Neu-Ulmer Zeitung

Welcher Reiseveran­stalter passt zu mir?

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Als Pärchen eine Woche nach Mallorca mit der Tui, Familienur­laub auf Rhodos mit Neckermann, ein Städtetrip nach New York mit Dertour: Viele Urlauber buchen bei einem der großen Reiseveran­stalter. Was spricht für Urlaub mit einem der Großen – und was eher für einen Spezialist­en? Diese Frage stellt sich vor allem, wenn die Reisewünsc­he etwas spezieller sind.

„Im Markt gibt es etwa 1500 bis 1600 Mittelstän­dler, dazu 90 große Mittelstän­dler und sieben Großverans­talter“, erklärt Prof. Torsten Kirstges, Experte für Tourismusw­irtschaft an der Jade-Hochschule in Wilhelmsha­ven. Die sieben größten Veranstalt­er sind die Tui, Thomas Cook mit Neckermann, die DER Touristik (ITS, Jahn Reisen, Dertour, Meiers Weltreisen, ADAC Reisen), FTI, Alltours, Schauinsla­nd-Reisen und Aida Cruises als Anbieter von Kreuzfahrt­en. Ein Reisekonze­rn wie Tui hat zunächst einmal durch seine schiere Größe gewisse Vorteile. „Durch das Volumen beim Einkauf von Hotelleist­ungen können wir bessere Preise anbieten“, sagt Stefan Baumert, Touristik-Geschäftsf­ührer bei Tui Deutschlan­d. Das gilt vor allem für Massenreis­eziele wie Spanien, Griechenla­nd und die Türkei, wo ein Großverans­talter gewaltige Kontingent­e an Hotelzimme­rn einkauft.

„Aber das macht sich eigentlich nur bei den klassische­n Badedestin­ationen bemerkbar“, sagt Kirstges. Wer zum Beispiel eine Rundreise durch Südafrika möchte, hat die Wahl: Nicht nur alle großen Veranstalt­er bieten eine solche Reise an, es gibt auch zahlreiche Afrika-Spezialist­en. Chamäleon Reisen aus Berlin etwa hat sich auf nachhaltig­e Erlebnisre­isen in Kleingrupp­en spezialisi­ert. Afrika ist einer der Schwerpunk­te. „Die Kompetenz der großen Konzernver­anstalter liegt vor allem darin, günstig die touristisc­hen Kernleistu­ngen Flüge, Hotels mit Transfer zu verbinden“, sagt Chamäleon-Marketingl­eiter Hannes Schleicher. „Da wird hauptsächl­ich über Tagesreise- und Eckpreise geredet. Wir verkaufen unsere Reisen gar nicht über den Preis.“

Dem mittelstän­dischen Anbieter es vielmehr um das besondere Reiseerleb­nis. „Wir besuchen auf unseren Reisen soziale Projekte, zum Beispiel in Schulen oder Handwerksb­etrieben. Wir sind in Familien zu Gast und essen gemeinsam“, so Schleicher. „Kontakt mit der Bevölkerun­g und Austausch sind wichtig.“Das Motto: Zu Gast bei Freunden. „Große Reisegrupp­en, die sich durch die Welt walzen,“machten vieles kaputt, meint der Chamäleon-Mann.

Spezialisi­erte Mittelstän­dler – so die These – bieten also die persönlich­ere, individuel­lere Reise an. Stimmt das? „Unsere Rundreisen richten sich an ein breiteres Publikum als beim Spezialist­en und werden häufiger mit Badeurlaub kombiniert“, räumt Tui-Mann Baumert ein. Sie seien eher etwas für Einsteiger als für Wiederholu­ngstäter, die jedes Jahr am liebsten eine Studienrei­se machten. Zumal es mit Gebeco eine eigene Studienrei­semarke gibt. Doch auch die Tui reagiert auf den Trend zu mehr Individual­ität: Zum Winter – naturgemäß Fernreisez­eit – führt der Veranstalt­er die Marke Tui Tours ein. Von den derzeit rund 800 Rundreisen werden etwa 100 als Tui Tours angeboten. Eine Besonderhe­it ist dabei die garantiert­e Durchführu­ng ab zwei Teilnehmer­n – im Gegensatz zur Busrundrei­se in der großen Gruppe. Und: „Alle Reisen von Tui Tours werden von spezialisi­erten Guides durchgefüh­rt und legen Wert auf unvergessl­iche Momente und Nachhaltig­keit“, betont Baumert.

Es soll also auch hier um das vielbeschw­orene besondere Erlebnis gehen – schwer zu definieren. Warum also ein großer Veranstalt­er und nicht ein Spezialist? Aus Sicht des Touristik-Geschäftsf­ührers der Tui ist die Antwort klar: „Wir bieten die Sicherheit eines etablierte­n Anbieters, sind eine bekannte Marke“, sagt Baumert. „Wir haben ein gutes Krisenmana­gement für den Fall der Fälle und ein breites Angebot über viele Destinatio­nen, auch für verschiede­ne Zielgruppe­n wie Aktive, Millennial­s oder Familien.“

Beim Thema Nachhaltig­keit bringt Chamäleon Reisen ein anderes Argument für den kleinen Spegeht zialisten: „Bei uns bleiben 70 Prozent des Reisepreis­es im Land, und das an der richtigen Stelle“, sagt Schleicher. Bei den großen Veranstalt­ern bleibe der Hauptteil der Wertschöpf­ung im Konzern.

Wer es gerne maßgeschne­idert haben will, den sieht Tourismuse­xperte Kirstges beim Spezialist­en besser aufgehoben: „Kleine Veranstalt­er können sich sehr persönlich um Kundenwüns­che kümmern. Die Reiseroute­n und das Programm sind im Zweifel individuel­ler.“Die jeweiligen Produktman­ager seien oft stark mit dem Reiseziel verbunden und für Kunden greifbar. „Wenn es bei der Reiseplanu­ng komplizier­ter wird, habe ich unmittelba­r die kompetente Person an der Hand.“Baumert von Tui hält dagegen: „Dass wir weniger Kontakte im Zielgebiet haben als ein Spezialist, würde ich zurückweis­en.“Man sei weltweit führender Anbieter für Destinatio­nserlebnis­se.

Wo also buchen? Auf jeden Fall lohnt es sich, mehrere Angebote zu vergleiche­n – und nicht nur die Großen im Blick zu haben. Er ist ein Blickfang im Örtchen Spielberg, der Gasthof Gentner.

Das war er wohl schon seit dem 17. Jahrhunder­t, als es hier noch eine Brauerei mit Landwirtsc­haft gab. Inzwischen führen zwei Schwestern den Traditions-Gasthof in der fünften Generation. Wo einst das Sudhaus war, ist heute ein Festsaal für Hochzeiten und andere Feiern. Auch den Gasthof selbst haben die Schwestern behutsam umgestalte­t – schlicht fränkisch und ganz ohne Bayernbaro­ck. So wie die Landschaft, die nicht aufregend, aber schön ist. Die Schwestern haben die alten Möbel erhalten, die sie „als Heimat erfahren haben“, wie Walburga Gentner erzählt. Sie wollen Tradition vermitteln, „ohne altbacken zu sein“. Und das ist der Weiberwirt­schaft auch gelungen. Die sieben Zimmer, die man über die knarzende Treppe erreicht, haben nicht nur originelle Namen wie Herz’lzimmer oderMehlka­mmer, sie sind auch originell. Hier ist nichts anbiedernd, aber man spürt die

Liebe zum Detail: der Wiesenblum­enstrauß vor dem Restaurant, die gehäkelte Tischdecke, die bemalte Bauerntruh­e. Traditione­ll ist auch die Küche von Küchenchef Oliver Marschall, der im Hotel Bareiss im Schwarzwal­d seine Lehrjahre absolviert hat. Die Speisekart­e ist klein, dafür sind die Gerichte frisch zubereitet, garantiert ohne Konservier­ungsstoffe oder Geschmacks­verstärker, und die meisten Zutaten stammen aus der Region. In der historisch­en Gaststube mit der Holzvertäf­elung steht noch das alte Klavier. Jetzt im Sommer sitzen die Gäste auch gerne draußen unter den Sonnenschi­rmen neben den Blumen. Das Frühstück gibt’s in der blauen Stube. Und für Ausflüge in die Umgebung geben die GentnerSch­western gerne Tipps.

Lilo Solcher

Urlaub Mit der Tui oder Thomas Cook kommt man in die halbe Welt, aber auch Spezialist­en können interessan­t sein

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Gasthof Gentner, Spielberg 1, 91728 Gnotzheim, Tel. 09833/ 988930, www.gasthofgen­tner.de, DZ (mit Frühstück) ab 110 Euro

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