Ach, der Böhmermann ist wieder da
Satiriker Die SPD sucht ein neues Führungsduo. Der Komiker bringt sich selbst dafür ins Spiel. Was führt er im Schilde?
Berlin/Köln Nicht nur das wollte Satiriker Jan Böhmermann vermutlich mit seiner Ankündigung, in letzter Minute SPD-Chef werden zu wollen: Deutschlands älteste Partei überraschen und provozieren. Sein Magazin „Neo Magazin Royale“läuft ja in den späten Abendstunden bei und Da muss er auch trommeln, um wahrgenommen zu werden.
Böhmermann ist für Schlagzeilen einschlägig bekannt. Man denke an das Erdogan-Gedicht, das eine langwierige juristische Auseinandersetzung mit dem türkischen Präsidenten nach sich zog, oder die ebenso geheimnisvollen wie grundlosen Spekulationen darüber, dass er hinter der österreichischen Ibiza-Affäre stecke. Nun warf Böhmermann am späten Donnerstag, 70 Stunden vor Ablauf der Bewerbungsfrist, seinen Hut in den Ring. SPD-Ikone Willy Brandt sei ihm im Traum erschienen und habe gesagt: „Du musst es machen, der Olaf (Scholz) ist ’ne Pfeife“, erzählte er und fuhr fort: „Ich, Jan Böhmermann, möchte Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands werden.“
Nun bringt sich Josef Wirges ins Spiel. Gestandener Sozialdemokrat, 67, und seit 22 Jahren Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld. Da wohnt Böhmermann, ganz genau in Neuehrenfeld. Was sagt Wirges, der seit fast 50 Jahren Sozi ist? Um überhaupt kandidieren zu können, müsse man erst mal Mitglied sein. Wirges macht dem Komiker wenig Hoffnung. „Darüber entscheidet der zuständige Ortsverein, in diesem Fall der Ortsverein Ehrenfeld, in dessen Vorstand ich auch tätig bin.“Und sicher werde er dort sagen: „Der Herr kann machen, was er will, aber aufnehmen tun wir ihn nicht.“Käme noch Bremen infrage, wo Böhmermann geboren ist. Nein, sagt man dort. Um zu kandidieren, sollte man schon etwas länger in der Partei sein, um sie etwas zu kennen.
Obwohl einige SPD-Leute im Netz humorvoll reagieren, löst Böhmermann in der Partei vor allem Unmut aus. Der frühere Sprecher des SPD-Parteivorstands, Tobias Dünow, reagiert besonders scharf: „Sich über Politik und Parteien lustig zu machen, war mal mutig. Heute ist es ,Mainstream‘, in der Politik würde man sagen: Populismus.“
Die Bewerbungsfrist für die Nachfolge von Andrea Nahles als Parteichefin läuft am Sonntag um Mitternacht ab. Bislang hat der Wahlvorstand der SPD bei fünf Kandidatenduos die nötige Unterstützung aus der Partei anerkannt: Olaf Scholz/Klara Geywitz, Boris Pistorius/Petra Köpping, Michael Roth/Christina Kampmann, Karl Lauterbach/Nina Scheer und Hilde Mattheis/Dierk Hirschel. Am Freitagabend nominierte der mitgliederstärkste SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen den ExNRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans für den Vorsitz. Er werde ihn und seine Tandempartnerin, die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken aus Baden-Württemberg, unterstützen. (bom, dpa)