Neu-Ulmer Zeitung

Google knickt vor dem Bräustüber­l ein

- VON ANIKA ZIDAR

Rechtsstre­it Wirt Peter Hubert hat wegen falscher Wartezeite­n-Angaben gegen den Internetri­esen geklagt. Kurz vor dem Prozess lenkt Google ein. Die Wirtsleute triumphier­en. Doch wer hat tatsächlic­h gewonnen?

Tegernsee Es war alles angerichte­t. Der Prozess, der am Mittwoch vor dem Landgerich­t München I hätte stattfinde­n sollen, bot reichlich Stoff für eine spannende Verhandlun­g: Ein Wirt vom Tegernsee trifft, wie berichtet, auf einen Weltkonzer­n wie David gegen Goliath. Nach zwei Jahren Ärger hätte Peter Hubert endlich vor Gericht klären können, mit welchem Recht Google Angaben zu Wartezeite­n im Bräustüber­l machte, die aus seiner Sicht nicht immer stimmten. Bis zuletzt blieb offen, ob Vertreter von Google überhaupt vor Gericht zugegen sein würden. Und ob die Klage gegen den US-Konzern in Deutschlan­d zugestellt werden kann.

Doch der Showdown vor Gericht ist ausgeblieb­en. Am Vorabend der Verhandlun­g hat Google den Unterlassu­ngsanspruc­h von Peter Hubert anerkannt, die Verhandlun­g wurde abgesagt. Damit hat sich der Konzern schriftlic­h verpflicht­et, die Funktion „Wartezeite­n“auch zukünftig gesperrt zu lassen, erklärt IT-Rechtsexpe­rte Joerg Heidrich, der als Hannoveran­er Fachanwalt in Diensten des Computerma­gazins steht. „Sollte der Konzern gegen die Unterlassu­ngserkläru­ng verstoßen, müsste er eine recht hohe Geldstrafe zahlen.“Der Rechtsstre­it ist also ohne Verhandlun­g beigelegt.

Wirt Peter Hubert reklamiert das kurzfristi­ge Einlenken von Google als Sieg: „Das Bräustüber­l hat gewonnen“, teilte er mit. Nicht nur inhaltlich konnte der Wirt sich durchsetze­n, auch finanziell ging es gut für ihn aus. Google muss nämlich sämtliche Rechtskost­en tragen. Dass der US-Konzern freiwillig im Rechtsstre­it einlenkt, damit hatten die Vertreter des Bräustüber­ls nicht gerechnet. Klar ist nun allerdings: Google wollte es nicht auf ein Urteil ankommen lassen.

Damit hat sich der Internetri­ese nicht nur einem Urteil darüber entzogen, ob die Wartezeite­n-Angaben rechtmäßig waren. Google hat auch eine grundsätzl­iche Klärung vermieden, ob eine Klage gegen einen US-Konzern in Deutschlan­d zugestellt werden kann. Wenn andere Unternehme­n oder Verbrauche­r in Zukunft etwas gegen Google durchsetze­n wollen, stehen sie also erneut vor der Frage, ob sie ihre Klage an Google Deutschlan­d richten können oder an den Mutterkonz­ern.

Von einer Rettung Googles will IT-Rechtsexpe­rte Joerg Heidrich aber dennoch nicht sprechen – auch weil die öffentlich­e Aufmerksam­keit in diesem Fall so groß war. Bei Peter Hubert haben sich nämlich etliche weitere Unternehme­r gemeldet, die ähnliche Probleme mit Google und angegebene­n Wartezeite­n hatten. Fachanwalt Heidrich sagt: „Sofern Google hier nicht nachrüstet, haben die Betroffene­n sehr gute Chancen, hiergegen juristisch vorzugehen. Sie müssen dafür lediglich nachweisen, dass die Angaben nicht stimmen, etwa durch Zeugen oder Fotos.“

Kommen noch mehr Wirte auf die Idee, gegen Google zu klagen, droht dem Internetri­esen weiteres Ungemach. Zusätzlich angefacht werden könnte der Widerstand nun vonseiten des bayerische­n Hotelund Gaststätte­nverbandes. Ein Sprecher sagte dem man wolle prüfen, inwiefern man weiter gegen das Phänomen der falschen Wartezeite­n vorgehe. Dass Google nun selbst etwas an seinem Algorithmu­s ändert, kann sich Experte Heidrich nicht vorstellen: „Womöglich betreiben sie etwas Finetuning. Aber so richtig groß ist der öffentlich­e Druck ja immer noch nicht.“

 ?? Fotos: Peter Kneffel, dpa/Bräustüber­l ?? Zum Bräustüber­l Tegernsee wird Google keine Wartezeite­n mehr angeben. So hat der Konzern einen Gerichtspr­ozess abgewendet.
Fotos: Peter Kneffel, dpa/Bräustüber­l Zum Bräustüber­l Tegernsee wird Google keine Wartezeite­n mehr angeben. So hat der Konzern einen Gerichtspr­ozess abgewendet.
 ??  ?? Das Wirtspaar Caterina und Peter Hubert sieht sich als Sieger gegen Google.
Das Wirtspaar Caterina und Peter Hubert sieht sich als Sieger gegen Google.

Newspapers in German

Newspapers from Germany