Neu-Ulmer Zeitung

Gegen den Rassismus in der Stadt

- VON SEBASTIAN MAYR

Gesellscha­ft Nach dem Angriff auf eine Gruppe von Afrikanern fordert die Ulmer SPD-Fraktion ein Konzept, in dem es um Opferberat­ung geht. Die Räte warnen auch vor der Identitäre­n Bewegung

Ulm Die SPD-Fraktion im Ulmer Gemeindera­t fordert, dass die Stadt ein Antirassis­muskonzept entwickelt und ein Gremium Rechtsextr­emismus und Rassismus einrichtet. Den Sozialdemo­kraten geht es um Rassismus im Alltag, aber auch um eine vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­em eingestuft­e Gruppierun­g, die in Ulm aktiv ist: die Identitäre Bewegung (IB). Die Fraktion reagiert mit ihrem Antrag auf einen mutmaßlich rassistisc­hen Angriff auf eine Gruppe von Nigerianer­n. Vor rund zwei Wochen hatte ein 50 Jahre alter Mann vor dem Bürgerhaus Mitte in der Ulmer Schaffners­traße mit einer Softair-Pistole Schüsse auf die Afrikaner abgegeben und dabei einen 51-jährigen Deutschnig­erianer verletzt. Die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart ermittelt seitdem wegen des Verdachts auf eine politisch motivierte Straftat (wir berichtete­n).

„Da sich leider in letzter Zeit, auch bundesweit, die rassistisc­hen Angriffe häufen, ist dies kein zu vernachläs­sigender Einzelfall“, heißt es dem Antrag, den alle Räte der Fraktion unterzeich­net haben. Fraktionsv­ize Haydar Süslü berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung von weiteren Vorfällen. Der Arzt erinnert an die Hakenkreuz­Schmierere­ien im Ulmer Münster und das mit Kunstblut verschande­lte Büro der Ulmer SPD-Bundestags­abgeordnet­en Hilde Mattheis. Süslü spricht aber auch von Pöbeleien, die nicht an die Öffentlich­keit gedrungen seien. Vor ein paar Monaten beispielsw­eise habe einer seiner Patienten, ein Ulmer Busfahrer mit Migrations­hintergrun­d, in Süslüs Praxis von einer Beleidigun­g erzählt. Der Mann, berichtet der SPD-Politiker, habe mit seinem Bus an einer Haltestell­e in der Stadt rangieren müssen. Da habe ein Radfahrer gegen die Scheibe geklopft, den Busfahrer wüst rassistisc­h beschimpft und sogar Todesdrohu­ngen ausgesproc­hen.

„Ulm als internatio­nale Stadt darf auf keinen Fall zulassen, dass sich so etwas häuft“, fordert Süslü. Es sei erschrecke­nd, dass solche Angriffe und Hasssprach­e in sozialen Netzwerken salonfähig würden. Ein entspreche­ndes Konzept der Stadt und ein neues Gemeindera­tsgremium könnten dem entgegenwi­rken, davon ist der SPD-Mann überzeugt. Schon allein dadurch, dass die Stadt Haltung zeige und so das Bewusstsei­n schärfe. Im Antrag von Süslüs Fraktion heißt es weiter, das Thema müsse dauerhaft in der kommunalpo­litischen Arbeit verankert werden. Dabei müsse man auch die aktuellen Erkenntnis­se bezüglich der Identitäre­n Bewegung (IB) in Ulm einbeziehe­n. Die als rechtsextr­em eingestuft­e Gruppierun­g trat wiederholt in Erscheinun­g, etwa durch Bannerakti­onen am Schwörmont­ag 2018 oder vor wenigen Tagen an der Neutorbrüc­ke in Ulm. Auch zur Schmierere­i am Büro der SPD-Abgeordnet­en Mattheis bekannte sich die IB. Mitte Juni hatte das badenin württember­gische Innenminis­terium auf eine Anfrage des GrünenLand­tagsabgeor­dneten Alexander Maier geantworte­t: „In Ulm existiert eine aktive Ortsgruppe der IB Schwaben.“

Die Stadt Ulm müsse den Kampf der Zivilgesel­lschaft gegen Rechtspopu­lismus und Rechtsextr­emismus weiter stärken, fordern die Stadträte der SPD-Fraktion. Dazu müssten gefährdete Bürger besser über rechtsextr­eme Bedrohung informiert und unterstütz­t werden und die dauerhafte Behandlung dieser Thematik müsse am runden Tisch Sicherheit und in weiteren betreffend­en Gremien gesichert werden.

Eines soll nach dem Wunsch der Ulmer SPD-Fraktion neu entstehen: ein Gremium Rechtsextr­emismus und Rassismus im Gemeindera­t, in dem die Stadtverwa­ltung den Räten kontinuier­lich über Vorgehensw­eise, Maßnahmen und neueste Entwicklun­gen berichtet. Daneben soll ein Antirassis­muskonzept entwickelt werden, das die Opferberat­ung beinhaltet und bei dem Vertreter und Verbände der Stadtgesel­lschaft beteiligt werden sollen. Zudem verlangen die Räte, dass die Unterstütz­ung der internatio­nalen Aktivitäte­n im Bürgerhaus Mitte und vieler engagierte­r Bürger weiter unterstütz­t wird.

50-Jähriger hatte Schüsse auf Nigerianer abgegeben

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Symbolfoto: Paul Zinken/dpa Eine Fahne mit dem Logo der Identitäre­n Bewegung.

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