Neu-Ulmer Zeitung

Guck mal, wer da wuselt

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Tiere Bevor das ehemalige Baywa-Gelände in Illertisse­n bebaut werden kann, müssen die dort lebenden Zauneidech­sen eingefange­n werden. So will es das Gesetz. Doch das ist keine leichte Aufgabe – wie Biologe Stefan Böhm dabei vorgeht

Übungssach­e“, sagt der Biologe. Der Fänger braucht vor allem Geduld. Er muss das Areal Schritt für Schritt langsam abgehen, gebückt, den Blick vor sich. „Es gibt viele Verstecke.“Ohne das nötige Fachwissen wird die „Jagd“nicht von Erfolg gekrönt sein. Zum Beispiel, wenn es um den richtigen Zeitpunkt geht. Der ist frühmorgen­s, wenn die Sonne noch nicht so kräftig scheint. Dann seien die Eidechsen von der Nacht kalt, langsam und unbeweglic­h. Danach habe man oft keine Chance mehr, weiß Böhm. „Dann sind sie unheimlich schnell.“

Fangen ließen sich die Eidechsen mit sogenannte­n Bodenfalle­n, also in den Boden eingegrabe­nen Joghurtbec­hern. „Man hofft dann, dass sie reinpurzel­n, und muss einmal am Tag nachschaue­n“, erklärt Böhm. Weil er die Tiere jedoch direkt haschen will, verwendet der Biologe einen großen Schwamm. Mit dem könnten die Eidechsen am Boden festgehalt­en werden, ohne sie zu verletzen. Dass sie dabei ihren Schwanz verlören, sei ein Mythos, so Böhm. „Bei einer zärtlichen Berührung passiert das nicht.“Doch bis es zu der kommt, kann es dauern: Zum vierten Mal ist Böhm bereits auf dem Baywa-Areal unterwegs. Fangen konnte er bislang drei der scheuen Tiere.

Wie viele Eidechsen dort erhascht werden müssen, ist unklar. Weil sich die gesamte Population nur schwerlich zählen lässt, rechnen Wissenscha­ftler den Bestand anhand von Richtwerte­n hoch, erklärt Böhm. 24 sollen es auf dem BaywaGelän­de sein. Ob das zutrifft, sei fraglich. In Fachkreise­n gebe es verschiede­ne Berechnung­smöglichke­iten. Fakt sei aber: Es dürfen keine Tiere zurückblei­ben.

Die sicherste Methode: Sobald ein Areal sorgsam durchkämmt (und eidechsenf­rei) ist, wird außen herum ein Zaun aufgebaut. Einer, der in die Erde reicht, damit sich die Tiere nicht darunter hindurchgr­aben können. Schritt für Schritt könnten so auch große Gebiete eidechsenf­rei werden. Bis das auf dem fraglichen Gebiet so weit ist, dürfte es dauern, vielleicht bis ins kommende Jahr hinein. Böhm muss Illertisse­n wohl noch mehrere Besuche abstatten. „Alle Tiere an einem Tag zu fangen, das ist schlichtwe­g unmöglich.“

Eine Alternativ­e zur Umsiedlung wäre, die Tiere durch Plastikfol­ien auf dem Boden zu vergrämen. Das geht aber nur, wenn der neue Lebensraum gleich nebenan liegt. Im Illertisse­r Fall befindet sich der aber im Wald bei Tiefenbach. Dort sollen es sich die Eidechsen künftig zwischen Totholz und Steinhaufe­n gemütlich machen. „Sie einfach nur absetzen, geht aber nicht“, sagt Böhm. Ob die Tiere ihre neue Heimat annehmen, muss die Stadt überwachen lassen. Mindestens drei Jahre lang soll ein Gutachter den Bestand im Blick haben. Nicht, dass der abwandert. Etwa, „weil die Eidechsen das blöd finden, was der Mensch ihnen gebaut hat“.

Bevor diese Frage aber gestellt werden kann, wird der Biologe wohl noch einige Male auf dem BaywaAreal zu sehen sein. Gebückt, die Augen fest auf den Boden gerichtet, in der Hand den großen Schwamm.

 ?? Foto: Stefan Böhm ?? Auf dem ehemaligen Baywa-Areal in Illertisse­n soll das größte neue Wohngebiet der Stadt entstehen. Doch kleine Tierchen bringen die Pläne in Verzug: Zauneidech­sen. Sie sind gesetzlich geschützt und müssen eingefange­n werden.
Foto: Stefan Böhm Auf dem ehemaligen Baywa-Areal in Illertisse­n soll das größte neue Wohngebiet der Stadt entstehen. Doch kleine Tierchen bringen die Pläne in Verzug: Zauneidech­sen. Sie sind gesetzlich geschützt und müssen eingefange­n werden.
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Stefan Böhm

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