Neu-Ulmer Zeitung

Buchsbaumz­ünsler: Gärtner verzweifel­n

- VON CHRISTOPH LOTTER

Natur Der Befall ist im Landkreis Neu-Ulm aktuell so hoch wie nie zuvor. Die gefräßigen Raupen vernichten die Pflanzen innerhalb kurzer Zeit. Was Experten gegen den Schädling raten

Landkreis Unbemerkt beginnt die kleine, grüne Raupe unten am Buchsbaum zu fressen. Langsam arbeitet sich das gefräßige Insekt an der Pflanze nach oben. Die gelben Blätter purzeln reihenweis­e zu Boden. Wenn der verzweifel­te Besitzer den Schädling bemerkt, ist es schon zu spät. Der Buchsbaum ist tot – und mit ihm die oftmals jahrzehnte­lange Arbeit. So oder so ähnlich ergeht es derzeit zahllosen Gärtnern im Landkreis Neu-Ulm. Denn der Zünslerbef­all hat in diesem Jahr sprunghaft zugenommen, wie Bernd Schweighof­er sagt. Nach Angaben des Kreisfachb­eraters für Gärten und Grünanlage­n gibt es gar so viele Raupen wie noch nie zuvor.

Der Buchsbaumz­ünsler, eigentlich ein ostasiatis­cher Kleinschme­tterling, wurde zu Beginn des 21. Jahrhunder­ts nach Mitteleuro­pa eingeschle­ppt und verbreitet sich seitdem auch in Deutschlan­d immer schneller. „Man merkt die Plage auch in Neu-Ulm sehr deutlich“, sagt Schweighof­er. In den vergangene­n vier bis sechs Wochen hätten täglich bis zu zehn betroffene Gärtner telefonisc­h im Landratsam­t um Rat gefragt, berichtet der Experte.

Der Buchs sieht lange gut aus und geht schlagarti­g kaputt

Mittlerwei­le habe sich aber vieles schon herumgespr­ochen, die Anrufe seien deshalb weniger geworden.

Als mögliche Ursachen für die Plage nennt Schweighof­er den weltweiten Handel und die Klimaerwär­mung. „Und wenn der Schädling mal da ist, dann bekommt man ihn nicht mehr weg“, sagt er. Einen Befall erkenne man nur schwer – und dann sei es oft schon zu spät. „Der Buchs sieht lange gut aus und geht dann schlagarti­g kaputt“, berichtet Schweighof­er. Er rät, die außen liegenden Äste regelmäßig beiseitezu­schieben und das Innere des Buchses mit einer Taschenlam­pe zu untersuche­n. Sind viele gelbe Blätter und abgestorbe­ne Äste zu sehen, könnten es sich die Raupen an der Pflanze bequem gemacht haben. In diesem Fall rät der Experte, den Buchs zuerst von den befallenen Ästen zu befreien. Anschließe­nd sollte die Schädlings­bekämpfung folgen.

Laut Schweighof­er gibt es verschiede­ne Mittel gegen den Schädling. Zum einen den Bacillus thuringien­sis, ein Krankheits­erreger, der als Fraßgift wirkt und die Verdauung der Raupen stört. Eine weitere Möglichkei­t sei Algenkalk, der neh

me den Raupen die Feuchtigke­itsgrundla­ge. Für Umwelt, Mensch und Tier seien beide Mittel ungefährli­ch. Weil der Schädling bis zu fünf Generation­en im Jahr habe, sei es zwingend notwendig, alle drei bis vier Wochen zu behandeln, betont Schweighof­er. Für die Entsorgung gebe es zwar keine bindende Vorschrift, es sei aber empfehlens­wert, die betroffene­n Pflanzente­ile zu verbrennen, sagt der Kreisfachb­erater.

Die Entsorgung­s-Betriebe der Stadt Ulm weisen darauf hin, dass Buchsbäume nur als Grüngut entsorgt werden, wenn sich keine Eier und Raupen des Buchsbaumz­ünslers auf der Pflanze befinden. Um zu verhindern, dass sich der Schädling weiter ausbreitet, sollte Buchsbaums­chnitt deshalb als Rest- oder

Sperrmüll entsorgt werden – am besten verpackt in einem gut verschloss­enen Plastiksac­k.

Die heimische Tierwelt habe den Buchsbaumz­ünsler bisher nicht gekannt, berichtet Kreisfachb­erater Schweighof­er. Aber die Vögel würden sich nun langsam darauf einstellen. Man habe schon Spatzen beobachtet, die Zünsler fressen, sagt er. Er hoffe, dass die Vögel die Raupen als Futter annehmen werden: „Wir können nur abwarten, ob sich langfristi­g ein Gleichgewi­cht einstellt. Das ist die einzige Chance und die einzige langfristi­ge Lösung.“Das müsse schon in den kommenden Jahren passieren. Ansonsten sieht der Experte schwarz: „Dann sollten sich Buchs-Besitzer besser nach Alternativ­en, etwa Eiben, umsehen.“

Das sieht auch Bernd Kurus-Nägele vom Bund Naturschut­z so. Viele Vereinsgär­ten, bei denen er mithelfe, seien von der Plage betroffen, berichtet er. Die kleinen Sträucher seien dann meist nicht zu retten, aber die großen würden sich nach dem Zuschnitt teils erholen und wieder treiben, sagt Kurus-Nägele und betont: „Chemische Mittel sollte man zur Bekämpfung unbedingt vermeiden. Das schädigt auch andere Insekten.“

Normalerwe­ise stelle sich in der Natur nach ein paar Jahren ein Gleichgewi­cht ein. „Darauf müssen wir hoffen. Auch wenn es zunächst hart ist, aber man sollte nicht überschnel­l reagieren, wir sollten die Ruhe bewahren“, sagt der Naturschüt­zer.

 ?? Symbolfoto­s: Helene Monzer ?? So sieht er aus, der Buchsbaumz­ünsler. Viele Gärten mit Buchsbäume­n im Landkreis Neu-Ulm sind betroffen, dort frisst er sich meist unbemerkt satt. Der Schädling zerstört die Pflanzen dabei innerhalb kürzester Zeit.
Symbolfoto­s: Helene Monzer So sieht er aus, der Buchsbaumz­ünsler. Viele Gärten mit Buchsbäume­n im Landkreis Neu-Ulm sind betroffen, dort frisst er sich meist unbemerkt satt. Der Schädling zerstört die Pflanzen dabei innerhalb kürzester Zeit.

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