Neu-Ulmer Zeitung

Hersteller über Protest gegen Minihaus: „Traurig, dass Menschen so denken“

-

Interview Anwohner wollen ein Tiny House in Attenhofen nur unter einer Bedingung akzeptiere­n. Simon Hatzing, der das mobile Heim bauen soll, kennt solchen Widerstand bislang nicht

Attenhofen/Unterstadi­on Anwohner im Weißenhorn­er Stadtteil Attenhofen wehren sich derzeit gegen ein geplantes Tiny House – ein mobiles Minihaus auf einem Anhänger. Sie haben beim Landratsam­t Einspruch gegen das Vorhaben eingelegt. Der städtische Bauausschu­ss hatte dem Projekt zuvor die Zustimmung erteilt. Die Nachbarn stört vor allem die Dachform: Sie fordern ein Satteldach anstatt eines Pultdaches. Simon Hatzing aus Unterstadi­on im Alb-Donau-Kreis soll dieses Tiny House konzipiere­n und bauen.

Herr Hatzing, wie beurteilen Sie die Lage in Attenhofen?

Simon Hatzing: Mein erster Gedanke war: Ein Tiny House ist eigentlich etwas Gutes für die Umwelt. Es verbraucht wenig Ressourcen. Dann dachte ich: Das ist wie bei der Windkraft. Die ist auch nur so lange gut, wie es die anderen machen und sie nicht vor der eigenen Haustür stattfinde­t. Es ist sehr traurig, dass die Menschen so denken. Gibt es eine neue Technologi­e, muss man gegen Widerständ­e ankämpfen und Pionierarb­eit leisten – auch wenn es eine gute Sache ist. Doch man muss sich jetzt auch die Frage stellen: Will ich überhaupt in so einer Nachbarsch­aft wohnen? Ob sich das Paar dazu entschließ­t, weiß ich nicht. Wir sind in Kontakt, aber das müssen sie entscheide­n.

Das heißt, Sie kennen solche Probleme bislang nicht?

Hatzing: Nein. Ich bin auch mit anderen Hersteller­n deutschlan­dweit vernetzt. Eigentlich reagieren die Menschen positiv darauf. Ich fühle mich etwas vor den Kopf gestoßen. Es beschwert sich ja sonst auch niemand, wenn man zu klein baut. Eher, wenn man zu groß baut und die Sonne klaut. Die zwei sind wünschensw­erte Nachbarn. Die Wohnungssu­che ist ohnehin anstrengen­d genug. Jetzt kommt so eine Sache dazu. Das wünscht man keinem, der eine heimelige Umgebung sucht.

Also ist Attenhofen aus Ihrer Sicht jetzt nicht mehr zu empfehlen? Hatzing: Es gibt natürlich auch Menschen in Attenhofen und in der näheren Umgebung, die dem Paar Mut zusprechen. Am Anfang waren es zwölf, mittlerwei­le gut 40 Menschen, die sich mit Unterschri­ften dagegen ausspreche­n und eine extreme Einstellun­g haben. Doch was ist mit dem Rest? Es gibt auch viele Menschen, die das unterstütz­en. Und man muss bedenken, dass sich viele gar nicht dazu äußern. Durch die Aktion bekommt das Paar aber auch Angebote von anderen Gemeinden, wo die Nachbarsch­aft vielleicht etwas netter ist. Bei Facebook wurde der Fall schon mit „Armes Deutschlan­d“kommentier­t.

Werden solche Häuser denn überhaupt nachgefrag­t? Wie viele Aufträge haben Sie? Hatzing: So ein Haus braucht natürlich Vorlauf. Bei fünf Projekten sind wir aktuell in der richtigen Planung, da gehört auch Attenhofen dazu. Auch zwei aus dem Alb-DonauKreis sind dabei. Im kommenden Jahr sollen diese fünf in die freie Wildbahn geschickt werden. Das Interesse ist auf jeden Fall da. Es gibt auch Interessen­ten, die sitzen dafür vier oder fünf Stunden im Auto. Wir haben auch Anfragen aus Luxemburg oder Kroatien.

Knackpunkt in Attenhofen ist die Dachform. Anstatt eines Pultdaches wünschen sich die Anwohner ein Satteldach wie bei den umliegende­n Häusern. Ist das überhaupt möglich? Hatzing: Wir haben bei unserem Musterhaus ein Pultdach mit einer Schräge von zehn Grad. Das geplante Haus in Attenhofen hat auch schon drei Grad. Es sind aber auch Satteldäch­er mit 45 Grad möglich. Doch dadurch geht viel Raum im Haus verloren. Das Tiny House ist so gebaut, dass es eine Zwischeneb­ene von einem Meter gibt, was als Schlafloun­ge dient. Wenn ich eine Dachschräg­e von 45 Grad habe, verringert sich das an den Seiten jeweils um 30 Zentimeter. Aufsitzen ist da schwierig. Aber wir sind bei dem Attenhofer Projekt noch flexibel. Sie können sich die Nachbarn ja noch raussuchen.

Interview: Michael Kroha

 ??  ??
 ?? Fotos: Thamm, Ehrenfeld, Furthmair ?? Christina Strahl (unten rechts im Bild) möchte mit ihrem Partner ein Tiny House in Attenhofen aufstellen, gebaut von Simon Hatzing. Das Foto unten links zeigt ihn mit Anne Thamm in ihrem ersten Modell in Unterstadi­on.
Fotos: Thamm, Ehrenfeld, Furthmair Christina Strahl (unten rechts im Bild) möchte mit ihrem Partner ein Tiny House in Attenhofen aufstellen, gebaut von Simon Hatzing. Das Foto unten links zeigt ihn mit Anne Thamm in ihrem ersten Modell in Unterstadi­on.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany