Neu-Ulmer Zeitung

Jede dritte Lehrstelle noch unbesetzt

- VON STEFAN LANGE UND SARAH SCHIERACK

Bayerns Firmen fehlen 33 000 Auszubilde­nde Umwelt Landesgrup­penchef Dobrindt fordert eine „Kampfpreis-Steuer“für Billigflüg­e. In der Parteizent­rale will man davon nichts wissen. CSU-Chef Söder setzt auf andere Methoden

München In Bayern ist kurz vor Beginn des neuen Lehrjahres noch rund jede dritte Ausbildung­sstelle frei. Der Bayerische Industrie- und Handelskam­mertag teilte unter Berufung auf Zahlen der Arbeitsage­ntur mit, dass für 33 000 Plätze keine Lehrlinge gefunden worden seien. Insgesamt beginnen demnach im Freistaat am Montag etwa 48000 junge Menschen eine Ausbildung. Darunter sind auch 1099 Flüchtling­e. „Immer mehr Betriebe sehen in den Flüchtling­en zukünftige­s Fachkräfte­potenzial“, betonte BIHKPräsid­ent Eberhard Sasse.

Schon seit Jahren leiden die bayerische­n Firmen unter Lehrlingsm­angel. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund forderte die Betriebe zum Umdenken auf. „Über den Fachkräfte­mangel jammern und gleichzeit­ig Lehrlinge und solche, die es werden wollen, mit schlechten Arbeitsbed­ingungen vergraulen – das passt nicht zusammen“, betonte der Vorsitzend­e Matthias Jena. Eine Einschätzu­ng der Lage lesen Sie im Kommentar. Berlin Ein Klima-Vorstoß von CSULandesg­ruppenchef Alexander Dobrindt hat für Irritation­en gesorgt – sowohl außerhalb als auch innerhalb der Partei. Der CSU-Politiker hatte in einem Interview gefordert, Billigflüg­e innerhalb Europas stärker zu besteuern. „Ich will Klimaschut­z statt Kampfpreis­e“, betonte er. „Wer Flugticket­s unter 50 Euro anbietet, soll zukünftig eine Kampfpreis-Steuer bezahlen.“

Zwischen Berlin und München hatte man sich über diesen Vorschlag aber offenbar nicht verständig­t. CSU-Generalsek­retär Markus Blume beeilte sich am Freitag zu betonen, dass der Vorstoß nicht den Segen der Parteizent­rale habe. „Dies ist kein abgestimmt­er Vorschlag der CSU“, sagte Blume und wurde dann grundsätzl­ich: „Die CSU ist eine Steuersenk­ungs- und keine Steuererhö­hungsparte­i.“

Alexander Dobrindt ließ sich von dem indirekten Rüffel allerdings nicht beirren. Der Landesgrup­penchef verteidigt­e seinen Vorschlag: Es gehe ihm darum, erläuterte Dobrindt, dass Bahnfahren gerade auch gegenüber dem Luftverkeh­r attraktive­r werde. Es sei also sinnvoll, auf der einen Seite die Mehrwertst­euer auf Fernzugtic­kets zu reduzieren und auf der anderen Seite für faire Flugpreise zu sorgen. Beide Maßnahmen vereint würden für Steuererle­ichterunge­n sorgen. „In der Kombinatio­n wird ein Schuh daraus“, betonte Dobrindt.

Damit liegt er allerdings nicht auf einer Linie mit Bayerns Minister

Debatte Seit einiger Zeit ist ein neues Wort in der öffentlich­en Diskussion aufgetauch­t: die Flugscham. So wird das dumpfe Gefühl genannt, das sich bei Vielfliege­rn einstellt, die einerseits klimafreun­dlich leben wollen und anderersei­ts trotzdem immer wieder in ein Flugzeug steigen.

Buchungen Dieses Unwohlsein scheint Verbrauche­r nicht daran zu hindern, ein Ticket für einen Billigflie­ger zu kaufen. So verzeichne­t etwa präsident und CSU-Chef Markus Söder. Der hatte fast zeitgleich in einem Interview mit unserer Redaktion konkrete Maßnahmen für den Klimaschut­z vorgeschla­gen: Die Steuerung des CO2-Verbrauchs solle „nicht über eine Steuer, sondern über Zertifikat­e und den Emissionsh­andel erreicht werden“, erläuterte der Politiker. Eine CO2-Steuer lehne die Partei ab. „Unser Prinzip lautet: Den belohnen, der Kohlendiox­id spart, aber nicht den bestrafen, der es verwendet“, betonte Söder. Geht die Fluggesell­schaft Ryanair keine Einbrüche bei den Fluggastza­hlen. „Wir sehen keine Flugscham“, betonte vor kurzem Marketing-Chef Kenny Jacobs. Dass sich Passagiere aus Umweltbede­nken zurückhalt­en würden, komme demnach nicht vor.

Kompensati­on Deutsche sind aber weitaus häufiger bereit als andere Europäer, den Kohlendiox­id-Ausstoß ihres Fluges mit freiwillig­en Zusatzzahl­ungen zu kompensier­en. (AZ) es nach dem CSU-Chef, sollen Verbrauche­r mit einem „Klimabonus“dazu gebracht werden, mehr Energie einzuspare­n. Ähnlich wie beim Handwerker­bonus könnten Privatleut­e dann bis zu 20 Prozent ihrer Kosten für Energiespa­rmaßnahmen direkt von der Einkommens­teuer abziehen. Der Klimabonus ist der zentrale Punkt des CSU-Klimaschut­zkonzepts, das der Parteivors­tand Ende kommender Woche beschließe­n will.

Bei den Grünen, die sich den Klimaschut­z schon lange auf die Fahne geschriebe­n haben, kommen die Pläne von CSU-Chef Söder allerdings nicht gut an. „Die Verpackung ist grün, der Inhalt schwarz“, sagte Fraktionsc­hef Anton Hofreiter unserer Redaktion. Immer nur eine Steuersenk­ung an die andere zu reihen, sei „kein seriöser Klimaschut­z“. Der Grünen-Politiker hält den Vorstoß für nicht umsetzbar. „Es ist nicht finanzierb­ar und es ist auch nicht sozial gerecht“, kommentier­te Hofreiter. „Die Vorschläge der CSU entpuppen sich immer mehr als undurchdac­hte Wahlkampfs­how.“

Je billiger die Tickets, desto größer die Flugscham?

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