Mehr als nur ein Trinkgelage
Tradition Clemens Baumgärtner ist der neue Wiesn-Chef. Er sagt: Das Oktoberfest darf nicht auf die Zelte reduziert werden. Was er sich alles vorgenommen hat – und was für ihn unvorstellbar ist
München Wiesn-Chef – das Amt kommt in München in der Rangordnung ganz knapp hinter dem des Oberbürgermeisters. Seit März ist Clemens Baumgärtner als neuer Wirtschaftsreferent auch Leiter des größten Volksfestes der Welt. Bisher hat er als Festleiter eher im Hintergrund agiert. Auch jetzt, im Endspurt vor dem Oktoberfest, bleibt der 43-jährige CSU-Politiker zurückhaltend. „Es ist meine erste Wiesn als Festleiter und nicht als Gast. Da schau ich mir alles erst einmal genau an. Und überlege dann, ob Änderungen angezeigt sind“, sagt er. „Den Volksfestcharakter zu bewahren – das ist die Überschrift über allem.“Schließlich sei die Wiesn ein Aushängeschild für München und für Bayern, „aber auch für ganz Deutschland, weil sie im Austun“, land sehr stark wahrgenommen wird“. Auf „gar keinen Fall“sei an dem Grundkonzept etwas zu ändern. „Aber an der oft unzutreffenden ,Vertonung‘ muss man etwas sagt er. „Die Wiesn darf nicht reduziert werden auf Essen und Trinken.“Das Image als reines Trinkgelage greife zu kurz. Es gebe viele Gäste, die gar nicht in ein Festzelt gingen, sondern stattdessen durch die Gassen flanierten und Fahrgeschäfte ausprobierten.
Baumgärtner war vom Stadtrat Ende vergangenen Jahres zum Nachfolger von Josef Schmid (CSU) gewählt worden, der in den Landtag einzog. „Mein Ansatz als Wirtschaftsreferent wird sich von dem meines Vorgängers nicht wesentlich unterscheiden“, sagte er. Die Rezeptur für das Volksfest: Brauchtum erhalten und mit Bedacht Neuerungen einführen. Erstmals sollen etwa in diesem Jahr chinesische Gäste über das Online-Bezahlsystem Alipay ihre Maß oder ihr Hendl zahlen können. Allerdings gebe es auf der Wiesn Grenzen für die Digitalisierung. Unvorstellbar sei etwa, dass im Bierzelt „alle nur noch mit dem Kopfhörer herumsitzen und jeder seine eigene Musik hört“.
Wichtig sei ihm der gute Kontakt zu Wirten, Schaustellern und Standbesitzern. Besonders die Wirte der großen Zelte haben eine starke Stimme – frühere Festleiter hatten nicht immer einen leichten Stand. Beim „Politikum“Bierpreis geht der Neue mit den Wirten nicht allzu hart ins Gericht. Eine Erhöhung von drei Prozent sei „noch akzeptabel“. Die Debatte um die angeblich zu hohen Preise auf der Wiesn ärgere ihn. Sowohl das Bier als auch das Essen seien nicht erheblich teurer als in Gastronomiebetrieben in der Innenstadt. Sabine Dobel, dpa