Wir müssen Sport neu definieren
Debatte Der DOSB stuft E-Sport nicht als Sportart ein. Das ist gut, reicht aber nicht
E-Sport ist kein Sport. Das hat der Deutsche Olympische Sportbund entschieden. Grund: E-Sport sei nicht körperlich genug. So weit, so gut. Sie haben recht. In der E-Sport-Welt ist man jedoch empört. „Aber… aber… die dürfen doch auch!“, so in etwa klingt das Lamento, das man im Internet liest. „Die“, das sind andere Sportarten, die die E-Sport-Community als ebenso wenig körperlich erachtet: Billard. Dart. Und natürlich Schach. Auch Spieleforscher eines Berliner Instituts haben dieses Argument bemüht: „Von einer umfassenden Körperlichkeit kann bei diesen Sportarten vollständig oder in Teilen weniger die Rede sein als beim E-Sport.“
Sie haben auch recht. Diese Sportarten sind ebenso wenig
„körperlich“wie E-Sport. Das kann jedoch nicht das Argument sein, E-Sport als Sport anzuerkennen. Vielmehr sollte es ein Denkanstoß sein, den Begriff des Sports zu überdenken.
Denn es gibt schlicht zu viele verschiedene Definitionen. Wie viel „Körperlichkeit“muss dem Sport innewohnen? Wie viele Muskeln müssen beansprucht werden? Wie hoch oder eben nicht hoch sollte die Herzfrequenz sein? Das sind nur einige Fragen, wenn es darum geht, den Begriff Sport zu definieren – und die bisher niemand eindeutig beantwortet hat.
Ebenso wenig wie die Frage, ob Sport nur dann Sport ist, wenn der Mensch – also der Körper – die Tätigkeit alleine oder in einer Mannschaft ausübt, oder ob es sich ebenso um Sport handelt, wenn ein zweites Element – ein Gerät oder sogar Tier – im Spiel ist. Nimmt man als Beispiel Motorsportler oder Reiter: Ja, sie müssen körperlich fit sein, Kondition und entsprechend trainierte Muskulatur haben. Aber ohne ihr „Hilfsmittel“– Auto oder Pferd – funktioniert der ganze Sport eben nicht. Theoretisch hängt also ein gewisser Teil der sportlichen Leistung am Gefährt oder Pferd. Angenommen, zwei Sportler sind gleich fit, einer hat aber das bessere „Material“– dann wird letzterer höchstwahrscheinlich besser abschneiden.
Das mit dem Sport-Begriff ist nicht so einfach. Und zugegeben, Schach oder Dart die Berechtigung als Sportart zu entziehen, wird kaum noch möglich sein. Diese Tätigkeiten werden also wohl weiterhin als Sport gelten, Körperlichkeit hin oder her. Andererseits ist auch gerade beim E-Sport, im Bereich des Virtuellen das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen. Niemand weiß, wo die virtuelle Welt in Zukunft anfängt und endet. Möglicherweise ist das der Grund, weshalb der DOSB trotz der Absage in Zukunft Arbeitsgruppen einrichtet, die sich mit „der Weiterentwicklung der strategischen, inhaltlichen und juristischen Positionen zu den Themenfeldern ,E-Sport‘, eGaming und virtuelle Sportarten auseinandersetzen werden“.
Der DOSB kann das Gutachten zum E-Sport nicht einfach stehen lassen. Die Vertreter müssen sich Gedanken machen, wie sie „Körperlichkeit“und den Begriff des Sports an sich definieren, um in Zukunft stichhaltigere Argumente zu haben, wenn es darum geht, solche Anfragen abzulehnen.