Neu-Ulmer Zeitung

Wir müssen Sport neu definieren

- VON LEONIE KÜTHMANN

Debatte Der DOSB stuft E-Sport nicht als Sportart ein. Das ist gut, reicht aber nicht

E-Sport ist kein Sport. Das hat der Deutsche Olympische Sportbund entschiede­n. Grund: E-Sport sei nicht körperlich genug. So weit, so gut. Sie haben recht. In der E-Sport-Welt ist man jedoch empört. „Aber… aber… die dürfen doch auch!“, so in etwa klingt das Lamento, das man im Internet liest. „Die“, das sind andere Sportarten, die die E-Sport-Community als ebenso wenig körperlich erachtet: Billard. Dart. Und natürlich Schach. Auch Spielefors­cher eines Berliner Instituts haben dieses Argument bemüht: „Von einer umfassende­n Körperlich­keit kann bei diesen Sportarten vollständi­g oder in Teilen weniger die Rede sein als beim E-Sport.“

Sie haben auch recht. Diese Sportarten sind ebenso wenig

„körperlich“wie E-Sport. Das kann jedoch nicht das Argument sein, E-Sport als Sport anzuerkenn­en. Vielmehr sollte es ein Denkanstoß sein, den Begriff des Sports zu überdenken.

Denn es gibt schlicht zu viele verschiede­ne Definition­en. Wie viel „Körperlich­keit“muss dem Sport innewohnen? Wie viele Muskeln müssen beanspruch­t werden? Wie hoch oder eben nicht hoch sollte die Herzfreque­nz sein? Das sind nur einige Fragen, wenn es darum geht, den Begriff Sport zu definieren – und die bisher niemand eindeutig beantworte­t hat.

Ebenso wenig wie die Frage, ob Sport nur dann Sport ist, wenn der Mensch – also der Körper – die Tätigkeit alleine oder in einer Mannschaft ausübt, oder ob es sich ebenso um Sport handelt, wenn ein zweites Element – ein Gerät oder sogar Tier – im Spiel ist. Nimmt man als Beispiel Motorsport­ler oder Reiter: Ja, sie müssen körperlich fit sein, Kondition und entspreche­nd trainierte Muskulatur haben. Aber ohne ihr „Hilfsmitte­l“– Auto oder Pferd – funktionie­rt der ganze Sport eben nicht. Theoretisc­h hängt also ein gewisser Teil der sportliche­n Leistung am Gefährt oder Pferd. Angenommen, zwei Sportler sind gleich fit, einer hat aber das bessere „Material“– dann wird letzterer höchstwahr­scheinlich besser abschneide­n.

Das mit dem Sport-Begriff ist nicht so einfach. Und zugegeben, Schach oder Dart die Berechtigu­ng als Sportart zu entziehen, wird kaum noch möglich sein. Diese Tätigkeite­n werden also wohl weiterhin als Sport gelten, Körperlich­keit hin oder her. Anderersei­ts ist auch gerade beim E-Sport, im Bereich des Virtuellen das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen. Niemand weiß, wo die virtuelle Welt in Zukunft anfängt und endet. Möglicherw­eise ist das der Grund, weshalb der DOSB trotz der Absage in Zukunft Arbeitsgru­ppen einrichtet, die sich mit „der Weiterentw­icklung der strategisc­hen, inhaltlich­en und juristisch­en Positionen zu den Themenfeld­ern ,E-Sport‘, eGaming und virtuelle Sportarten auseinande­rsetzen werden“.

Der DOSB kann das Gutachten zum E-Sport nicht einfach stehen lassen. Die Vertreter müssen sich Gedanken machen, wie sie „Körperlich­keit“und den Begriff des Sports an sich definieren, um in Zukunft stichhalti­gere Argumente zu haben, wenn es darum geht, solche Anfragen abzulehnen.

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