Zaubermüsli. Dann sein Projekt, das Kinder und Jugendliche zu mehr Bewegung animieren soll. Und eben die Fernsehsache.
An der Schranke zum stehen zwei Wachleute, weißes Hemd, schwarze Hose. „Ah, der Felix“, ruft der eine. „Weißt, wo du hinmusst?“Kurze Pause. „Ne…“, antwortet Neureuther. Ein Wachmann erklärt den Weg. Und Neureuther? Fährt zielsicher auf den Parkplatz von Christoph Netzel.
Jetzt aber Tempo. Der Chef vom Dienst drückt ihm ein paar Zettel in die Hand. Darauf stehen Sätze, die er für einige Einspieler in die Kamera sagen soll. Kurz rüber zu Moderator Markus Othmer, der sich an seinem Schreibtisch auf die Sendung vorbereitet. „Servus Felix“, Handschlag. Weiter in die Maske. Durchatmen. Puder ins Gesicht. Frisur? Passt so, sagt die Visagistin. „Der Felix ist pflegeleicht.“Rüber in die Regie. Bildschirme, Menschen mit Kopfhörern. Neureuther wird verkabelt. Zwei Einspieler werden aufgenommen.
„Das Training im Kraftraum, auf dem Rad – na, das brauch ich nicht mehr.“
Zehn Minuten noch. Im Hintergrund läuft das aktuelle Programm. Ein alter Schinken mit Heinz Erhardt in der Hauptrolle. Dann zählt eine Stimme von zehn herunter. Es geht los.
Später gegen elf sitzt Neureuther in einem kleinen Hinterzimmer auf dem Sofa. „Zu frech?“, fragt er den Sportchef. „Nein, passt.“Häppchen stehen auf dem Tisch, dazu gibt’s Apfelschorle aus der Flasche. Jetzt ist aus dem Sportler auch offiziell ein Fernsehexperte geworden. „Das ist schon gut so“, sagt er. „Mein Körper hätte das Training nicht mehr mitgemacht, das es braucht, um im Weltcup zu fahren.“Knie kaputt, Rücken kaputt.
Nach einem Kreuzbandriss im vergangenen Jahr ist Neureuther nicht mehr richtig in Schwung gekommen. Manchmal habe er sich im Sommer zwar gedacht, dass er jetzt gerne zum Skifahren gehen würde. „Aber das ganze Training außen herum, im Kraftraum, auf dem Rad – na, das brauch ich nicht mehr.“
Trotzdem wird Neureuther im kommenden Winter wieder gut unterwegs sein. Jeden zweiten Weltcup überträgt die „Ich bin vor Ort“, sagt Neureuther. Er soll es anders machen als seine Vorgängerin Maria Höfl-Riesch. Analyse, ja. Aber Neureuther will mehr.
Wie kein anderer kennt er die außergewöhnlichen Charaktere, die sich im Weltcup tummeln, lange genug war er selbst einer von ihnen. „Ich will hinter die Masken schauen, die Menschen zeigen.“Ihm geht es darum, die Faszination des Skisports zu vermitteln. Neureuther ist mit sich im Reinen. Ihm ist gelungen, was viele andere nicht schaffen: Er hat zur richtigen Zeit seine Karriere beendet. Das merke er spätestens dann, wenn er inzwischen wieder einigermaßen schmerzfrei am Morgen das Bett verlassen kann, sagt er. „Natürlich wird es mich in den Fingern jucken, wenn die Jungs in Sölden das erste Rennen der Saison bestreiten, garantiert. Aber ich weiß, dass es gut ist, wie es ist.“
Ganz muss er ja nicht vom Skifahren lassen. Neureuther soll mit einer Kamera auf dem Helm die Weltcupstrecken vor den Rennen abfahren.