3D-Streifen: Raserbremsen werden ausgebremst
Verkehr Warum die Regierung von Schwaben einer innovativen Maßnahme gegen Raser kritisch gegenübersteht
Sonthofen/Augsburg Viele Städte und Gemeinden haben mit dem Thema Raserei im Straßenverkehr zu kämpfen. Einen innovativen Weg will dabei der Landkreis Oberallgäu beschreiten – und in Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach durch dreidimensional wirkende Straßenmarkierungen flotte Autofahrer zum Bremsen animieren. Dazu soll es, wie berichtet, in den Oberallgäuer Gemeinden Wildpoldsried und Balderschwang Modellversuche geben. Aber die Regierung von Schwaben stellt sich quer.
Dreidimensional wirkende Zebrastreifen werden beispielsweise aktuell in London getestet. „Doch solche Zebrastreifen halten wir nicht für den richtigen Weg“, sagt Christoph Wipper, Sachgebietsleiter bei der Kreistiefbauverwaltung im Landratsamt Oberallgäu. Der Grund: Die dreidimensional wirkenden Streifen sieht man erst so richtig aus nächster Nähe, sie erscheinen dann wie Betonblöcke auf der Straße. „Manche Autofahrer erschrecken sich, bremsen plötzlich ab – und es kann zu Auffahrunfällen kommen“, erläutert Wipper.
Professoren und Studenten der Hochschule Biberach haben nun im Zusammenhang mit einer Masterarbeit einen anderen Vorschlag gemacht. Am Straßenrand sollen – ebenfalls dreidimensional wirkende – Markierungen aufgebracht werden. „Das Ganze erzeugt dann eine Art optische Trichterwirkung, die Autofahrer ebenfalls zum Abbremsen motivieren soll“, sagt Wipper. Mit dem Vorteil, dass die Verkehrsteilnehmer aber nicht erschrecken und plötzlich bremsen. Laut Wipper konnte das Landratsamt die Gemeinden Wildpoldsried und Balderschwang als Standorte für diese Versuche gewinnen. Die Gemeinderäte zeigten sich aufgeschlossen für das Experiment. Doch seitens der Regierung von Schwaben, die dafür grünes Licht geben müsste, existieren erhebliche Bedenken. „Straßenmarkierungen richten sich nach der Straßenverkehrsordnung StVO“, teilt Karl-Heinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben in Augsburg, unserer Redaktion mit. Dort seien Fahrbahnmarkierungen in 3D-Optik jedoch nicht vorgesehen.
„Eine Ausnahmegenehmigung für Markierungen im öffentlichen Verkehrsraum, deren Gestaltung mit einer nicht nur geringfügigen Abweichung von den Vorgaben der StVO einhergeht, konnten wir deshalb nicht – auch nicht zu Forschungszwecken – in Aussicht stellen“, sagt Meyer. Und er ergänzt: „Diese Einschätzung ist auch mit dem Staatsministerium für Bau und Verkehr abgestimmt.“
Doch im Oberallgäu will sich das Landratsamt mit dieser Einschätzung nicht so leicht zufriedengeben. „Wenn man neue Wege gehen will, muss man ja mal etwas ausprobieren“, betont Christoph Wipper. Zumal es ja relativ leicht sei, die Markierungen wieder zu beseitigen, wenn sie unerwünschte Auswirkungen haben. Jedenfalls wolle man seitens des Landratsamtes noch weitere Gespräche mit der Regierung von Schwaben führen.
Der Genehmigungsvorgang erinnert entfernt an den Fall mit der Kasperl-Ampel in Augsburg. Nachdem in Mainz eine Ampel mit Mainzelmännchen in Betrieb gehen durfte, hatte der regionale Fernsehsender angeregt, ob es wegen der Augsburger Puppenkiste nicht eine Kasperl-Ampel in der Fuggerstadt geben könnte – in der Nähe der Puppenkiste, wo der Kasperl an Schnüren gehängt auftritt.
Doch die Regierung von Schwaben hatte zunächst Bedenken. Weil der Kasperl vielleicht zu sehr ablenken könne. Am Ende erteilte sie dann doch eine Sondergenehmigung. Allerdings verblieb die Haftungsfrage bei der Stadt Augsburg. Die Lösung der Kommune sah dann so aus: Bei „Rot“gibt es keinen Kasperl, der Fußgänger beim achtsamen Stehenbleiben beeinflussen könnte. Den Kasperl gibt es nur in Grün, wenn der Fußgänger ohnehin gehen darf. Seit gut zwei Jahren ist die Kasperl-Ampel nun in Betrieb.