Kanadas Sunshine Coast
Der große Irrtum von Captain Vancouver
„Abgeschiedenheit kann ein Vorteil sein“, sagt Lance Holroyd schmunzelnd. Auch er ist Kapitän. Anders als George Vancouver aber liebt er die Fjorde, die nördlich der Städtchen Sechelt, Powell River und Lund wie riesige Krakenarme tief ins Land hineinreichen.
„Wenn wir im Hochsommer Badewetter haben, sind auch sie voll mit Booten, ansonsten herrscht himmlische Ruhe“, sagt Holroyd am Steuer der „Pacific Bear“. Gemächlich gleitet der zum Kreuzfahrtschiff umgebaute Fischkutter aus dem Hafen von Lund. Orcas, Buckelwale und Seehunde lassen sich hier häufig blicken. Über steile Felswände stürzen Wasserfälle hinab, dichte Wälder klettern die Flanken mächtiger Berge empor. Was mag Captain Vancouver damals über die Leber gelaufen sein?
Rund 1000 Fotos und drei Stunden später macht die „Pacific Bear“an der „Homfray Lodge“fest. Die Blockhütte am Fuße des fast 2000 Meter hohen Mount Denman ist für Pacific Coastal Cruises ein Heimathafen mitten in der Wildnis. Maximal 16 Passagiere hüpfen vom Schiff auf den Steg der Lodge, wo Kajaks für Paddeltouren und Boote für die Touren zu den Orcas und Grizzlybären liegen.
Die Orcas nähern sich den Schlauchbooten manchmal bis auf wenige Meter und auch die Grizzlys kommen an Land verdammt nah. Vor allem im Toba Inlet. Das Beobachtungsareal am grün schimmernden Klite River ist eines der jüngsten in British Columbia. Betrieben wird es von First Nations, wie sich die ursprünglichen Einwohner Kanadas nennen. „Entlang des Flusses stehen vier Beobachtungstürme“, sagt Alesta, die aus den Reihen der First Nations stammt. Neben ihrem Studium auf Vancouver Island arbeitet sie als Bären-Guide. Kaum hat sie sich mit ihrer Gruppe auf einer Brücke über dem Klite River postiert, taucht auch schon der erste Grizzly auf. Gemächlich watet das Tier durchs flache Wasser. „Es ist ein mittelgroßes Weibchen“, sagt Alesta und verspricht, „Gleich wird es Lachse fangen!“Zweihundert Meter flussabwärts treffen wir die Bärin wieder. Vor einem der Türme reißt sie mit ihren mächtigen Pranken geschickt einen Lachs nach dem anderen aus dem Fluss. „Die Bären brauchen 20 000 Kalorien am Tag, dafür fangen sie bis zu 20 Fische“, erklärt Alesta. Sie gehört zur neuen Generation der First Nations: gut ausgebildet, selbstbewusst, offen. An der Sunshine Coast gibt es viele Guides wie sie, die Besuchern Natur und Kultur näherbringen. Der verheißungsvolle Name der Sunshine Coast hat mit den First Nations allerdings nichts zu tun. Einer der Siedlerpioniere versuchte schon 1914 mit dem Slogan „The Sunshine Belt“Sommerurlauber an die 180 Kilometer lange Küste zu locken. Als 1951 eine Fährverbindung eingerichtet wurde, griff die Gesellschaft die Idee auf und bewarb das neue Ziel als Sunshine Coast. Darauf wäre der griesgrämige Captain Vancouver wohl nie gekommen.
Weitere Informationen Anreise: Die meisten Flüge nach Vancouver bietet Air Canada an. Von dort erreicht man die Sunshine Coast in rund fünf Stunden mit dem Auto oder mit verschiedenen Flugverbindungen, die von Pacific Coastal Airlines nach Powell River durchgeführt werden. Einreise: Deutschen reichen ein gültiger Reisepass und eine vorher online eingeholte elektronische Reisegenehmigung (eTA) der kanadischen Behörden zur Einreise.
Weitere Infos im Internet
www.sunshinecoastcanada.com