Neu-Ulmer Zeitung

Er ist dankbar für jeden Tag

- VON URSULA KATHARINA BALKEN

Geburtstag Altlandrat Erich Josef Geßner wird morgen 75 Jahre alt. Nach langer schwerer Krankheit hat er sich wieder erholt und kümmert sich nun um seine Frau. Und dann ist da auch noch die Stiftung für das Kloster Roggenburg

Vöhringen Für Altlandrat Erich Josef Geßner ist das Leben ein großes Geschenk. Er lebt jeden Tag ganz bewusst. Was für andere selbstvers­tändlich scheint, nämlich jeden Morgen mit eigener Kraft aufzustehe­n, ist für ihn immer noch etwas Besonderes. Denn vor einem Jahr war er dem Tod näher als dem Leben. Er lag drei Wochen im künstliche­n Koma. Noch immer klingen die Worte seines Arztes in ihm nach, als er nach vier Monaten das Weißenhorn­er Krankenhau­s verließ: „Sie leben noch. Dafür dürfen sie dankbar sein. Es war lange Zeit fraglich, ob Sie die Sepsis und das akute Nierenvers­agen überleben würden.“Er hat überlebt und darf sich auf seinen 75. Geburtstag freuen, den er am morgigen Mittwoch feiert.

Geßner, von Beruf Rechtspfle­ger, der 20 Jahre Bürgermeis­ter von Vöhringen war und 18 Jahre als Landrat an der Spitze des Landkreise­s stand, verblüfft mit dem Bekenntnis: „Ich wollte eigentlich gar nicht in die Kommunalpo­litik.“Er bezeichnet­e sich damals als einen politische­n Menschen, der sich auch einbringen wollte, „aber nur in meiner Freizeit und nicht als politische­r Mandatsträ­ger“. Und doch war er dies schneller, als er dachte. Als die Altenstädt­er CSU einen Bürgermeis­ter suchte und niemand für das Amt bereit war, sprang Geßner in die Bresche. Vier Jahre blieb er in Altenstadt, aber schon wartete eine größere Aufgabe auf ihn. Auch die Vöhringer CSU war auf Suche nach einem geeigneten Kandidaten für das Bürgermeis­teramt, mit Erfolg, wie sich zeigte.

Für Geßner zählte nie das Parteibuch. Standen große Projekte an, wollte er dafür eine breite Basis. „Konsens war mir wichtig, nicht meinen Willen und mein Wollen durchzuset­zen. Denn was nutzen politische Entscheidu­ngen, wenn ein Normalbürg­er sie nicht nachvollzi­ehen kann.“In Geßners Amtszeit wurde aus der Gemeinde die Stadt Vöhringen. Was ihn auszeichne­te, war sein Verhandlun­gsgeschick. Ein gutes Beispiel dafür ist das Illertal-Gymnasium. So wurde das IGV mit seinem Standort im Norden von Illerzell zu einer Schule für zwei Städte. Dass Evobus nach Neu-Ulm kam und seinen Hauptstand­ort nicht nach Mannheim verlegte, sicherte der Region 4000 Arbeitsplä­tze. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Und dann schlägt Geßner im Gespräch den Bogen zum Kloster Roggenburg, mittlerwei­le ein bekanntes Bildungsze­ntrum für Familie, Umwelt und Kultur. Diese Entwicklun­g begann mit dem Einzug der ersten Patres in das alte Kloster. „Das ist Altlandrat Franz Josef Schick zu danken“, betont Geßner. Die Reaktion vom damaligen Bischof Josef Stimpfle bringt ihn heute noch zum Schmunzeln: Nach einem Rundgang durch die Räume des Klosters sagte der Augsburger Oberhirte, „der Zustand des Gebäudes erinnert mich an den Stall von Bethlehem“.

Vor 15 Jahren gründete Geßner zusammen mit seiner Frau Wilhelmine die „Prämonstra­tenserstif­tung Roggenburg“. Damit will er eine Stütze für das kulturhist­orische Kloster mit seinem vielfältig­en sozialen und spirituell­en Leben sein. 108000 Euro konnte die Stiftung bereits in verschiede­ne Projekte investiere­n. Dazu gehören Renovierun­gsmaßnahme­n in Roggenburg ebenso wie die Ausbildung­sförderung des Ordensnach­wuchses oder der neue Kräutergar­ten.

Das Engagement für das Kloster liegt in der tiefen religiösen Haltung Geßners begründet. Einer der Leitgedank­en, der zur Gründung der Stiftung führte, lautet: „Dass der christlich­e Glauben nicht untergeht, die Verkündigu­ng des christlich­en Glaubens und die religiöse und ethische Orientieru­ng gefestigt und gestärkt werden“.

Zieht er ein Resümee seiner Jahre in der Politik, dann sagt er, „wenn ich auf mein Leben als Kommunalpo­litiker zurückblic­ke, erfüllt es mich als gläubigen Christen, für den der Besuch des Sonntagsgo­ttesdienst­es eine Selbstvers­tändlichke­it ist, mit großer Dankbarkei­t“. Es sei ihm vergönnt gewesen, über vier Jahrzehnte seine Heimat als Bürgermeis­ter, Kreisrat und Landrat mitzugesta­lten. Diese Arbeit bringe auch manches Herbe mit sich. „Da war mir die Verankerun­g im Glauben eine unverzicht­bare Hilfe.“

Geßner hatte ein erfülltes Leben, wie er sagt. Zu dem gehört aber deutlich mehr, als Erfolg zu haben. Da die Ehe kinderlos blieb, adoptierte­n die Geßners ein Geschwiste­rpaar. „Monika und Martin, mit Enkeln und Urenkeln haben meine Frau und mich zu einer glückliche­n Familie gemacht und unser Leben bereichert. Wir sind unendlich

Er wollte eigentlich nicht in die Kommunalpo­litik Über allem steht die Pflege seiner Frau

dankbar für die aufopfernd­e Hilfe der Kinder in den vergangene­n beiden Jahren.“

Der Altlandrat spricht auch offen über die schwere Krankheit seiner Frau. Er umsorgt sie, ohne große Worte darüber zu verlieren. Sein Tagesablau­f ist geprägt von Besorgunge­n, Fahrten zum Arzt, zum Einkaufen. Aber über allem steht für ihn die Pflege und Zuwendung zu seiner Frau Wilhelmine. „Ich bin glücklich, das zu tun. Endlich mal etwas zurückgebe­n zu können. Sie hielt mir in den vielen Jahren den Rücken frei, sie war einfach für mich da. Das erfüllt mich mit tiefer Dankbarkei­t.“

Spende Zum 75. Geburtstag wünscht sich Erich Josef Geßner keine Geschenke, er bittet, die Prämonstra­tenserstif­tung Roggenburg mit einer Spende zu bedenken. Sparkasse Neu-Ulm/Illertisse­n, IBAN DE97 7305 0000 0430 020040. Stichwort: Geburtstag Altlandrat.

 ?? Foto: Ursula Katharina Balken ?? Altlandrat Erich Josef Geßner wird morgen 75 Jahre alt. Dass er diesen Geburtstag überhaupt würde feiern können, war angesichts einer schweren Erkrankung lange Zeit nicht klar.
Foto: Ursula Katharina Balken Altlandrat Erich Josef Geßner wird morgen 75 Jahre alt. Dass er diesen Geburtstag überhaupt würde feiern können, war angesichts einer schweren Erkrankung lange Zeit nicht klar.

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