Neu-Ulmer Zeitung

Diademus funkelt wieder

- VON MARCUS GOLLING

Alte Musik Am Sonntag beginnt die vierte Ausgabe des Festivals im Kloster Roggenburg. Das Programm steht unter dem Motto „Verrückt“– und ist sogar ein bisschen kriminell

Roggenburg Dafür, dass sein Festival Diademus dieses Jahr unter dem Motto „Verrückt“steht, geht es bei Intendant Benno Schachtner derzeit erstaunlic­h ruhig zu – obwohl das erste Konzerte bereits in wenigen Tagen über die Bühne geht. Vielleicht sogar verrückt ruhig? Schachtner lacht und schüttelt den Kopf. Wenn überhaupt, dann verdächtig ruhig. Die Vorbereitu­ngen liefen inzwischen „wie selbstvers­tändlich“. Aber doch: Es sei schon ein bisschen verrückt, wie etabliert das Festival für Alte Musik im Kloster Roggenburg inzwischen sei.

Am kommenden Sonntag, 25. August, um 16 Uhr startet die vierte Ausgabe von Diademus mit einem Konzert im Klosterhof, das bereits klarmacht, warum dieses Jahr „Verrückt“über dem Programm steht. Das Kammerorch­ester Concerto 99 unter der Leitung von Christian Weiherer spielt Musik des Spaßvogels Wolfgang Amadeus Mozart und des Querkopfs Joseph Haydn, zwei Komponiste­n also, die sich auch mal abseits der Spur bewegten. Ganz so, wie es der internatio­nal gefragte Counterten­or Benno Schachtner mit seinem Festival auch selbst gerne hat: „Wir wollen uns nicht mit dem Mainstream bewegen, aber wir wollen uns ihm auch nicht entgegenst­ellen“, sagt er entschloss­en. Der Intendant will einen eigenen Weg gehen – und möglichst viele Menschen auf diesen mitnehmen.

Dabei helfen soll eine Neuerung im Programm: Erstmals gibt es 2019 einen „Artist in Residence“, also einen Künstler, der das gesamte Festival begleitet. Es ist aber kein Musiker oder Sänger, sondern ein Profi-Sprecher: Peter Bieringer, früher Radio- und Fernsehmod­erator, wird bei den Konzerten unter anderem aus literarisc­hen Texten und Briefen lesen und so den Besuchern den Zugang zur Musik erleichter­n. „Wir wollen dem Publikum auch zeigen, wie die Menschen damals, als diese Werke entstanden sind, getickt haben.“

Dass sie manchmal ein bisschen verrückt waren, legt das Festivalmo­tto nahe. Und dieser Verdacht dürfte sich bei der neuen Ausgabe von „Nachtaktiv“(Freitag, 30. August) erhärten. Das Format besteht wieder aus zwei einzelnen Konzerten, beim ersten (19 Uhr, Tenne) stehen Stücke von kriminelle­n Komponiste­n auf dem Programm, beim zweiten (21 Uhr, Bibliothek) erklingen Lieder von Meistern zwischen Genie und Wahnsinn. Auf

„Nachtaktiv“freut sich Schachtner besonders, vor allem wegen einer Überraschu­ng, die die Besucher erwartet. „Wir werden mehr bieten als die zwei Programmpu­nkte, die bekannt sind“, sagt der Intendant und grinst.

Auch abseits von „Nachtaktiv“ist das Festival klammheiml­ich gewachsen. Die Chorakadem­ie, zu der Schachtner 15 Sänger aus semiprofes­sionellen Ensembles eingeladen hat, ist nun gleichzeit­ig auch ein Meisterkur­s – Ulrich Messthaler, Schachtner­s früherer Professor an der Schola Cantorum Basiliensi­s, kümmert sich um die Stimmbil

dung. Die Akademie, deren Teilnehmer am Ende einen Festgottes­dienst in der Klosterkir­che (Sonntag, 1. September, 10 Uhr) und später auch noch das Abschlussk­onzert (16 Uhr) mitgestalt­en, ist dieses Jahr noch ein Probelauf. Für die nächste Ausgabe können sich engagierte Sänger und Sängerinne­n bewerben, voraussich­tlich ab Herbst.

Vorher aber muss Schachtner mit seinem Team noch das Festival organisato­risch über die Bühne bringen. Was bei aller derzeit herrschend­en Ruhe durchaus eine Herausford­erung ist. „Unser Gesamtbudg­et ist nur ein Bruchteil von

dem, was andere Festivals allein von der Kommune bekommen.“Zudem ist er auch selbst künstleris­ch gefordert, wenn auch weniger als im vergangene­n Jahr, als er viele Tage mit der Vorbereitu­ng seines OratorienP­asticcios verbrachte. Dieses Jahr hat er die musikalisc­he Leitung beim Festgottes­dienst inne – und singt beim Abschlussk­onzert, das dieses Jahr im Zeichen von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach steht. Nein, verrückt waren die beiden nicht gerade, aber dass sie auch Musik abseits der bekannten Spur schufen, das soll das Diademus-Finale zeigen.

 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Die Klosterkir­che in Roggenburg bietet bei der vierten Ausgabe von Diademus den prächtigen Rahmen für mindestens zwei Konzerte.
Archivfoto: Alexander Kaya Die Klosterkir­che in Roggenburg bietet bei der vierten Ausgabe von Diademus den prächtigen Rahmen für mindestens zwei Konzerte.
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Benno Schachtner
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Peter Bieringer

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