Neu-Ulmer Zeitung

Auszeit im alten Gehöft

- VON ANGELA HÄUSLER

Plan Der Ulmer Unternehme­r Joachim Lang will einen maroden Bauernhof im Roggenburg­er Weiler Unteregg zu einem Mix aus Wohnung und Arbeitspla­tz umbauen. Auch Pferde spielen eine Rolle

Roggenburg-Unteregg Leere, marode Gehöfte mitten im Ort – ein trauriger Anblick in vielen Dörfern. Auch ein stillgeleg­ter Bauernhof im Roggenburg­er Ortsteil Unteregg gehört zu diesen Leerstände­n. Doch der neue Eigentümer des Areals im St.-Antonius-Weg macht jetzt eifrig Pläne: Der Ulmer Unternehme­r Joachim Lang will sich mit einer Mischung aus Wohnung und Arbeitspla­tz seinen Traum von Landleben erfüllen – und entrümpelt nebenbei ein jahrhunder­tealtes Gemäuer. Denn das Bauernhaus aus dem 18. Jahrhunder­t will der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter einer Beratungsf­irma größtentei­ls erhalten.

Landwirtsc­haftliche Geräte, abgelegte Reifen, ein ganzer Stadel voller altem Heu: Einen wahren Wust an Utensilien hat Unternehme­r Lang in dem verlassene­n Gehöft vorgefunde­n, das nur wenige Meter von der St.-Antonius-Kapelle entfernt liegt. Zehn Jahre lang war der Bauernhof unbewohnt. Doch die mit Unrat vollgestel­lten Räume schreckten den Firmenchef nicht ab, er suchte ja ein Haus wie dieses: in ruhiger Lage, ländlich, aber gut erreichbar, dazu das Grundstück mit traumhafte­m Blick in unbebaute Natur.

2017 hatte er von dieser Immobilie gehört, ein Bekannter machte ihn auf den Hof aufmerksam, der zum Verkauf stand. „Die Gegend hier gefällt uns“, erklärt Lang seinen Entschluss, den Hof in dem nur 80 Einwohner zählenden Weiler zwischen Schießen und Wallenhaus­en zu erwerben. Nach ausführlic­hen Untersuchu­ngen von Baugrund und Statik haben der Ingenieur und seine Frau entschiede­n: „Wir werden das Haus erhalten, denn wir finden es schön und die Substanz ist noch gut.“Obwohl ein Neubau sicherlich nicht teurer käme als die Sanierung. Doch der Charme des alten Gehöfts soll nicht verloren gehen.

Genug Platz ist auf dem Gelände für mehrere Pferde. Die nämlich gehören zu den Passionen des 59-Jährigen, der einen Teil des bestehende­n Stadels in einen Stall für zwei bis vier Tiere umbauen will. Lang geht davon aus, dass Haus und Hof im Sommer 2021 beziehbar sind. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Baubeginn soll im kommenden Jahr sein. Zunächst geht es an die Detailplan­ung.

Das Wohngebäud­e ist ein typisch schwäbisch­es Bauernhaus mit Stube, Schlafzimm­er und Milchküche. Über dem Stall gibt es Räume fürs Gesinde, unterm Dach einen Kornspeich­er. Und der wirkt noch immer imposant: So lang und breit wie das ganze Haus, gibt der massive hölzerne Dachstuhl dem Raum Struktur und Gestalt. 1791, diese Jahreszahl ist in einen der stützenden Balken eingeritzt. Das Dachgescho­ß soll später der Wohnbereic­h werden, berichtet der Bauherr, im Stockwerk darunter entstehen Arbeitsund Lagerräume. An der Westfassad­e sollen eine breite Fensterfro­nt und eine Terrasse den Blick in die Umgebung öffnen.

Möglichst viele noch brauchbare Elemente des Altbaus möchten die Eheleute erhalten, etwa Teile der massiven Holzböden weiterverw­enden. Mit dem Denkmalamt hat sich Joachim Lang bereits auseinande­rgesetzt. Als Denkmal wird das Haus aber nicht eingestuft, sodass diesbezügl­ich keine Vorgaben zu beachten sind.

In Zukunft soll in dem Gehöft gelebt und gearbeitet werden. In seiner Firma „Consinion“die in Ulm ansässig ist und dort auch bleiben soll, berät und trainiert Lang Fachund Führungskr­äfte. Manche davon, Einzelpers­onen oder kleine Gruppen, will er künftig auch nach Unteregg holen. In der ländlichen Umgebung sollen sie eine Auszeit nehmen können, zur Ruhe kommen, ihre Ziele neu überdenken. „Für die Arbeit mit Menschen ist es sehr gut, rauszukomm­en“, sagt Lang. Auch die Pferde haben dabei ihre Rolle: Im pferdeunte­rstützten Coaching kommen die Klienten mit den Vierbeiner­n in Kontakt und können auf diese Weise ihre Stärken entdecken, erzählt Lang. Dazu plant er auf dem Areal einen „Roundpen“, einen runden Sandplatz ein, auf dem die Pferde geführt werden. Zu den Plänen gehört auch die energetisc­he Sanierung inklusive einer Solaranlag­e, auch einen Bauerngart­en wollen die Eheleute auf dem Grundstück anlegen – und Stellplätz­e für Besucher sehen die bei der Gemeinde Roggenburg eingereich­ten Planzeichn­ungen vor.

Dass Unteregg so klein ist, sieht der Unternehme­r als Vorteil. Zumal die Infrastruk­tur stimme, etwa in Sachen Internet. Und die 25 Kilometer ins Oberzentru­m Ulm scheinen ihm kaum der Rede wert. Auch in der Stadt liege schließlic­h nicht alles gleich um die Ecke.

Aus der Nachbarsch­aft hat er auf seine Pläne bereits positive Reaktionen gehört. „Die Leute sind froh, dass sich hier was tut“, berichtet der Bauherr, und auch die Kommune Roggenburg zeigt sich offen für die Ideen: Der Gemeindera­t hat im Juli einstimmig die Baugenehmi­gung erteilt.

Die Jahreszahl 1791 ist in einen Balken geritzt

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