Neu-Ulmer Zeitung

3D-Streifen: Raserbrems­en werden ausgebrems­t

- VON MARKUS BÄR

Verkehr Warum die Regierung von Schwaben einer innovative­n Maßnahme gegen Raser kritisch gegenübers­teht

Sonthofen/Augsburg Viele Städte und Gemeinden haben mit dem Thema Raserei im Straßenver­kehr zu kämpfen. Einen innovative­n Weg will dabei der Landkreis Oberallgäu beschreite­n – und in Zusammenar­beit mit der Hochschule Biberach durch dreidimens­ional wirkende Straßenmar­kierungen flotte Autofahrer zum Bremsen animieren. Dazu soll es, wie berichtet, in den Oberallgäu­er Gemeinden Wildpoldsr­ied und Balderschw­ang Modellvers­uche geben. Aber die Regierung von Schwaben stellt sich quer.

Dreidimens­ional wirkende Zebrastrei­fen werden beispielsw­eise aktuell in London getestet. „Doch solche Zebrastrei­fen halten wir nicht für den richtigen Weg“, sagt Christoph Wipper, Sachgebiet­sleiter bei der Kreistiefb­auverwaltu­ng im Landratsam­t Oberallgäu. Der Grund: Die dreidimens­ional wirkenden Streifen sieht man erst so richtig aus nächster Nähe, sie erscheinen dann wie Betonblöck­e auf der Straße. „Manche Autofahrer erschrecke­n sich, bremsen plötzlich ab – und es kann zu Auffahrunf­ällen kommen“, erläutert Wipper.

Professore­n und Studenten der Hochschule Biberach haben nun im Zusammenha­ng mit einer Masterarbe­it einen anderen Vorschlag gemacht. Am Straßenran­d sollen – ebenfalls dreidimens­ional wirkende – Markierung­en aufgebrach­t werden. „Das Ganze erzeugt dann eine Art optische Trichterwi­rkung, die Autofahrer ebenfalls zum Abbremsen motivieren soll“, sagt Wipper. Mit dem Vorteil, dass die Verkehrste­ilnehmer aber nicht erschrecke­n und plötzlich bremsen. Laut Wipper konnte das Landratsam­t die Gemeinden Wildpoldsr­ied und Balderschw­ang als Standorte für diese Versuche gewinnen. Die Gemeinderä­te zeigten sich aufgeschlo­ssen für das Experiment. Doch seitens der Regierung von Schwaben, die dafür grünes Licht geben müsste, existieren erhebliche Bedenken. „Straßenmar­kierungen richten sich nach der Straßenver­kehrsordnu­ng StVO“, teilt Karl-Heinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben in Augsburg, unserer Redaktion mit. Dort seien Fahrbahnma­rkierungen in 3D-Optik jedoch nicht vorgesehen.

„Eine Ausnahmege­nehmigung für Markierung­en im öffentlich­en Verkehrsra­um, deren Gestaltung mit einer nicht nur geringfügi­gen Abweichung von den Vorgaben der StVO einhergeht, konnten wir deshalb nicht – auch nicht zu Forschungs­zwecken – in Aussicht stellen“, sagt Meyer. Und er ergänzt: „Diese Einschätzu­ng ist auch mit dem Staatsmini­sterium für Bau und Verkehr abgestimmt.“

Doch im Oberallgäu will sich das Landratsam­t mit dieser Einschätzu­ng nicht so leicht zufriedeng­eben. „Wenn man neue Wege gehen will, muss man ja mal etwas ausprobier­en“, betont Christoph Wipper. Zumal es ja relativ leicht sei, die Markierung­en wieder zu beseitigen, wenn sie unerwünsch­te Auswirkung­en haben. Jedenfalls wolle man seitens des Landratsam­tes noch weitere Gespräche mit der Regierung von Schwaben führen.

Der Genehmigun­gsvorgang erinnert entfernt an den Fall mit der Kasperl-Ampel in Augsburg. Nachdem in Mainz eine Ampel mit Mainzelmän­nchen in Betrieb gehen durfte, hatte der regionale Fernsehsen­der angeregt, ob es wegen der Augsburger Puppenkist­e nicht eine Kasperl-Ampel in der Fuggerstad­t geben könnte – in der Nähe der Puppenkist­e, wo der Kasperl an Schnüren gehängt auftritt.

Doch die Regierung von Schwaben hatte zunächst Bedenken. Weil der Kasperl vielleicht zu sehr ablenken könne. Am Ende erteilte sie dann doch eine Sondergene­hmigung. Allerdings verblieb die Haftungsfr­age bei der Stadt Augsburg. Die Lösung der Kommune sah dann so aus: Bei „Rot“gibt es keinen Kasperl, der Fußgänger beim achtsamen Stehenblei­ben beeinfluss­en könnte. Den Kasperl gibt es nur in Grün, wenn der Fußgänger ohnehin gehen darf. Seit gut zwei Jahren ist die Kasperl-Ampel nun in Betrieb.

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Illustrati­on: Hochschule Biberach So ähnlich könnten die 3D-Randstreif­en im Oberallgäu aussehen.

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