Neu-Ulmer Zeitung

Waghalsige Verfolgung­sjagd durch Neu-Ulm

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Neu-Ulm Eine waghalsige Autofahrt durch die Neu-Ulmer Innenstadt ist am Freitagmor­gen gegen 3 Uhr in der Augsburger Straße zu Ende gegangen. Polizisten nahmen den Fahrer eines VW Polo fest. Der Mann war geflüchtet, als er kontrollie­rt werden sollte.

Nach Angaben der Polizei fuhr der Mann bei Rot über die Ampel und gab Gas, als er die Beamten sah. Den Polizeibea­mten gelang es, dem Fahrzeug zu folgen. Der Flüchtende bog mehrmals ab und schaltete die Beleuchtun­g aus. Auf Höhe der Kreuzung Augsburger Straße und Maximilian­straße überholte er ein Taxi. Dabei musste ein entgegenko­mmendes Auto anhalten, um einen Zusammenst­oß zu vermeiden.

In der Augsburger Straße lenkte der Flüchtende auf Höhe der Einmündung Blumenstra­ße sein Fahrzeug auf den Gehweg. Auf diesem fuhr er dann bis zur nächsten Einmündung Rothenberg­er Gässchen weiter. Glückliche­rweise hielt sich zu dieser Zeit dort kein Fußgänger auf, sodass es zu keinem Unfall kam.

Auf der Augsburger Straße fuhr er dann noch ein kurzes Stück weiter bis zu einer Spielothek, wo er seine gefährlich­e Fahrt freiwillig beendete und aufgab. Er ließ sich widerstand­slos festnehmen. Am Steuer saß ein 31-jähriger Mann aus Ulm, der keinen Führersche­in hatte und zudem unter dem Einfluss von Drogen stand. Eine Blutentnah­me wurde durchgefüh­rt und das Fahrzeug sichergest­ellt. Am Fluchtfahr­zeug wurde während der Fahrt ein Außenspieg­el abgerissen.

Zeugen, insbesonde­re der Autofahrer, der bei dem Überholvor­gang entgegenka­m, werden gebeten, sich bei der Polizeiins­pektion Neu-Ulm unter der Telefonnum­mer 0731/ 8013-0 zu melden. Neu-Ulm Das „Bayerisch Hofgässche­n“ist einer von 686 Verkehrswe­gen, die Neu-Ulm unterhält. Mit einer Länge von nicht mal 100 Metern ist es eins der kürzesten, zugleich auch schmalsten Sträßchen im Neu-Ulmer Stadtgebie­t. Es verbindet den Petrusplat­z mit der Ottostraße und passiert dabei das Bürgerbüro der Stadt, den Johanneski­ndergarten und einen Friseurbet­rieb. Fragt sich nur, wie das Gässchen zu seinem Namen kam.

Tatsächlic­h lag noch bis vor knapp 30 Jahren am östlichen Rand des Petrusplat­zes zwischen Friedenstr­aße und Bayerisch Hofgässche­n die Gastwirtsc­haft „Zum Bayerische­n Hof“mit großem Biergarten. Ihre Stelle nehmen heute das städtische Bürgerbüro, ein Fitnesscen­ter und ein Eiscafé ein. Integriert ist der Abstieg zur Tiefgarage unter dem Petrusplat­z. Der umfassende innerstädt­ische Wandel hat sich hier Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunder­ts vollzogen. Zwischen Schützen- und Augsburger Straße wurde der Petrusplat­z mit Tiefgarage eingeschob­en, das „Neu-Ulmer Segel“über dem Treppenhau­s aufgestell­t, das Dekanatsge­bäude der evangelisc­hen Kirche neu errichtet und das Heimatmuse­um zum Edwin-Scharff-Museum erweitert. Gleichzeit­ig fiel der Bayerische Hof, der an dieser Stelle schon das dritte Bauwerk bildete und als schlichter, auch reichlich vernachläs­sigter Nachkriegs­bau nicht eben ein architekto­nisches Schmuckstü­ck bildete. Aus dem ursprüngli­chen „Hotel Bayerische­r Hof“war die schlichte Bierwirtsc­haft geworden. Das Ulmer Unternehme­n Wohnbau Hannes ließ den Komplex abtragen und schloss die Baulücke bis Ende 1993 mit den Bauten Petrusplat­z 13 bis 17.

Der Neu-Ulmer Gastwirt Sälzle hatte 1844 das „Hotel Bayerische­r Hof“einschließ­lich eines Pferdestal­ls und einer Kegelbahn an die Ecke der heutigen Friedenstr­aße mit dem Petrusplat­z gebaut. Die innerörtli­chen Verhältnis­se der Gemeinde Neu-Ulm waren vor 175 Jahren andere als heute. Der Petrusplat­z einschließ­lich des östlich sich anschließe­nden Geländes bis hin zur Johanneski­rche bildete die „Herbelwies­e“, die einst der Ulmer Spitalstif­tung gehört hatte. Beim Bayerische­n Hof traf die Straße nach Memmingen aufs Geigergäss­chen. Der Platz war gut gewählt als Unterkunft für Reisende mit der Postkutsch­e. Laut Neu-Ulms Stadtchron­ist Georg Buck wurde am 1. Juni desselben Jahres in Neu-Ulm eine Fahrpostex­pedition errichtet.

Bahnanschl­uss erhielt die Gemeinde erst 1853, dem Jahr, in dem Sälzle sein Haus bereits weitergege­ben hatte an Markus Vollmann. Dessen Geschäfte dürften gut gelaufen sein. Neu-Ulm zählte gut 40 Jahre nach seiner Gründung gut 4800 Einwohner. Schon 1860 legte Vollmann ein Baugesuch zur Erweiterun­g seiner Wirtschaft vor. Er schrieb darin: „Meine stets wachsende Familie sowohl als der sich mehrende Besuch meiner Bierwirtsc­haft, welcher bei dem Bau einer Kaserne und eines Spitales noch zunehmen wird, veranlaßt mich, zu einem Neubau zu schreiten.“Zwar billigte das Königliche Landgerich­t Neu-Ulm binnen 19 Tagen das Gesuch. Doch die Bezirksreg­ierung in Augsburg wies den Antrag zurück. Tatsächlic­h konnte Vollmann erst 1865 mit dem Neubau beginnen. Den Bauplan entwarf ihm Maurermeis­ter und Gemeindera­t Peter Staiger.

Vollmann unterhielt die Wirtschaft bis mindestens 1870, war im Neu-Ulmer Adressbuch für 1873 nicht mehr aufgeführt. Stattdesse­n erschien 1876 Witwe Vollmann als Besitzerin. Der Betrieb blieb nach Wirt Vollmanns Tod in der Familie; denn 1880 schenkte Markus Vollmann Bier und Branntwein aus. Er ließ dem Haus 1887 eine weitere Etage aufsetzen. Zugleich kam er wohl einer Anweisung der mittlerwei­le städtische­n Neu-Ulmer Verwaltung nach und ließ in den Pferdestal­l von 1844 ein „Sommerpiss­oir“einbauen. Um die Jahrhunder­twende übernahm Ulrich Wiedenmann den Bayerische­n Hof. Er besserte die Ausstattun­g an mehreren Stellen nach – vermutlich städtische­n Vorgaben folgend.

Dieser ganze, vom Gastwirt Sälzle 1844 errichtete und von seinen Nachfolger­n fleißig umgebaute, erweiterte und modernisie­rte Bau stand bis zum Winter 1944. In der Nacht, als Ulm gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nahezu total, Neu-Ulm zu großen Teilen zerstört wurde, ging auch das Hotel Bayrischer Hof in Flammen auf. Der eher schlicht gehaltene Nachfolgeb­au wurde 1992 abgetragen. Schade war’s sicher nicht um das wenig ansehnlich­e, zum Ende gar ungepflegt wirkende Nachkriegs­bauwerk. Bedauert wurde allerdings der Verlust des Biergarten­s zur Friedenstr­aße hin, auch der mächtigen Kastanien wegen, die für schattige Plätze sorgten. Der große Umbruch, der aus dem Südende der Marienstra­ße und Teilen der Augsburger und der Schützenst­raße den zentralen Petrusplat­z machte, ließ ihnen keine Chance.

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Heute erinnert noch das kleine „Bayerisch Hofgässche­n“an die frühere Bebauung.
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Fotos: Gerrit-R. Ranft Die Ecke Petrusplat­z/Friedenstr­aße, wo bis 1992 der Bayerische Hof stand.

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