Diademus funkelt wieder
Alte Musik Am Sonntag beginnt die vierte Ausgabe des Festivals im Kloster Roggenburg. Das Programm steht unter dem Motto „Verrückt“– und ist sogar ein bisschen kriminell
Roggenburg Dafür, dass sein Festival Diademus dieses Jahr unter dem Motto „Verrückt“steht, geht es bei Intendant Benno Schachtner derzeit erstaunlich ruhig zu – obwohl das erste Konzerte bereits in wenigen Tagen über die Bühne geht. Vielleicht sogar verrückt ruhig? Schachtner lacht und schüttelt den Kopf. Wenn überhaupt, dann verdächtig ruhig. Die Vorbereitungen liefen inzwischen „wie selbstverständlich“. Aber doch: Es sei schon ein bisschen verrückt, wie etabliert das Festival für Alte Musik im Kloster Roggenburg inzwischen sei.
Am kommenden Sonntag, 25. August, um 16 Uhr startet die vierte Ausgabe von Diademus mit einem Konzert im Klosterhof, das bereits klarmacht, warum dieses Jahr „Verrückt“über dem Programm steht. Das Kammerorchester Concerto 99 unter der Leitung von Christian Weiherer spielt Musik des Spaßvogels Wolfgang Amadeus Mozart und des Querkopfs Joseph Haydn, zwei Komponisten also, die sich auch mal abseits der Spur bewegten. Ganz so, wie es der international gefragte Countertenor Benno Schachtner mit seinem Festival auch selbst gerne hat: „Wir wollen uns nicht mit dem Mainstream bewegen, aber wir wollen uns ihm auch nicht entgegenstellen“, sagt er entschlossen. Der Intendant will einen eigenen Weg gehen – und möglichst viele Menschen auf diesen mitnehmen.
Dabei helfen soll eine Neuerung im Programm: Erstmals gibt es 2019 einen „Artist in Residence“, also einen Künstler, der das gesamte Festival begleitet. Es ist aber kein Musiker oder Sänger, sondern ein Profi-Sprecher: Peter Bieringer, früher Radio- und Fernsehmoderator, wird bei den Konzerten unter anderem aus literarischen Texten und Briefen lesen und so den Besuchern den Zugang zur Musik erleichtern. „Wir wollen dem Publikum auch zeigen, wie die Menschen damals, als diese Werke entstanden sind, getickt haben.“
Dass sie manchmal ein bisschen verrückt waren, legt das Festivalmotto nahe. Und dieser Verdacht dürfte sich bei der neuen Ausgabe von „Nachtaktiv“(Freitag, 30. August) erhärten. Das Format besteht wieder aus zwei einzelnen Konzerten, beim ersten (19 Uhr, Tenne) stehen Stücke von kriminellen Komponisten auf dem Programm, beim zweiten (21 Uhr, Bibliothek) erklingen Lieder von Meistern zwischen Genie und Wahnsinn. Auf
„Nachtaktiv“freut sich Schachtner besonders, vor allem wegen einer Überraschung, die die Besucher erwartet. „Wir werden mehr bieten als die zwei Programmpunkte, die bekannt sind“, sagt der Intendant und grinst.
Auch abseits von „Nachtaktiv“ist das Festival klammheimlich gewachsen. Die Chorakademie, zu der Schachtner 15 Sänger aus semiprofessionellen Ensembles eingeladen hat, ist nun gleichzeitig auch ein Meisterkurs – Ulrich Messthaler, Schachtners früherer Professor an der Schola Cantorum Basiliensis, kümmert sich um die Stimmbil
dung. Die Akademie, deren Teilnehmer am Ende einen Festgottesdienst in der Klosterkirche (Sonntag, 1. September, 10 Uhr) und später auch noch das Abschlusskonzert (16 Uhr) mitgestalten, ist dieses Jahr noch ein Probelauf. Für die nächste Ausgabe können sich engagierte Sänger und Sängerinnen bewerben, voraussichtlich ab Herbst.
Vorher aber muss Schachtner mit seinem Team noch das Festival organisatorisch über die Bühne bringen. Was bei aller derzeit herrschenden Ruhe durchaus eine Herausforderung ist. „Unser Gesamtbudget ist nur ein Bruchteil von
dem, was andere Festivals allein von der Kommune bekommen.“Zudem ist er auch selbst künstlerisch gefordert, wenn auch weniger als im vergangenen Jahr, als er viele Tage mit der Vorbereitung seines OratorienPasticcios verbrachte. Dieses Jahr hat er die musikalische Leitung beim Festgottesdienst inne – und singt beim Abschlusskonzert, das dieses Jahr im Zeichen von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach steht. Nein, verrückt waren die beiden nicht gerade, aber dass sie auch Musik abseits der bekannten Spur schufen, das soll das Diademus-Finale zeigen.